# taz.de -- Sieg für BaumaktivistInnen: Doch keine Schokolade statt Bäume
> In NRW können UmweltschützerInnen die Abholzung eines gesunden Waldes zur
> Süßwarenproduktion um Monate verzögern – vorerst.
IMG Bild: Ein Umweltaktivist in einem Bayerischen Forst
Bochum taz | Erleichterung macht sich am Donnerstagmittag unter den
Umweltschützer:innen breit, die [1][im westfälischen Halle bei
Bielefeld ein Waldstück besetzt halten]: Gerade hat die Schokoladenfirma
Storck, die den „Steini“ genannten [2][Mischwald zur Erweiterung ihrer
Süßwarenproduktion abholzen lassen] will, verkündet, in den nächsten Tagen
keinen weiteren Druck in Richtung Räumung zu machen.
Die Besetzung lasse „eine weitere und womöglich ausufernde Eskalation
befürchten“, sagt Storck-Sprecher Bernd Rößler. Daran habe die Firma, deren
Marken wie „Toffifee“, „Merci“ oder „Knoppers“ in fast jedem Supermarkt zu
kaufen sind, „kein Interesse“
Die Naturschützer:innen halten das Waldstück, das zum Teil Storck, zum
Teil der Stadt Halle/Westf. gehört, seit Sonntag besetzt. Vor Ort seien
etwa 40 bis 50 Aktivist:innen, berichtet der Mediziner Thomas
Müller-Schwefe der taz am Telefon – der 66-Jährige hat sich den
[3][Protesten von Extinction Rebellion] angeschlossen, übernachtet seit
Tagen im Freien. Es gebe Plattformen in den Bäumen, Tripods, Blockaden,
eine Mahnwache von Fridays for Future an der angrenzenden Landstraße.
Eine gewaltsame Räumung durch die Polizei fürchteten die Besetzer:innen
seit Mittwochabend. Zuvor war ein Ultimatum von Halles CDU-Bürgermeister
Thomas Tappe abgelaufen. Geplant war aber, den Wald bis mindestens Ende
Februar besetzt zu halten: Ab März macht die beginnende Vogelbrut ein
Abholzen naturschutzrechtlich schwierig.
## Abholzung für die kommenden Monate vom Tisch
Nach dem Rückzug Storcks gibt sich aber auch Tappe gesprächsbereit: „Wenn
die Firma auf eine Räumung verzichtet, verhalten wir uns genauso“, so der
Bürgermeister zur taz. Die Abholzung des Waldes dürfte damit zumindest für
die kommenden Monate vom Tisch sein.
Storck, einer der größten Süßwarenfabrikanten Europas, plant in Halle in
Westfalen eine Erweiterung seines Standorts um satte 23 Hektar. Dazu soll
auch ein Bach verlegt werden, der aktuell unterirdisch unter dem künftigen
Betriebsgelände verläuft. „Offenbar fürchtet das Unternehmen, der verrohrte
Laibach könne zum Einfallstor für Nagetiere werden“, sagt Hartmut Lüker,
der für den Umweltverband BUND gegen die Erweiterung kämpft.
Storck, Bürgermeister Tappe und eine breite Mehrheit im Stadtrat wollen den
Laibach dorthin verlegen, wo heute der „Steini“ steht – und dazu müsse der
Wald leider abgeholzt werden. Selbst die grüne Ratsfraktion präsentiert
sich gespalten: Fünf von zehn Grünen stimmten am Mittwochabend einer
Änderung des Flächennutzungsplans zu – schließlich ist Storck mit rund
3.200 Mitarbeiter:innen der größte Arbeitgeber vor Ort. Allerdings
fordern die Grünen, den „Steini“ durch den noch zu beschließenden
Bebauungsplan zu schützen.
„Wir können uns die Zerstörung eines gesunden Mischwalds einfach nicht mehr
leisten“, hält Thomas Müller-Schwefe von Extinction Rebellion der
politischen Mehrheit aus CDU, SPD und FDP entgegen. „Durch die
Klimakatastrophe gehen hier in Ostwestfalen gerade riesige Fichtenbestände
kaputt“, sagt der ehemalige Hausarzt: Der gesamte Gebirgskamm des
Teutoburger Walds werde „langsam nackt.“ Die „Steini“-Besetzung soll
deshalb bis mindestens Sonntagabend weitergehen.
25 Feb 2021
## LINKS
DIR [1] https://www.haller-kreisblatt.de/lokal/halle/22959184_Steini-bleibt-Aktivisten-besetzen-Storck-Wald-um-Rodung-zu-stoppen.html
DIR [2] https://www1.wdr.de/nachrichten/westfalen-lippe/storck-halle-erweiterung-100.html
DIR [3] https://www.facebook.com/ExtinctionRebellionDeutschland/videos/250723773313756/
## AUTOREN
DIR Andreas Wyputta
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