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       # taz.de -- Vatikan lehnt Segnung Homosexueller ab: Macht schützt vor Dummheit nicht
       
       > Der Vatikan hat die Segnung gleichgeschlechtlicher Paare verboten. Damit
       > widerspricht er dem Fortschritt der Theologie im Bereich der Sexualität.
       
   IMG Bild: Kennen viele Zitate, wissen wenig über das Leben: Bischöfe bei einer General-Audienz in Rom 2019
       
       „Dummheit ist ein gefährlicherer Feind des Guten als Bosheit“, schrieb der
       widerständige Theologe Dietrich Bonhoeffer 1943. Dass der Vatikan am Montag
       die [1][Segnung gleichgeschlechtlicher Paare verboten hat], lässt da
       spontan zustimmen. Als Evangele muss Bonhoeffer aus vatikanischer Sicht
       zwar nicht ernst genommen werden. Denkende Menschen sollte das aber nicht
       weiter aufhalten.
       
       Bonhoeffers Satz ist nicht so arrogant gemeint, wie er zuerst klingen mag.
       Einige Zeilen weiter heißt es: „Soviel ist sicher, daß die Dummheit nicht
       wesentlich ein intellektueller, sondern ein menschlicher Defekt ist.“
       
       Am Intellekt Kardinal Ladarias, Autor des Segnungsverbots, wird niemensch
       zweifeln. Er hat Jura und Philosophie studiert und als Professor gelehrt.
       Auch vordergründige Bosheit findet sich nicht in dem Text. Ungerechte
       Diskriminierung sei abzulehnen, heißt es darin, weil „Gott jeden Menschen
       liebt. Und Gleiches tut auch die Kirche“. Sein „Responsum ad dubium“ ist
       trotzdem dumm – und angesichts der anhaltenden Homofeindlichkeit gerade in
       Ländern, die als katholisch gelten, auch gefährlich.
       
       Dumm ist die Weigerung, den Fortschritt der Humanwissenschaften und der
       wissenschaftlichen Theologie im Bereich der Sexualität anzuerkennen. Dumm
       ist es, immer [2][wieder jenen Katholik*innen] vor den Bug zu schießen,
       die das getan haben und auf den Segen für alle hoffen.
       
       ## Wo fängt Sex an?
       
       [3][Oder jenen Theolog*innen], die tatsächlich mit Menschen zu tun
       haben: „Ich habe Wohnungen, Autos, Fahrstühle […] gesegnet und soll zwei
       Menschen nicht segnen können, die sich lieben? Das kann nicht Gottes Wille
       sein“, schrieb der Generalvikar von Speyer in Reaktion auf das römische
       Papier.
       
       Andreas Sturm spricht damit nur einen theologischen Widerspruch an. Ein
       weiterer ist die Idee, dass die gleichgeschlechtliche Liebe von Erwachsenen
       erst dann zur Sünde wird, wenn Sexualität involviert ist, denn: Wo fängt
       die an? Bei der Umarmung, beim Streicheln, beim Kuss? Oder ist nur der
       zweckfreie Orgasmus sündhaft? Ist ein Interruptus dann okay? Das sind
       Fragen für Fundamentalist*innen, nicht für Leute, [4][die Theologie
       ernst nehmen].
       
       „Es wird wirklich darauf ankommen, ob Machthaber sich mehr von der Dummheit
       oder von der inneren Selbständigkeit und Klugheit der Menschen
       versprechen“, endet Bonhoeffers Text. Still true.
       
       16 Mar 2021
       
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