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       # taz.de -- Rechtsextremismus in Rumänien: Lobeshymnen auf Kriegsverbrecher
       
       > Der Parlamentsabgeordnete Sorin Lavric fällt wieder durch
       > pro-faschistische Reden auf. Als einziger reagiert ein Vertreter der
       > jüdischen Minderheit.
       
   IMG Bild: Mit Empörung reagierte lediglich der Abgeordnete Silviu Vexler, der die jüdische Minderheit im Parlament vertritt
       
       Berlin taz | „Die Verherrlichung von Kriegsverbrechern muss beendet
       werden!“. Unter dieser Schlagzeile veröffentlichte [1][das Nationale
       Institut zur Erforschung des rumänischen Holocaust „Elie Wiesel“] aus
       Bukarest am Dienstag eine Stellungnahme, in der sie das Parlament
       aufforderte, den profaschistischen Statements des Abgeordneten Sorin Lavric
       entgegenzutreten.
       
       Lavric (53) sitzt seit Dezember als Abgeordneter der rechtsradikalen
       Allianz für die Vereinigung der Rumänen (AUR) im Senat, dem Oberhaus des
       rumänischen Parlaments. In dieser Eigenschaft hielt er mehrere politische
       Ansprachen, in denen er Kriegsverbrecher und rumänische Faschisten
       glorifizierte.
       
       In seinen Reden bezeichnete er den als Kriegsverbrecher verurteilten
       Unterstaatsekretär Mircea Vulcănescu als einen Märtyrer des kommunistischen
       Regimes und christlichen Blutzeugen. Vulcănescu, der 1952 in der Haft
       starb, gehörte der [2][Regierung des Hitlerverbündeten Ion Antonescu] an
       und war maßgeblich an der praktischen Umsetzung der antisemitischen
       Gesetzgebung beteiligt.
       
       In einer weiteren Ansprache bezog sich Lavric auf Valeriu Gafencu, ein
       ehemaliges Mitglied der rumänischen Faschistenbewegung, der sogenannten
       Legion des Erzengels Michael (auch noch als Eiserne Garde bekannt). Der
       ebenfalls 1952 im Gefängnis verstorbene Gafencu wurde von dem Senator als
       „Gefängnisheiliger“ und als nachahmenswertes Beispiel christlicher
       Nächstenliebe gewürdigt.
       
       ## Kein Widerspruch
       
       In seiner Stellungnahme bedauerte das Elie-Wiesel-Institut, dass kein
       einziger Parlamentarier Lavric widersprochen habe. Im Gegenteil: Ein
       Abgeordneter der mitregierenden National-Liberalen Partei (PNL), Daniel
       Gheorghe, habe Lavric Schützenhilfe geleistet und die Würdigung eines
       Kriegsverbrechers begrüßt.
       
       Mit Empörung reagierte lediglich der Abgeordnete Silviu Vexler, der die
       jüdische Minderheit im Parlament vertritt. Vexler forderte seine Kollegen
       zu einem verantwortungsvollen Umgang mit den Opfern des Holocaust auf. Die
       Anwesenden hüllten sich in Schweigen. Die einzige Antwort auf diesen
       mahnenden Zwischenruf kam von Lavric. Im Tonfall antisemitischer
       Unterstellungen entgegnete er Vexler wörtlich: „Hier ist Rumänien, hier ist
       nicht der Gazastreifen“.
       
       Die Vorkommnisse im Parlament sind für rechtsradikale Publikationen und
       Splittergruppen ein gefundenes Fressen. Lavric, heißt es überheblich in der
       Gazette „Incorect Politic“, „ehrt das Opfer der Legionäre und zeigt, dass
       Juden die wahren Feinde Rumäniens sind“.
       
       Der vormals als Philosophiedozent an der Bukarester Universität und als
       Lektor eines renommierten Verlags tätige Lavric verbreitet seit Jahren
       ungestört seine frauenfeindlichen, geschichtsrevisionistischen, homophoben,
       rassistischen und antisemitischen Ansichten. Nun kündigte er forsch an, den
       Zyklus seiner „politischen Reden“ im Parlament fortzusetzen.
       
       Auf seiner Agenda stehen demnächst zwei weitere „Opfer“, ein Dichter, der
       insbesondere durch seine Legionärshymnen bekannt geworden war und ein
       orthodoxer Metropolit, der während des Holocaust in dem von den rumänischen
       Truppen besetzten Odessa residierte.
       
       10 Mar 2021
       
       ## LINKS
       
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       ## AUTOREN
       
   DIR William Totok
       
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