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       # taz.de -- Fußballländerspiel in Libyen: Kleiner Hoffnungskick
       
       > Im vom Bürgerkrieg gezeichneten Libyen findet erstmals nach sieben Jahren
       > ein Länderspiel statt. Der Fußball übt eine einende Kraft im Maghreb aus.
       
   IMG Bild: Vertraut: Mit Tunesien verbindet die libyschen Fußballer (hier in weiß bei einem Duell 2019) viel
       
       Am Donnerstagabend um 19 Uhr findet in Libyens zweitgrößter Stadt Bengasi
       ein historisches Fußballspiel statt. Die Nationalmannschaft des
       Bürgerkriegslandes empfängt die Auswahl des benachbarten Tunesiens im
       Rahmen der Qualifikation des nächsten Afrika-Cups, der 2022 in Kamerun
       stattfindet.
       
       Erstmals nach sieben Jahren bestreitet Libyens Nationalteam wieder ein
       Länderspiel auf heimischem Boden. Zuvor hatte der afrikanische
       Kontinentalverband CAF die Sicherheitswarnung für die Hauptstadt Tripolis
       und das unweit der ägyptischen Grenze gelegene Bengasi aufgehoben.
       
       Bis Ende letzten Jahres hatte die Armee des in Ostlibyen herrschenden
       Feldmarschalls Haftar versucht, Tripolis einzunehmen. Erst als die Türkei
       der Einheitsregierung in Tripolis mit Waffen und syrische Söldner zu Hilfe
       kamen, zog sich der von russischen und ägyptischen Militärberatern
       unterstützte Haftar zurück. Seit Januar ist der Krieg vorbei, [1][die neue
       Einheitsregierung von Premier Abdulhamid Dabeiba] versucht, die ost- und
       westlibyschen Kriegsparteien zu versöhnen. In dem Fußballspiel sehen viele
       Libyer einen Hoffnungsschimmer, dass der Krieg und die Spaltung des Landes
       Vergangenheit sind.
       
       Das libysche Nationalteam hatte zuletzt ihre Heimspiele in tunesischen und
       ägytischen Stadien bestritten. Zum entscheidenden Qualifikationsspiel gegen
       Südafrika kamen im März 2019 über 12.000 libysche Fans in die tunesische
       Hafenstadt Sfax, berichtet der tunesische Fußballexperte Suhail Khmira.
       „Auch für die meisten Tunesier ist Libyen ein völlig unbekanntes Land, aus
       dem man nach Gaddafi nur von Gewalt und Krieg hört. Die oft über 1.000
       Kilometer mit dem Auto über Frontlinien angereisten, friedlich feiernden
       libyschen Fußballfans haben damals viele Vorurteile abgebaut.“
       
       ## Großer Beitrag zur Versöhnung
       
       Am Mittwoch reisen nun die bereits für die Endrunde qualifizierten Tunesier
       an. Aufgrund der akut gestiegenen Zahl der Corona-Infektionen findet das
       Spiel ohne Zuschauer statt. Letzte Woche wurde ein Lockdown verhängt. Mit
       der Ankunft der südafrikanischen Variante des Coronavirus sind mehr junge
       Leute als zuvor erkrankt. Dennoch wollen sich viele Fans in Cafés oder
       privat treffen, um die Übertragung des Spiel zu sehen. Um sich für das
       Turnier in Kamerun zu qualifizieren, sollte das Team von Trainer Kamal
       Tarhouni die nächsten drei Qualifikationsspiele gewinnen.
       
       Doch auch bei gescheiterter Qualifikation habe die Mannschaft mehr zu der
       Versöhnung des Landes beigetragen als die meisten Politiker, erklärt
       Mohamed Khalil. Der Fußballfan aus Tripolis verfolgt wie viele seiner
       Freunde jedes Detail der Spielvorbereitung. Dass der Übertragungswagen des
       libyschen Sportfernsehens Al Rasmia aus Tripolis ohne Probleme die
       ehemalige Frontlinie bei Sirte passierte und Bengasi erreichte, beglückte
       den 33-Jährigen. Die 800 Kilometer lange Küstenstraße wurde erst letzte
       Woche von Minen befreit.
       
       Viele Spieler beider Teams kennen sich aus der tunesischen Liga.
       [2][Seitdem die CAF] dem tunesischen Verband erlaubt, algerische, libysche
       und ägyptische Spieler als Einheimische zu werten, stehen bei Ligateams wie
       Etoile, Esperance oder Africaine bis zu sieben Spieler aus den
       Nachbarländern auf dem Platz.
       
       Eigentlich dürfen ansonsten nicht mehr als drei Ausländer spielen.
       Sportjournalist Suhail Khamira sagt: „In Zeiten von Polarisierung und
       sozialen Problemen eint der Fußball den Maghreb stärker als jedes andere
       Projekt.“
       
       25 Mar 2021
       
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