URI: 
       # taz.de -- Puigdemont zu seinem Immunitätsentzug: „Politisch ist es weitreichend“
       
       > Der Entzug seiner Immunität zeige, dass das EU-Parlament zu sehr unter
       > dem Einfluss der Nationalstaaten stehe, sagt Kataloniens Ex-Präsident
       > Puigdemont.
       
   IMG Bild: Puigdemont in Brüssel. Ob Belgiens Behörden ihn nach Spanien ausliefern, ist ungewiss
       
       taz: Herr Puigdemont, das Europaparlament hat am Mittwoch Ihre
       [1][Immunität] und die zweier weiterer katalanischer Politiker aufgehoben.
       Was bedeutet das für Sie? 
       
       Carles Puigdemont: Für mich persönlich ist das keine neue Situation. Es
       wird das dritte Mal sein, dass ein Richter darüber entscheiden muss, ob ich
       ausgeliefert werde oder nicht. Politisch gesehen jedoch ist es sehr
       weitreichend. Es ist etwas geschehen, was nie hätte geschehen dürfen. Das
       Parlament hat ganz klar die Tür für die Verfolgung des politischen
       Dissidenten, des Unbequemen geöffnet. Wir werden fortan mehr
       Schwierigkeiten haben als der Rest unserer Kollegen, uns frei
       auszudrücken..
       
       Aber wie erklären Sie sich, dass eine Mehrheit der Abgeordneten Spaniens
       Justiz folgt? Die wirft Ihnen im Zusammenhang mit dem verbotenen
       Unabhängigkeitsreferendum 2017 einen Aufstand vor, während die Richter in
       Deutschland, Belgien oder Schottland dies für eine Auslieferung zuletzt
       nicht gegeben sahen? 
       
       Es stimmt, dass eine Mehrheit für die Aufhebung unserer Immunität gestimmt
       hat. Aber eine sehr solide, sehr starke Minderheit war dagegen. Das
       passiert normalerweise nie bei einen Antrag zur Aufhebung der Immunität.
       Ein Teil derer, die dafür gestimmt haben, sagen, dass sie damit nicht über
       unsere Schuld abgestimmt hätten. Sie glauben, dass es nicht Aufgabe des
       Europaparlaments ist, die Vorwürfe zu analysieren. So wie nicht alle, die
       gegen die Aufhebung stimmten, unser politisches Anliegen unterstützen,
       halten uns nicht alle, die dafür stimmten, des Aufstandes für schuldig. Es
       gab einen starken Druck der spanischen Delegationen in den drei großen
       Gruppen, den Sozialdemokraten, den Konservativen und den Liberalen, der
       verhindert hat, dass die Abgeordneten ihrem Gewissen folgten. Die
       Abstimmung hat gezeigt, dass das Europaparlament viel zu stark unter dem
       Einfluss der Nationalstaaten steht.
       
       Die spanische Außenministerin Arancha González Laya sprach nach der
       Abstimmung von Dialog. Sind Sie dazu bereit? 
       
       Zuerst einmal ist es ein Widerspruch in sich, dass ausgerechnet die
       Außenministerin Stellung zu einem Fall nimmt, von dem Spanien behauptet,
       dass es sich um eine interne Angelegenheit handelt, in die sich niemand
       einmischen dürfe. Und es ist schon etwas zynisch, dass sie uns Dialog
       anbietet, nachdem ihre Sozialisten in einer Abstimmung eine
       Schlüsselstellung einnahmen, mit deren Hilfe diese unbequemen,
       katalanischen Dissidenten ins Gefängnis gebracht werden sollen. Entweder
       bist du für einen Dialog oder für Haft.
       
       Sie haben angegeben, nach Brüssel gegangen zu sein, um den
       Katalonienkonflikt zu internationalisieren. Wie beurteilen Sie diese
       Entscheidung heute? 
       
       Bei [2][den Katalonienwahlen] vor drei Wochen wurden so viele Abgeordneten
       der Unabhängigkeitsparteien gewählt wie nie zuvor. Das heißt, alles, was
       wir getan haben, im Land und außerhalb, war für etwas gut. Und mit der
       Abstimmung über unsere Immunität ist etwas passiert, was es so noch nicht
       gab. 705 Europaabgeordnete haben abgestimmt und sich davor sachkundig
       gemacht. Wir haben also erreicht, was wir am Anfang unseres Exils
       angekündigt haben, das Thema Katalonien auf die europäische Agenda zu
       bringen. Unser vielschichtige Konflikt ist heute bekannter denn je. Immer
       mehr Menschen sind davon überzeugt, dass es besser ist, Politik zu machen,
       statt die Strafjustiz zu benutzen.
       
       Glauben Sie, dass Sie in den nächsten Jahren nach Katalonien zurück können? 
       
       Ich war in Katalonien …
       
       Ich rede nicht vom französischen Teil, ich rede von Ihrer Heimat, Amer in
       der Provinz Girona. 
       
       Das ist mein Traum – Freiheit für Katalonien und uns
       Unabhängigkeitspolitiker. Daran arbeiten wir. Deshalb sind wir in Brüssel
       und nicht wie der ehemalige spanischen König in einem Land, von dem aus er
       nicht ausgeliefert werden kann. (Anm. d. Red.: Der in der Schweiz von
       Justizermittlungen bedrängte Juan Carlos lebt seit 6 Monaten im
       Wüstenemirat Abu Dhabi.)
       
       10 Mar 2021
       
       ## LINKS
       
   DIR [1] /Katalanen-verlieren-Immunitaet/!5752514
   DIR [2] /Wahl-in-Katalonien/!5751965
       
       ## AUTOREN
       
   DIR Reiner Wandler
       
       ## TAGS
       
   DIR Carles Puigdemont 
   DIR Immunität
   DIR Katalonien
   DIR Europäisches Parlament
   DIR Spanien
   DIR Carles Puigdemont 
   DIR Spanien
   DIR Katalonien
   DIR Carles Puigdemont 
   DIR Katalonien
   DIR Katalonien
       
       ## ARTIKEL ZUM THEMA
       
   DIR Klage abgewiesen: Kleiner Dämpfer für Puigdemont
       
       Das Gericht der Europäischen Union hat eine Klage des Katalanen Puigdemont
       abgewiesen. Seine Immunität bleibt aber bestehen.
       
   DIR Nach Festnahme auf Sardinien: Puigdemont reist nach Brüssel
       
       Nach seiner Festnahme kehrt Kataloniens Ex-Regierungschef Carles Puigdemont
       nach Belgien zurück. Zu seiner Anhörung wolle er wieder nach Italien
       kommen.
       
   DIR Inhaftierte katalanische Politiker: Madrid plant Begnadigungen
       
       Spaniens Regierungschef plant, mehrere inhaftierte Unabhängigkeitspolitiker
       und -aktivisten aus Katalonien freizulassen. Dagegen regt sich Protest.
       
   DIR Neue Regierung in Katalonien: Koalition für die Unabhängigkeit
       
       Die Befürworter der Abspaltung von Spanien, die im Februar eine Mehrheit in
       Katalonien erzielten, haben sich auf eine Regierung geeinigt.
       
   DIR Katalanen verlieren Immunität: Puidgemont will Votum anfechten
       
       Die Europaabgeordneten entziehen Kataloniens Ex-Regierungschef und zwei
       Mitstreitern den parlamentarischen Schutz. Nun droht Streit vor Gericht.
       
   DIR Abstimmung im Europaparlament: Katalanen verlieren Immunität
       
       Das EU-Parlament hebt die Immunität dreier Abgeordneter auf, darunter
       Kataloniens Ex-Regionalchef Carles Puigdemont. Ihnen droht nun die
       Auslieferung.
       
   DIR Katalanen demonstrieren in Frankreich: Jenseits der Grenze
       
       Der ehemalige katalanische Regierungschef Puigdemont spricht vor
       Zehntausenden Anhängern. Er hält am Ziel der Unabhängigkeit von Spanien
       fest.