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       # taz.de -- Streit um Bordelleröffnung in Bremen: Von Rockern und Frauen
       
       > Eine „Taskforce“ prüft in Bremen die Genehmigung eines Bordells. Die
       > Anmelderinnen sind die Frau und die Schwester eines Hells Angels-Chefs.
       
   IMG Bild: Bremens Innensenator wäre sie gerne los: Hells Angels, hier bei einer Demonstration 2018 in Berlin
       
       Bremen taz | Eine Unterlassungsklage gegen den Innensenator. Eine linke
       Wirtschaftssenatorin, der Parteimitglieder vorwerfen, der Ausbeutung von
       Frauen Vorschub zu leisten. Und eine „Taskforce“, in der neben
       Vertreter*innen von Innen- und Wirtschaftsbehörde auch
       Mitarbeiter*innen der Bausenatorin und der Polizei sitzen. Am Freitag
       war ihr letztes Treffen, das zweite innerhalb von zwei Wochen. Und das
       alles wegen einer Gewerbeanmeldung. Was ist da los?
       
       Nun handelt es sich bei dem Gewerbe um ein Bordell und die Anmelderinnen
       sind Frau und Schwester von [1][Andree Pröhl]. Das ist der Delmenhorster
       Chef der Hells Angels, eines in Bremen verbotenen „Rocker-Clubs“, dessen
       Mitglieder mehrfach wegen Verbrechen im Bereich der organisierten
       Kriminalität verurteilt wurden. Pröhl selbst wurde 2009 in Bremen wegen
       Zuhälterei, schweren Menschenhandels und Ausbeutung von Prostituierten
       verurteilt.
       
       2019 hatte die zuständige Wirtschaftsbehörde bereits das „Eros 69“ in der
       Duckwitzstraße genehmigt, betrieben von Pröhls Ehefrau. Damals wie heute
       hatte die Behörde gesagt, sie könne die Erlaubnis nicht verweigern. Die
       gesetzlichen Auflagen würden erfüllt.
       
       Nach dem Prostituiertenschutzgesetz ist ein Bordell ein
       genehmigungspflichtiges Gewerbe – Anträge sind in Bremen bei der Senatorin
       für Wirtschaft und Arbeit zu stellen. Die muss die Zuverlässigkeit des
       Anmelders sowie das Betriebskonzept prüfen, etwa ob es „mit der Wahrnehmung
       des Rechts auf sexuelle Selbstbestimmung unvereinbar ist oder der
       Ausbeutung von Prostituierten Vorschub leistet“, so steht es auf der
       Homepage der Wirtschaftssenatorin.
       
       Das aber sei bei dem in der Bürgermeister-Smidt-Straße geplanten Bordell
       nicht der Fall. Auch gegen die Anmelderinnen spreche nichts, hat die
       Senatorin Kristina Vogt (Die Linke) mehrfach gesagt. Gegenwind bekommt sie
       von Innensenator Ulrich Mäurer (SPD), der die Hells Angels 2013 verboten
       hatte und es sich zur Aufgabe macht, [2][sie und andere Rocker-Gangs aus
       Bremen fernzuhalten.]
       
       Seit Mitte Februar versucht er, über die Medien Druck auf sie auszuüben,
       keine Genehmigung zu erteilen und die bereits erteilte für das Bordell in
       der Duckwitzstraße zurückzuziehen. Er sagt, die Polizei habe der
       Wirtschaftsbehörde ausreichend Beweise vorgelegt, dass die Anmelderinnen
       nur Strohfrauen seien. Vogt verteidigte die Entscheidung ihrer Behörde und
       sagte, die Innenbehörde hätte zu wenig Beweise vorgelegt, um die Zulassung
       juristisch wasserdicht verwehren zu können.
       
       Das Ergebnis dieses Senator*innen-Streits: Eine „Taskforce“. Was genau die
       machen soll – außer den Koalitionsfrieden zwischen SPD und Linken zu wahren
       – ist unklar. Mäurers Sprecherin sagte der taz am Donnerstag: „Wir glauben,
       dass noch nicht alle Details zusammengetragen sind und hoffen auf ein
       umfassendes Bild.“ Welche Details sie meint, sagt sie nicht. Zudem haben
       sowohl Innensenator als auch Wirtschaftssenatorin mehrfach erklärt, sie
       wüssten Bescheid.
       
       Unterdessen haben die Antragstellerinnen vor dem Verwaltungsgericht
       Unterlassungsklage gegen Mäurer eingereicht. Sie wollen nicht als
       „Strohfrauen“ bezeichnet werden. „Das ist eine bodenlose Frechheit“, sagte
       in einem buten-un-binnen-Beitrag Stephanie Pröhl, Schwester des
       Hells-Angels-Chefs. „Es geht darum, dass Frauen nicht in der Lage sein
       sollen, ein Unternehmen zu führen.“
       
       Mit Frauenrechten argumentieren auch Gegner*innen des Bordells. Auf der
       Tagesordnung des Landesparteitags der Linken am 27. März stehen [3][drei
       Anträge zum Thema]. Alle sind von Mitgliedern des Kreisverbands Links der
       Weser eingereicht worden, alle haben denselben Inhalt: Das bereits
       eröffnete Bordell soll geschlossen, das andere nicht genehmigt werden.
       
       Ein Antrag zielt darauf ab, dass dies die Mitgliederversammlung der Linken
       beschließt, zwei wollen die Wirtschaftssenatorin dazu zwingen, also als
       Partei per Mehrheitsbeschluss in das Handeln einer Behörde eingreifen. Und
       das aufgrund einer grundsätzlichen Ablehnung von Prostitution. „Diese
       Frauen werden meist aus armen Ländern in Osteuropa und Afrika herangekarrt
       und als ‚Frischfleisch‘ von Bordell zu Bordell verladen“, heißt es in einem
       Antrag.
       
       Der andere greift die Wirtschaftssenatorin an. „Es kann nicht sein, dass
       eine linke Senatorin allen anderen Bestrebungen von anderen Parteien, den
       Beiräten, der Polizei, der öffentlichen Meinung widerspricht mit der
       schwachen Begründung, es gäbe nicht ausreichend Indizien.“ Die
       Antragsteller*innen glauben, es sei möglich, Betriebserlaubnisse für
       Bordelle zu verweigern, „wenn das der kommunalpolitische und Bürgerwille“
       ist.
       
       18 Mar 2021
       
       ## LINKS
       
   DIR [1] /Protest-gegen-Grossbordell-in-Bremen/!5608860
   DIR [2] /Rocker-Verbot-in-Bremen/!5040353
   DIR [3] https://www.dielinke-bremen.de/partei/parteitag/27-lpt-27-maerz-2021/antraege/
       
       ## AUTOREN
       
   DIR Eiken Bruhn
       
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       Werder.