URI: 
       # taz.de -- Radprofi Sagan nach Corona-Erkrankung: Der Superstar als Joker
       
       > Peter Sagan ist nach einer Covid-19-Erkrankung auf Formsuche. Bei
       > Mailand–Sanremo am Samstag will er sich dennoch mit den Besten messen.
       
   IMG Bild: Test für die Beine: Peter Sagan beim Tirreno Adriatico
       
       SAN BENEDETTO DEL TRONTO taz | Es war ein seltenes Bild. Weltmeister Julian
       Alaphilippe und Multitalent Wout van Aert ließen auf der Siegertribüne im
       italienischen Chiusdino schon den Champagner spritzen, als Peter Sagan noch
       immer auf dem Rad saß. Alaphilippe und van Aert hatten sich gemeinsam mit
       Cross-Weltmeister Mathieu van der Poel [1][einen tollen Kampf um den Sieg]
       auf der ansteigenden Zielgeraden geliefert. Alaphilippe holte sich im
       Regenbogentrikot des Straßenweltmeisters den Gesamtsieg. Van Aert
       verteidigte als Etappendritter sein Führungstrikot. Van der Poel,
       angetreten im Trikot des niederländischen Straßenmeisters, ärgerte sich als
       Tageszweiter über den durch einen taktischen Fehler verpassten Tagessieg.
       Er holte das am nächsten Tag aber nach. Und weitere zwei Tage später
       landete er nach heroischer Solofahrt über mehr als 50 Kilometer einen
       weiteren, dieses Mal wahrhaft grandiosen Sieg.
       
       Beim Stelldichein der Schnellkraftathleten mit dem Bergpunch fehlte
       allerdings einer. Eben Peter Sagan. Der dreifache Weltmeister aus der
       Slowakei kam ausgerechnet an dem giftigen Anstieg, der wie für ihn in das
       Rennprogramm gemalt schien, 15 Minuten hinter dem siegreichen Trio ins
       Ziel.
       
       Der Slowake nahm den Rückschlag mit Fassung hin. „Ich hatte das Pech mit
       Corona“, sagte er der taz und zuckte mit den Schultern. Anfang Februar war
       er im Trainingslager in Gran Canaria positiv getestet worden, gemeinsam mit
       seinem Bruder Juraj und einem weiteren Teamkollegen von Bora Hansgrohe.
       „Drei Wochen hingen wir auf den Kanarischen Inseln in Quarantäne fest. Ich
       habe dabei meine ganze Form verloren, alles was ich den Winter über
       aufgebaut habe“, erzählte er.
       
       In der Quarantäne kurierte er die Erkrankung aus. Erst als er einen
       negativen Test vorweisen konnte, durfte er abreisen. Und erst nach weiteren
       medizinischen Tests, vor allem Herz und Lunge betreffend, bekam er von
       seinem Team das Go für die Rückkehr in den Trainingsbetrieb.
       
       ## Angeschlagener Organismus
       
       „Ich bin erst seit einer Woche wieder richtig auf dem Rad“, erzählte er nun
       der taz in den ersten Tagen des Tirreno Adriatico. Wegen des
       Trainingsrückstands verzichtete er auch auf einen Start bei den Strade
       Bianche, dem Neoklassiker über die weißen Sandpisten der Toscana rund um
       Siena – eigentlich ein idealer Parcours für den früheren Mountainbiker.
       
       Aber das Rennen wäre eine zu große Herausforderung für den angeschlagenen
       Organismus gewesen. Sagan verzichtet auch auf Gent–Wevelgem, so etwas wie
       das „kleine Roubaix“, ein 254 Kilomteter langer Halbklassiker mit langen
       Kopfsteinpflasterpassagen. Auch das scheint zu intensiv für den
       Rekonvaleszenten.
       
       Aktuell rollt er sich beim Tirreno Adriatico ein. Wird die Straße steil,
       nimmt er schnell Fahrt raus. In der Anfahrt zum Bergaufsprint von Gualdo
       Tadino bei der dritten Etappe hatte er hingegen Pech. Der Zug von Bora
       Hansgrohe hatte sich bereits für ihn formiert, als ein Sturz das Peloton
       durcheinanderwirbelte und Sagan dadurch aufgehalten wurde.
       
       [2][Der 31-jährige Altmeister] nimmt all die Rückschläge aber mit Fassung.
       „Ich bin jetzt hier, um meine Form aufzubauen. Ich muss meine Beine
       gewissermaßen ganz neu trainieren und den ganzen Prozess langsam angehen“,
       erzählt er. Bei Mailand–Sanremo am kommenden Samstag will er dennoch dabei
       sein. Ursprünglich war er auch Option A in den Planspielen von Bora
       Hansgrohe. Das Team sollte für ihn fahren. Mit seiner blendenden Form, die
       er bei seinem Sieg im Mehretappenrennen Paris–Nizza zeigen konnte, hat sich
       allerdings der Berliner Maximilian Schachmann in den Vordergrund geradelt.
       Einen dritten Trumpf schickt der Rennstall mit dem Massensprinter Pascal
       Ackermann in das 299 Kilometer klange Rennen.
       
       Peter Sagan macht den Eindruck, gut damit leben zu können, nicht mehr
       andauernd im Mittelpunkt zu stehen. Vom Topstar ist er zum Joker geworden,
       einem ernsten Joker auch. Denn welche Langzeitfolgen das Virus bei ihm
       angerichtet hat, weiß er noch nicht. „Langzeitfolgen bemerkt man erst in
       der Zukunft“, meint er lakonisch. Die Classicissima vom Mailand nach
       Sanremo wird für ihn also auch in dieser Hinsicht ein Rennen voller
       Ungewissheiten.
       
       16 Mar 2021
       
       ## LINKS
       
   DIR [1] /Neue-Radsport-Helden/!5757420
   DIR [2] /Radsportklassiker-Paris--Roubaix/!5494696
       
       ## AUTOREN
       
   DIR Tom Mustroph
       
       ## TAGS
       
   DIR Radsport
   DIR Schwerpunkt Sport trotz Corona
   DIR Mailand
   DIR Radsport
   DIR Schwerpunkt Olympische Spiele 2024
   DIR Radsport
       
       ## ARTIKEL ZUM THEMA
       
   DIR Saisonstart der Profiradler: Motor der Normalität
       
       Paris-Nizza oder Tirreno Adriatico: Die Szene der Pedaleure startet voller
       Zuversicht in den Frühling, trotz hoher Indizidenzwerte in Frankreich.
       
   DIR Bahnradsport im Coronaloch: Radler müssen draußen bleiben
       
       Die Olympia-Vorbereitung ist für die Radsportler auf der Holzbahn überaus
       kompliziert. Wettkämpfe gibt es in diesen Tagen gar nicht.
       
   DIR Kulturgut Cyclocross: Dreckig quer durch den Matsch
       
       Um die Schönheit von Matsch und Schlamm lieben zu lernen, bieten sich ganz
       besondere Radsport-Events an. Zum Beispiel in Belgien.