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       # taz.de -- Islamismus in Mali und Niger: Angriffe fordern fast 100 Tote
       
       > Massaker an Marktbesuchern und Soldaten in den beiden Sahelstaaten
       > fordern viele Opfer – und zeigen die Stärke islamistischer Gruppen.
       
   IMG Bild: Malische Soldaten in der Grenzregion zu Niger – hier kam es im Januar 2017 zu einem Anschlag auf einen Militärstützpunkt
       
       Berlin taz | 33 tote Soldaten in Mali, 58 tote Zivilisten in Niger – zwei
       schwere Terrorangriffe sorgen in den beiden Sahelstaaten für Entsetzen. Es
       sind die ersten großen Anschläge mutmaßlicher islamistischer
       Untergrundkämpfer [1][seit dem Sahelgipfel in Tschad] am 15. Februar, bei
       dem Frankreichs Präsident Emmanuel Macron die „Enthauptung“ der wichtigsten
       Terrorgruppen in der Sahelregion angekündigt hatte. Beide Angriffe
       ereigneten sich am Montag, den 15. März, genau einen Monat später, in
       Regionen, in denen der „Islamische Staat in der Großen Sahara“ (ISGS) aktiv
       ist.
       
       In Niger stoppten Bewaffnete am Montagnachmittag vier Fahrzeuge auf dem
       Rückweg vom Wochenmarkt in der Kleinstadt Banibangou in umliegende Dörfer.
       Nach Regierungsangaben wurden die Fahrgäste „gezielt hingerichtet“, zwei
       Autos wurden angezündet, zwei gestohlen. Im Dorf Darey-Daye seien
       Getreidespeicher angezündet worden. Die Regierung sprach von 58 Toten und
       verhängte drei Tage Staatstrauer.
       
       Banibangou liegt rund 20 Kilometer südlich der Grenze zu Mali; auf der
       malischen Seite der Grenze erstreckt sich das Naturschutzgebiet
       Ansongo-Menaka, das als Rückzugsgebiet bewaffneter Gruppen gilt. Das
       Schutzgebiet wird an seinem westlichen Rand vom Niger-Fluss begrenzt; auf
       der anderen Seite des Flusses, rund 30 Kilometer im Landesinneren,
       ereignete sich Montagmittag der zweite Angriff, der einen Konvoi von Malis
       Armee auf der Straße zwischen dem Dorf Lellehoye am Fluss und der
       Kleinstadt Tessit zum Ziel hatte.
       
       Soldaten, die zur Truppenablösung nach Tessit unterwegs waren, gerieten in
       einen Hinterhalt, so die offiziellen Angaben. Rund 100 Angreifer auf
       offenen Lastwagen und Motorrädern hätten das Feuer eröffnet. Zunächst war
       von 11 Toten, 14 Verwundeten und 11 Vermissten unter den Soldaten die Rede.
       Am Mittwoch bestätigte die Armee 33 Tote und 14 Verletzte, aber mit weiter
       steigenden Zahlen wurde gerechnet. Die Angreifer hätten ihrerseits 20 Tote
       hinterlassen.
       
       ## Politisch brisante Gemengelage
       
       Malis Generalstab erklärte, der Angriff unterstreiche die Notwendigkeit,
       den [2][Kampf gegen den Terror] zu verstärken, und rief die Bürger Malis
       zur „Solidarität in diesen besonders schweren Zeiten“ auf.
       
       Sowohl in Mali als auch in Niger sind solche Angriffe politisch gerade
       besonders heikel. In Mali hatte [3][im August 2020 das Militär die Macht
       ergriffen], weil die vorherige Zivilregierung ihrer Meinung nach im Kampf
       gegen Terror und Unsicherheit versagt hatte – jeder weitere blutige Angriff
       untergräbt die Legitimitätsgrundlage der neuen, von Militärs geführten
       Übergangsregierung.
       
       In Niger wurde erst vor vier Wochen ein neuer Präsident gewählt: der
       ehemalige Innenminister [4][Mohamed Bazoum, der aus der arabischen
       Minderheit des Landes stammt] und als Hardliner in Sicherheitsfragen gilt.
       Bazoums Gegner erkannten seine Wahl nicht an, es gab Unruhen mit Toten.
       Niger ist noch nicht zur Ruhe zurückgekehrt. Am 11. März gab die
       Staatsanwaltschaft bekannt, dass 652 wegen Gewalt bei den Unruhen
       Festgenommene den Haftrichtern vorgeführt wurden; gegen 328 davon solle
       Anklage erhoben werden.
       
       17 Mar 2021
       
       ## LINKS
       
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       ## AUTOREN
       
   DIR Dominic Johnson
       
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