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       # taz.de -- EU plant digitales Impfdokument: Zertifikat statt Pass
       
       > Die EU will die Reisefreiheit wieder herstellen. Doch was das „grüne
       > digitale Zertifikat“ alles anzeigen soll, ist völlig unklar.
       
   IMG Bild: Nur Impfen scheint in der Corona-Krise die Lösung, wie hier im italienischen Mailand
       
       Brüssel taz | Der europäische Impfpass nimmt Gestalt an – doch die Hoffnung
       auf freies Reisen in der EU bleibt vage. [1][Die EU-Kommission] hat am
       Mittwoch in Brüssel zwar einen Entwurf vorgestellt, der die Reisefreiheit
       in Zeiten von Corona erleichtern soll. Doch von einem Ausweis ist keine
       Rede mehr, nur noch von einem Zertifikat. Zudem bleibt unklar, ob das neue
       Impfdokument dem Inhaber spezielle Rechte verleihen wird – oder nicht.
       
       Ziel sei es, die „Reisefreiheit in der EU sicher und verantwortungsbewusst
       wiederherzustellen“, sagte Kommissionspräsidentin Ursula von der Leyen bei
       der Vorlage ihres Gesetzentwurfs, den nun alle 27 EU-Staaten umsetzen
       müssen. Das neue „digitale grüne Zertifikat“ werde dies ermöglichen. Die
       Entscheidung, welche Reisebeschränkungen aufgehoben werden, obliege aber
       weiter den Mitgliedstaaten.
       
       Derzeit gelten in der EU viele, oft widersprüchliche Regeln. So dürfen
       Belgier ihr Land gar nicht verlassen – die dortige Regierung hat ein Verbot
       von Auslandsreisen verhängt. Deutschland hat Grenzkontrollen eingerichtet,
       die den Reiseverkehr in Österreich, Tschechien und teilweise auch in
       Frankreich behindern. Die Kommission hat gegen diese Beschränkungen der im
       EU-Recht verankerten Freizügigkeit bereits protestiert, jedoch keine
       Gegenmaßnahmen ergriffen.
       
       Das neue „grüne“ Zertifikat dürfte an dem Chaos wenig ändern. Es ist nicht
       als Reisepass konzipiert, sondern lediglich als Nachweis für eine Impfung
       gegen COVID-19, einen negativen Corona-Test oder eine überstandene
       Erkrankung an dem Virus. Die Daten sollen auf Smartphones gespeichert oder
       auf einem Papierdokument mit Barcode verzeichnet werden. Der Datenschutz
       sei selbstverständlich gewährleistet, heißt es in Brüssel.
       
       ## Viele Unklarheiten und Probleme
       
       Doch hier beginnen schon die Probleme. Die technische Umsetzung liegt
       nämlich bei den EU-Staaten – und jedes Land hat seine eigenen
       Vorstellungen. So werden die Daten in Frankreich zentral gespeichert,
       [2][in Deutschland jedoch nicht.] „Es ist nicht sichergestellt, dass die
       digitale Variante des Zertifikats dezentral gespeichert wird und nicht in
       einem zentralen Impfregister“, kritisiert der Europaabgeordnete Patrick
       Breyer (Piraten).
       
       Unklar ist auch, was die Daten überhaupt wert sind. Bisher können nicht
       einmal Experten sagen, ob geimpfte oder genesene Menschen weniger Viruslast
       tragen und vor einer Weiterverbreitung von Corona geschützt sind. Doch
       einige Länder, darunter auch Deutschland, wollen über den praktischen
       Nutzen des Impfzertifikats erst dann entscheiden, wenn diese wichtige Frage
       geklärt ist.
       
       Ein weiteres Problem ist, dass nicht alle Impfstoffe verzeichnet werden
       sollen. Zunächst kommen nur Impfungen mit den in der EU zugelassenen
       Vakzinen in Frage. Das sind derzeit die Mittel von Biontech/Pfizer,
       Moderna, AstraZeneca und Johnson & Johnson. Ungarn verimpft aber auch das
       russische Vakzin Sputnik V und das des chinesischen Herstellers Sinopharm.
       
       ## Gefahr eines Flickenteppichs
       
       Laut Kommission soll es Mitgliedstaaten freistehen, ob sie Bescheinigungen
       über Impfungen mit diesen Mitteln anerkennen oder nicht. Die EU-Länder
       sollen auch selbst entscheiden, ob sie den Inhabern Vorteile bei Reisen
       oder Restaurantbesuchen gewähren. Andererseits soll das Zertifikat aber
       keinesfalls eine „Voraussetzung für die Ausübung der Freizügigkeit sein“,
       wie die Kommission betont. Nichtgeimpfte dürften nicht diskriminiert
       werden.
       
       Dies könnte zu einem neuen Flickenteppich führen. [3][Beliebte Reiseländer
       wie Griechenland, Spanien oder Österreich wollen mit großzügigen Regeln
       Touristen anlocken. Deutschland und Frankreich sind hingegen
       zurückhaltender.] Zunächst müssen die 27 EU-Staaten dem Vorschlag aus
       Brüssel jedoch zustimmen. Das kann dauern – ob der neue Impfpass wie
       geplant rechtzeitig zu den Sommerferien fertig wird, ist nicht sicher.
       
       17 Mar 2021
       
       ## LINKS
       
   DIR [1] https://ec.europa.eu/info/index_de
   DIR [2] /Datenschuetzer-ueber-digitalen-Impfpass/!5755994
   DIR [3] /Digitaler-Impfausweis-in-der-EU/!5750904
       
       ## AUTOREN
       
   DIR Eric Bonse
       
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