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       # taz.de -- Bewohntes Wohnhaus in Eimsbüttel: Erst Verfall, dann Abriss
       
       > Der Eigentümer eines Wohnhauses in Hamburg-Eimsbüttel lässt das Gebäude
       > geplant vergammeln. Das Bezirksamt weiß längst Bescheid, handelt aber
       > nicht.
       
   IMG Bild: Runtergerockt gekauft und nichts getan: Der Eigentümer der Methfesselstraße 80 spielt auf Zeit
       
       Hamburg taz | Herr F. zeigt stumm auf das Loch in der Wand. „Schauen Sie“,
       sagt er. Herr F. heißt eigentlich nicht Herr F. Er will seinen Namen nicht
       in der Zeitung lesen. Er sei ein alter Mann mit kleiner Rente und möge
       keinen Aufruhr, sagt er. Herr F. steht an diesem Nachmittag im Treppenhaus
       eines Hauses, dessen Verfall einen anschreit: kaputte Wände, ein undichtes
       Dach, marode Türen, ein vermülltes Souterrain, in dem früher ein Atelier
       war. „Hier wurde seit Jahrzehnten nichts gemacht“, sagt F. und geht ein
       paar Stufen nach oben.
       
       Dass die Methfesselstraße 80 in Eimsbüttel mal ein schmucker Altbau gewesen
       sein muss, verraten ihre hohen Decken und der dunkle Holzboden, der
       Treppenhaus und Wohnungen durchzieht. Herr F. und sein Nachbar in der
       ersten Etage sind die einzigen verbliebenen Mieter des Hauses, der Rest ist
       weg. „Dem Ehepaar über uns haben sie eine Abfindung gezahlt, damit sie
       ausziehen“, erzählt F. und blickt hoch in Richtung des zweiten Stocks. Fast
       zwei Jahre stehe deren Wohnung nun leer. Auch ihm sei Geld geboten worden,
       aber darüber wolle er nicht sprechen, sagt Herr F.
       
       Vor drei Jahren bekam die Methfesselstraße 80 neue Eigentümer. Die
       Grundstücksgesellschaft Dirk und Andreas Toedten kaufte das Haus. Herr F.
       berichtet, dass die neuen Besitzer sich freundlich vorgestellt hätten. Man
       liebe es, alte Häuser zu renovieren, sollen sie den Mieter:innen erzählt
       haben. Es sei eine Art Hobby für sie. Man wolle nun zügig mit der
       Modernisierung beginnen. Niemandem solle gekündigt, die Miete moderat
       angepasst werden, erinnert sich F. an die ersten Gespräche mit der neuen
       Hausverwaltung. Herr F. fand das gut: „Ich dachte, dass nun endlich etwas
       gemacht wird“, sagt er.
       
       Einige Zeit später seien alle Bewohner:innen zu Einzelgesprächen in die
       Brandstwiete 36 eingeladen worden. Hier sitzt die City 21 Immobilien GmbH.
       Sie verwaltet das Haus. Dirk Toedten ist Geschäftsführer der Firma, die
       keine Homepage, aber zwei Adressen besitzt: die Brandstwiete und die St.
       Benedictstraße 8 in Harvestehude. Beim Gespräch in der Brandstwiete, einer
       feinen Adresse nahe der Speicherstadt, habe man über die geplante
       Modernisierung gesprochen, erzählt Herr F. Hier sei ihm auch die Abfindung
       angeboten worden, die er ablehnte. Danach habe sich in der Methfesselstraße
       nichts mehr getan: Eine Modernisierung fand nie statt.
       
       Stattdessen wurde Herrn F. und seinen Nachbarn gekündigt. Die Begründung
       der City 21: Das Haus sei wirtschaftlich nicht mehr verwertbar. Man werde
       es abreißen lassen. Herr F. solle in neun Monaten ausziehen. Das wäre am
       31. Januar gewesen. Doch Herr F. legte Widerspruch ein. Seitdem habe er von
       Dirk und Andreas Toedten nichts mehr gehört. Wie es weitergeht, weiß er
       nicht. Auf die E-Mails, die Eigentümer mögen doch das kaputte Dach
       reparieren, hätten er und sein Nachbar keine Antwort erhalten. Dabei regne
       es seit Monaten rein. Auf die Forderung, den Keller im Winter zu heizen,
       damit es dort nicht zufriere, hätten Toedtens ebenfalls nicht reagiert.
       
       Für den Hamburger Mieterverein klingt das nach einem bekannten Muster.
       „Vermieter lassen Häuser bewusst verfallen und kündigen den Bewohnern“,
       sagt Geschäftsführer Siegmund Chychla. Mit dieser Methode wolle man den
       Mietern Angst machen. Chychla kennt das Haus in der Methfesselstraße. Es
       sei eindeutig zu sehen, dass es nicht vollständig bewohnt ist, sagt er. Es
       müsse dringend instand gesetzt werden. Chychla betont, dass das Haus im
       Bereich der Sozialen Erhaltungsverordnung liegt. Deshalb müsse ein
       möglicher Neubau zu den gleichen Bedingungen wie zuvor der Altbau vermietet
       werden.
       
       Beim Bezirksamt Eimsbüttel ist man über die Hausnummer 80 informiert. Der
       Eigentümer sei kooperativ, sagt der Behördensprecher auf Anfrage. Man stehe
       seit 2019 in Kontakt. Ein Antrag auf Abriss sei bislang nicht eingegangen.
       Bei einer Begehung vor Ort habe das Bezirksamt festgestellt, dass die
       leerstehenden Wohnungen erhebliche Mängel aufwiesen und nicht bewohnbar
       seien. Eine Zwischenvermietung wäre „unverhältnismäßig“. Noch im März sei
       eine erneute Prüfung des Falls geplant.
       
       Damit stehen – in Absprache mit dem Bezirksamt – drei Wohnungen seit
       mindestens zwei Jahren leer. Druck auf die Eigentümer, die Wohnungen
       instand setzen zu müssen, scheint es vom Bezirk Eimsbüttel nicht gegeben zu
       haben.
       
       Die City 21 Immobilien GmbH äußert sich am Telefon nur knapp: „Uns sind da
       die Hände gebunden“, sagt ein Mitarbeiter. Kurz darauf kommt eine E-Mail:
       Die GmbH habe das Objekt im Jahr 2018 im derzeitigen Zustand erworben,
       schreibt Dirk Toedten. Leider hätten die Voreigentümer nicht in das Haus
       investiert. Man arbeite gemeinsam mit der Stadt an einer Lösung. Mehr könne
       er aufgrund der laufenden Vorgänge nicht sagen.
       
       Herr F. wünscht sich Klarheit darüber, wie es für ihn weitergehen soll. In
       seiner Wohnung halte ihn nicht mehr viel, er suche bereits nach etwas
       neuem. „Das wird schwer, ich weiß“, sagt er. Er hätte die Vermieter
       gebeten, ihm eine neue Wohnung zu stellen. Dann würde er ausziehen. Doch
       die hätten abgelehnt.
       
       3 Mar 2021
       
       ## AUTOREN
       
   DIR Finn Starken
       
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