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       # taz.de -- Neue Studie zu „Peak Meat“: Ab 2035 weniger Fleisch in Europa
       
       > Tofu und andere Ersatzprodukte werden 2035 rund 11 Prozent der Proteine
       > weltweit liefern, so Experten. Ein Grund: Skandale wie nun in Westfalen.
       
   IMG Bild: Ersatzprodukte könnten bis 2035 mindestens 11 Prozent des globalen Proteinmarktes erobert haben
       
       Berlin taz | Europa und Nordamerika werden einer neuen [1][Marktanalyse]
       zufolge spätestens 2035, vielleicht sogar schon 2025 den „Peak Meat“
       erreichen. Ab diesem Zeitpunkt werde der Konsum von herkömmlichen Fleisch-,
       Milch-, Ei- und Fischprodukten unumkehrbar sinken, schreibt die
       Unternehmensberatung Boston Consulting in einem am Mittwoch
       veröffentlichten Report.
       
       Ersatzprodukte auf Basis von Pflanzen, Mikroorganismen und tierischen
       Zellen – zum Beispiel Tofuwürstchen oder Fleisch aus Zellkulturen – würden
       2035 mindestens 11 Prozent des globalen Proteinmarktes erobert haben, so
       die Branchenanalyst*innen. Sollten sich die Technik zur Produktion der
       Ersatzprodukte noch schneller entwickeln und die Regierungen durch höhere
       Preise für Treibhausgasemissionen zum Beispiel Rindfleisch verteuern oder
       durch eine Umverteilung von Agrarsubventionen pflanzliche Produkte
       attraktiver machen, könne der Marktanteil bis 2035 sogar auf 22 Prozent
       steigen. Derzeit seien es nur 2 Prozent.
       
       Allein durch die Umstellung auf [2][Fleisch-] und Ei-Imitate auf
       Pflanzenbasis lassen sich demnach bis 2035 mehr als 1 Gigatonne CO2
       einsparen – das entspricht in etwa der Menge, die Japan pro Jahr erzeugt.
       
       Die tiefer liegende Ursache für das Wachstum der Alternativprodukte sehen
       die Berater*innen darin, dass immer mehr Menschen tierische
       Lebensmittel kritisch sehen – wegen Umwelt- und Tierschutzproblemen sowie
       Gesundheitsschäden durch zu hohen Fleischkonsum. Den Durchbruch werden
       Ersatzprodukte der Prognose zufolge schaffen, wenn sie genauso wie das
       Original schmecken, riechen, aussehen und zudem nicht mehr kosten. Diese
       Ziele würden Alternativlebensmittel bis 2023 (auf Pflanzenbasis), 2025 (aus
       Mikroorganismen) oder 2032 (aus tierischen Zellen gezüchtet) erreichen.
       
       Dass sich nun auch eine Unternehmensberatung wie Boston Consulting um
       Veggieburger kümmert, hat einen simplen Grund: Die Expert*innen stellen
       Investor*innen in Aussicht, von einem Markt für Ersatzprodukte zu
       profitieren, der 2035 rund 290 Milliarden US-Dollar groß sein werde.
       
       ## Tierquälerskandal in Westfalen
       
       Das Wachstum der Fleischalternativen befeuern könnten zwei Nachrichten,
       ebenfalls vom Mittwoch: Die Organisation „Soko Tierschutz“ teilte mit, sie
       könne anhand von Bildmaterial beweisen, dass in einem Schlachthaus im
       westfälischem Selm „an jedem Schlachttag systematisch Tiere bei vollem
       Bewusstsein geschlachtet wurden“. Die Behörden hätten davon seit fast 20
       Jahren gewusst. Erst jetzt ermitteln sie wegen des Verdachts des illegalen
       Schächtens Hunderter Rinder und Schafe. „Wir gehen nach bisherigen
       Erkenntnissen dem Verdacht nach, dass es neben dem regulären
       Schlachtbetrieb eine Linie gab, bei der in den frühen Morgenstunden ohne
       entsprechende Genehmigung Tiere illegal geschächtet wurden“, sagte ein
       Sprecher des Kreises Unna. In Abstimmung mit dem Landesamt für Umwelt,
       Natur und Verbraucherschutz habe man sich nach Hinweisen der
       Tierrechtsorganisation am vergangenen Donnerstag dazu entschlossen, den Hof
       zu schließen. Der Schlachthof ist der elfte deutsche Schlachtbetrieb, dem
       die Soko Tierschutz Verstöße vorwirft. Mehrere mussten geschlossen werden.
       
       ## „test“: Keime in Hühnerkeulen
       
       Die Stiftung Warentest fand in 10 von 17 untersuchten Hähnchenschenkeln
       antibiotikaresistente Keime, am häufigsten ESBL-bildende Bakterien. „Die
       machen oft nicht selbst krank, können ihre Resistenzgene aber auf
       gefährlichere Erreger übertragen. Erkranken Menschen an ihnen, könnten
       bestimmte Antibiotika versagen – mit fatalen Folgen“, so das
       aktuelle[3][test-Heft]. Sogar in Bioprodukten wurden die Tester fündig,
       obwohl Ökotiere nur einmal mit Antibiotika behandelt werden dürfen. Sie
       könnten zum Beispiel in einem Schlachthof kontaminiert worden sein, wo auch
       konventionelle Tiere getötet werden. Allerdings habe als einziges ein
       Bioprodukt sowohl bei der Fleischqualität als auch bei den
       Produktionsbedingungen etwa in puncto Tierschutz überzeugt.
       
       24 Mar 2021
       
       ## LINKS
       
   DIR [1] https://web-assets.bcg.com/a0/28/4295860343c6a2a5b9f4e3436114/bcg-food-for-thought-the-protein-transformation-mar-2021.pdf
   DIR [2] /Fleisch/!t5016412
   DIR [3] https://www.test.de/Haehnchen-im-Test-4612889-0/
       
       ## AUTOREN
       
   DIR Jost Maurin
       
       ## TAGS
       
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