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       # taz.de -- Sozialdemokratin Lilianne Ploumen: Eine Kandidatin für die Niederlande
       
       > Mit Selbstreflexion und Entschiedenheit wurde Lilianne Ploumen unverhofft
       > Chefin der niederländischen Sozialdemokraten. Sie könnte etwas reißen.
       
   IMG Bild: Lilianne Ploumen während einer Regierungsdebatte im Januar 2021
       
       Amsterdam taz | Am Ende des niederländischen Wahlkampfs verschärfte
       Sozialdemokratin Lilianne Ploumen den Ton. „Ich konstatiere, dass Herr
       Hoekstra und sein CDA die Leute nur noch mehr verunsichern wollen“, warf
       sie bei der letzten großen TV-Debatte am Montag dem christdemokratischen
       Kontrahenten Wopke Hoekstra vor. „Warum sollen Leute bezahlen, wenn sie
       krank werden? Warum sollen sie bestraft werden, wenn sie arbeitslos werden?
       Das sind asoziale Vorschläge, und Sie sind ein Reserverad der
       Rechtskoalition.“
       
       Was für ein Unterschied zu Januar, als Ploumen unverhofft Spitzenkandidatin
       der Partij van de Arbeid (PvdA) wurde. Die 58 Jahre alte Frau, die aus
       einer Maastrichter Bauernfamilie stammt, folgte Lodewijk Asscher. Asscher
       war als Sozialminister der vorigen Regierung in den Kindergeldskandal
       verwickelt und hatte zu schweren Ballast, um den Sozialdemokraten zu neuem
       Schwung zu verhelfen – bei den Wahlen 2017 wurden sie nämlich abgestraft.
       
       Ploumen twitterte ein Video, das sie bemerkenswert nachdenklich zeigt: „Auf
       einmal musste ich mich fragen: Bin ich bereit für einen neuen, großen
       Schritt in meinem Leben? Kann ich die Chefin der PvdA sein?“ Ihre Antwort
       war so deutlich wie die Begründung: „Meine Eltern gaben mir mit auf den
       Weg: Du bist nicht mehr, aber auch nicht weniger als andere. Darum sage ich
       heute: Ja, ich bin bereit.“
       
       Eigentlich sind beide Situationen für Ploumen charakteristisch. Der Verweis
       auf ihre einfache Herkunft im katholischen, agrarischen Süden des Landes
       ist weniger Kokettieren als die Abwesenheit jeglichen Maulheldentums.
       Zugleich ist sie inhaltlich bestimmt und kompetent: Sie verkörpert die
       sozialdemokratische Rückbesinnung auf die eigenen Kernwerte und steht
       besonders für Emanzipation von Frauen, etwa als Direktorin des Fonds
       MamaCash oder Gründerin der Initiative She Decides, die international
       sichere Abtreibungen unterstützt.
       
       ## Die Zukunft könnte vielversprechend sein
       
       Von der Partei GroenLinks kommend, trat Ploumen 2003 der PvdA bei und war
       von 2012 bis 2017 Ministerin für Außenhandel und
       Entwicklungszusammenarbeit. Im Wahlkampf, der pandemiebedingt fast
       vollständig online stattfand und von der Coronakrise dominiert wurde,
       konnte sie durchaus Akzente setzen, als sie sagte, bei der Wahl gehe es um
       eine Fortsetzung der Mitte-rechts-Regierung oder einen sozialeren,
       gerechteren Kurs. Damit war Ploumen für einige der wenigen Wellen in der
       Wanne des großen Konsenses verantwortlich, [1][wo der liberale Premier Mark
       Rutte als Steuermann in der Krise und Garant für Stabilität vor der
       nächsten Amtszeit steht.]
       
       Umfragen indes sehen die PvdA derzeit nur bei 12 der 150 Sitze – wobei auch
       die übrigen progressiven Parteien nur auf 10 bis 15 kommen. Zwei Aspekte
       sprechen dennoch für die Sozialdemokraten: Nach dem Absturz auf 9 Sitze
       2017 sind sie die einzige linke Partei, deren Tendenz nach oben zeigt. Und
       ihre Themen sind wesentliche Fragen dieser Zeit. Das wird sich auch bei den
       Stimmen zeigen – wenn noch nicht bei diesen Wahlen, dann in der kommenden
       Legislaturperiode.
       
       17 Mar 2021
       
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