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       # taz.de -- Maskenskandal in Österreich: Made in Austria? Von wegen
       
       > In Österreich sollten FFP2-Masken unbedingt aus heimischer Produktion
       > kommen. Doch heimlich wurden chinesische Produkte umetikettiert.
       
   IMG Bild: Made in Austria oder doch Made in China? Skandal durch falsch etikettierte FFP2-Masken in Österreich
       
       Wien taz | Kauft österreichisch! Das war vor allem [1][im Lockdown] der von
       der Regierung ausgegebene Aufruf zum kommerziellen Patriotismus. Dieser
       mündete darin, dass in zwei Produktionsstätten der Firma Hygiene Austria
       Schwarzarbeiter chinesische FFP2-Masken kurzerhand als österreichische
       Produkte umetikettierten. Fahnder hatten davon über abgehörte
       Telefongespräche Wind bekommen und am Dienstag die Räumlichkeiten
       durchsucht.
       
       Für österreichische Betriebe lag es in der Pandemie nahe, angesichts
       vorhersehbar stabiler Nachfrage in die Produktion von
       Mund-Nasenschutz-Masken einzusteigen. Zwei Vorzeigeunternehmen taten sich
       zusammen: der Faserhersteller Lenzing und der auf Dessous spezialisierte
       ehemalige Familienkonzern Palmers AG. Das Kind dieser glücklichen
       Verbindung heißt Hygiene Austria und fertigt statt unterschiedlicher
       Körbchengrößen nun [2][FFP2-Masken in Einheitsgröße] an.
       
       Offenbar hat man allerdings die Nachfrage unterschätzt. Denn [3][seit Ende
       Januar] müssen in öffentlichen Verkehrsmitteln, öffentlichen Gebäuden und
       jeder Art von Läden diese als sicherer geltenden Masken getragen werden.
       Die Regierung ließ allen Einwohnern über 65 zehn solche Masken postalisch
       zustellen, alle größeren Supermärkte bieten sie zum „Selbstkostenpreis“ von
       59 Cent an oder verteilten sie in den ersten Tagen gratis an die
       Kundschaft.
       
       Die Umetikettierung von chinesischen Produkten entwickelt sich jetzt zu
       einem Politskandal. Denn wie jetzt bekannt wurde, hat die Bundesregierung
       nicht nur fleißig Werbung für den österreichischen Betrieb gemacht – Besuch
       von Kanzler Sebastian Kurz (ÖVP) inklusive – sondern auch ohne Prüfung
       alternativer Angebote exklusiv dort eingekauft.
       
       Das Argument: Man habe Wert auf eine Produktion in Österreich gelegt. Die
       Firma sei „derzeit der einzige österreichische Anbieter“, schrieb eine hohe
       Beamtin Ende November an die Kabinettschefin von Gesundheitsminister Rudolf
       Anschober (Grüne). Dass Tino Wieser, der Geschäftsführer von Hygiene
       Austria, mit der Büroleiterin von Kanzler Kurz verschwägert ist, dürfte
       sich auch nicht nachteilig ausgewirkt haben.
       
       ## Mangelhafte Hygiene bei Made in Austria
       
       Nach heftigen Dementis gab die Firmenleitung angesichts eindeutiger
       Beweislage zu, dass tatsächlich größere Mengen der begehrten Ware bei
       chinesischen Partnern in Auftrag gegeben worden seien. Andernfalls hätte
       man die Abnehmer nicht rechtzeitig beliefern können.
       
       Prompt nahmen die Supermärkte die Masken von Hygiene Austria unter
       Vorbehalt weiterer rechtlicher Schritte aus den Regalen. Die
       Bundesbeschaffungsgesellschaft BBG, die Parlament, Bundesbahn, Spitäler und
       andere öffentliche Einrichtungen mit Masken des Musterbetriebs beliefert
       hatte, suspendierte ihren Vertrag mit der Firma. Die Palmers-Aktie stürzte
       um zehn Prozent ab.
       
       Dass die Qualitätsstandards bei der chinesischen Ware laut Beteuerungen der
       Firmenleitung geprüft und den heimischen Kriterien entsprechend sei, half
       da auch nicht mehr. Betrug ist schließlich Betrug. Ironie der Geschichte:
       Möglicherweise sind die chinesischen Produkte sogar besser als die
       österreichischen. Darauf deutet eine Materialprüfung hin, die die Firma
       Swano-Tex vornahm.
       
       Auf der Suche nach heimischen Lieferanten hatte sich Hygiene Austria an
       diesen Textilbetrieb gewandt, ob er für sieben Cent pro Stück liefern
       könne. Swano-Tex Geschäftsführer Harald Fischl sah sich außerstande, zu
       heimischen Lohnkosten so billig zu produzieren. Außerdem habe das von
       Hygiene Austria vorgelegte Filtermaterial zu 15 Prozent nicht den Normen
       entsprochen.
       
       In den sozialen Medien machten gleichzeitig Berichte über ekelerregende
       hygienische Bedingungen bei Hygiene Austria die Runde. „Also falls jemand
       noch FFP2-Masken von Hygiene Austria hat, würde ich sie an eurer Stelle
       endgültig entsorgen“, [4][rät die Tweeterin ana_nym.] „Nicht wegen China,
       sondern wegen Austria“.
       
       5 Mar 2021
       
       ## LINKS
       
   DIR [1] /Coronamassnahmen-in-Oesterreich/!5754488
   DIR [2] /Warentest-Expertin-ueber-FFP2-Masken/!5754135
   DIR [3] /Corona-in-Oesterreich/!5741636
   DIR [4] https://twitter.com/ana_nym/status/1367499710689406981
       
       ## AUTOREN
       
   DIR Ralf Leonhard
       
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