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       # taz.de -- Dritte Pandemiewelle in Deutschland: AstraZeneca wird wieder verimpft
       
       > Wegen stark steigender Infektionszahlen wächst der Druck, Lockerungen
       > zurückzunehmen. Arztpraxen könnten früher eingebunden werden.
       
   IMG Bild: Vorbild: BaWü-Ministerpräsident Kretschmann wurde am Freitag mit dem AstraZeneca-Vakzin geimpft
       
       Berlin taz | Wie ernst die Lage derzeit ist, war daran zu sehen, wen
       Bundesgesundheitsminister Jens Spahn (CDU) zu seinem Freitagsauftritt in
       die Bundespressekonferenz mitgebracht hatte: den SPD-Gesundheitsexperten
       Karl Lauterbach, den angesichts seiner fachlichen Expertise viele derzeit
       lieber in Spahns Amt sehen würden. „Ich schätze seine Analysen“, sagte der
       Minister. Und auch Lauterbachs Auftreten machte deutlich, wie bedrohlich er
       die Situation sieht. Er verzichtete auf explizite Kritik an Spahn und
       betonte stattdessen: „Die Pandemiebewältigung ist keine Gelegenheit für
       Parteipolitik.“
       
       Dabei gab es zumindest eine gute Nachricht zu verkünden: Die Impfungen
       [1][mit dem Impfstoff von AstraZeneca], die Anfang der Woche wegen des
       Auftretens von gefährlichen Sinusvenenthrombosen gestoppt worden waren,
       gehen weiter. Die Europäische Arzneimittelbehörde hatte am Donnerstagabend
       ihre Position erneuert, dass der Nutzen des Impfstoffs weitaus höher sei
       als das Risiko. Sowohl Spahn als auch Lauterbach begrüßten diese
       Entscheidung ausdrücklich.
       
       Lauterbach widersprach zudem der Befürchtung, dass das Risiko für jüngere
       Frauen besonders hoch sei. Dass ein Großteil der Thrombosen in dieser
       Gruppe aufgetreten sei, könne auch daran liegen, dass der
       AstraZeneca-Impfstoff vor allem dort eingesetzt wurde. Zunächst war er nur
       für Menschen unter 65 aus der höchsten Prioritätsgruppe benutzt worden –
       darunter waren viele weibliche Pflegekräfte.
       
       Die Impfkampagne kann damit fast wie geplant weitergehen und in den
       nächsten Wochen an Tempo zulegen: Von zuletzt rund 1,5 Millionen soll die
       Zahl der wöchentlichen Impfungen auf rund 3 Millionen Anfang April und auf
       5,4 Millionen Ende April steigen. Das geht aus dem Beschlussentwurf für
       den Impfgipfel hervor, zu dem Bundeskanzlerin Angela Merkel und die
       Ministerpräsident*innen am Freitagnachmittag per Videokonferenz
       zusammenkamen.
       
       Dort sollte auch entschieden werden, ab wann in Arztpraxen geimpft wird.
       Dem Entwurf zufolge könnte das auf die Woche nach Ostern vorgezogen werden,
       zunächst allerdings nur mit etwa 20 Impfungen pro Praxis und Woche. An der
       bisherigen Impfreihenfolge soll dabei weitgehend festgehalten werden.
       
       ## Infektionen steigen exponentiell an
       
       Deutlich schlechtere Neuigkeiten als beim Impfen gibt es bei der
       Entwicklung der Infektionszahlen: Mit im Wochenmittel rund 12.000 ist die
       Zahl der täglich gemeldeten Neuinfektionen innerhalb einer Woche um 33
       Prozent gestiegen. „Das ist ganz deutlich exponentiell“, sagte der
       Vizepräsident des Robert-Koch-Instituts, Lars Schaade. Die Beschleunigung
       des Anstiegs gehe vor allem darauf zurück, dass die stärker ansteckende
       Mutation B.1.1.7 inzwischen für drei Viertel aller Infektionen
       verantwortlich sei.
       
       Die Einführung der kostenlosen [2][Schnelltests] spiele beim Anstieg
       dagegen keine große Rolle. „Es ist gut möglich, dass wir vor Ostern eine
       ähnliche Lage haben wie vor Weihnachten“, warnte Schaade. Damals wurden
       über 25.000 Neuinfektionen pro Tag registriert. Auch auf den
       Intensivstationen steigt die Zahl der Covid-19-Patient*innen wieder.
       
       Angesichts dieser Lage plädierte Lauterbach für die Rücknahme der
       bisherigen Lockerungen, und zwar möglichst kurzfristig. „Je früher man
       reagiert, desto kürzer wird der Lockdown“, sagte er. Auch Spahn äußerte die
       Erwartung, dass beim nächsten Bund-Länder-Gipfel am Montag Lockerungen
       zurückgenommen werden: „Alle Prognosen sagen uns, die Zahlen müssen
       runter.“ In Hamburg wurde bereits gehandelt: Nachdem der Inzidenzwert dort
       über 100 gestiegen ist, müssen Einzelhandel und Museen wieder schließen,
       [3][Schulen und Kitas bleiben aber geöffnet].
       
       19 Mar 2021
       
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