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       # taz.de -- Studie zu Subventionen für Viehbranche: 13 Milliarden für Tierwirtschaft
       
       > Die Fleisch-, Milch- und Eierproduktion subventioniert der Staat mit
       > hohen Summen, sagen Umweltaktivisten. Neue Steuern für mehr Tierwohl
       > lehnen sie ab.
       
   IMG Bild: Mit mehr als 13 Milliarden Euro pro Jahr subventioniert der Staat die Tierwirtschaft in Deutschland
       
       Berlin taz | Der Staat subventioniert die Viehwirtschaft in Deutschland
       Umweltaktivist*innen zufolge mit mehr als 13 Milliarden Euro pro Jahr.
       Eine [1][Studie] des Bündnisses „Gemeinsam gegen die Tierindustrie“ fasst
       erstmals die wichtigsten öffentlichen Gelder für Erzeugung, Verarbeitung
       und Vertrieb von Fleisch, Milch und Eiern zusammen. Größter Posten ist
       demnach mit rund 5 Milliarden Euro die Ermäßigung der Mehrwertsteuer für
       tierische Lebensmittel.
       
       An zweiter Stelle liegen mit 2,9 Milliarden Euro die Direktzahlungen – die
       wichtigste Art von EU-Agrarsubventionen – für den Anbau von Futter. 2,7
       Milliarden Euro zahle Deutschland für die Agrarsozialpolitik zugunsten von
       Höfen, die vor allem von der Tierhaltung leben. Der Staat bezuschusst zum
       Beispiel die Kranken-, Renten- und Unfallversicherung für die
       [2][Landwirtschaft].
       
       Dazu kommen zahlreiche Subventionen, die kaum bekannt sind – und teilweise
       eine kuriose Geschichte haben. „Landwirtschaftliche Zugmaschinen sind seit
       gut hundert Jahren in Deutschland von der KFZ-Steuer befreit“, heißt es in
       der Studie. „Die Steuerbefreiung sollte die Motorisierung der Land- und
       Forstwirtschaft vorantreiben.“ Doch auch im vergangenen Jahr hätten
       Viehhalter und Futtermittelerzeuger darüber 254 Millionen Euro Steuern
       erlassen bekommen.
       
       Den Dieselkraftstoff für die Trecker subventioniert Deutschland ebenfalls:
       Laut Studie sparten die Tierhalter durch diese Steuervergünstigung 238
       Millionen Euro. Die Umsatzsteuer-Pauschale speziell für die Landwirtschaft
       bringe ihnen 130 Millionen Euro. Zudem finanzieren viele Bundesländer
       Landwirtschaftskammern und Landesanstalten unter anderem zur Beratung der
       Bäuer*innen. Der Anteil der Tierhalter*innen betrage 208 Millionen
       Euro.
       
       ## Kritik an neuen „Tierwohl“-Subventionen
       
       Und es kommen immer wieder neue Programme hinzu: Als Reaktion auf die
       Bauernproteste im Winter 2019 beschloss die Bundesregierung, die
       Landwirtschaft zusätzlich zu den laufenden Subventionen mit einem
       „Investitionsprogramm Landwirtschaft“ in Höhe von 816 Millionen Euro zu
       unterstützen. Das Geld soll laut Agrarministerium vor allem für Technik im
       Zusammenhang mit Gülle ausgegeben werden. 2020 brachte die Behörde ein
       Programm zum tierfreundlicheren Stallumbau auf den Weg – Kostenpunkt: 300
       Millionen Euro.
       
       „Hinzu kommen viele weitere Förderungen, für die nicht genug Daten
       zugänglich sind, um eine fundierte Schätzung vorzunehmen. Es ist
       entsprechend davon auszugehen, dass die tatsächliche Summe deutlich höher
       liegt“, schreiben die Tierrechtler*innen. Es lasse sich zum Beispiel bisher
       nicht ermitteln, wie viel es der Tierwirtschaft bringt, dass die reduzierte
       Mehrwertsteuer auch für Futtermittel und lebendes Vieh gilt.
       
       Viele der Aktivist*innen kritisieren diese Subventionen, weil sie die
       ökonomische Nutzung von Tieren grundsätzlich ablehnen. Denn sie verursache
       „massive Leiden“ etwa bei Rindern, Schweinen und Geflügel. Außerdem trage
       die Tierwirtschaft maßgeblich zur menschengemachten Klimakrise bei,
       schädige die Umwelt beispielsweise durch zu viel Gülle und gefährde die
       Gesundheit der Bevölkerung. Der hohe Verbrauch von Antibiotika in Ställen
       etwa sei eine Ursache dafür, dass Krankheitserreger zunehmend resistent
       gegen diese Medikamente werden. Sowohl Kleinbäuer*innen als auch
       Arbeiter*innen in der Fleischindustrie würden ausgebeutet.
       
       Deshalb lehnt das Bündnis den [3][Vorschlag] der von Agrarministerin Julia
       Klöckner (CDU) berufenen Kommission unter ihrem Amtsvorgänger Jochen
       Borchert ab, der Branche mehrere Milliarden Euro zu zahlen, damit sie ihre
       Tiere etwas besser hält. Mit „weiteren Fördermilliarden werden die
       untragbaren Zustände noch einmal auf Jahrzehnte hin zementiert“, warnen die
       Aktivist*innen. Sie fordern deshalb, konkrete Ziele festzulegen, um bis
       2030 mindestens 80 Prozent der aktuellen Tierbestände abzubauen und den
       Konsum tierischer Produkte entsprechend zu reduzieren.
       
       „Das Geld für die notwendige wie auch machbare Transformation ist da“,
       schreiben die Autor*innen. „Die öffentlichen Gelder, die derzeit in diese
       Industrie fließen, müssen stattdessen dazu genutzt werden, eine ökologische
       und solidarische Agrarwende zu finanzieren.“
       
       „Die Studie ist sehr detailliert und gut recherchiert“, sagte Professor
       Sebastian Lakner, Agrarökonom an der Universität Rostock, der taz.
       „Gleichzeitig impliziert sie, ausnahmslos alle Tierhaltung sei
       problematisch“, kritisierte Lakner. „Mir ist das zu einseitig. Es gibt
       Flächen, die wir nur mit Tierhaltung nutzen können.“
       
       4 Mar 2021
       
       ## LINKS
       
   DIR [1] https://gemeinsam-gegen-die-tierindustrie.org/studie-milliarden-tierindustrie/
   DIR [2] /Landwirtschaft/!t5007831
   DIR [3] /Bessere-Haltung-von-Schwein-und-Rind/!5750773
       
       ## AUTOREN
       
   DIR Jost Maurin
       
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