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       # taz.de -- Lobbyismus in der Union: „Anfälligkeit für Einflussnahme“
       
       > Der Obmann der Union im Landwirtschaftsausschuss hat nur noch 7 statt
       > rund 30 Nebenjobs. Reicht da die Zeit für das Bundestagsmandat?
       
   IMG Bild: Nicht mehr ganz so viele Nebenjobs: CDU-Agrarpolitiker Johannes Roering
       
       Berlin taz | Der wegen Interessenkonflikten und Ämterhäufung kritisierte
       CDU-Agrarpolitiker Johannes Röring hat die meisten seiner umstrittenen
       Nebentätigkeiten aufgegeben. Auf seiner [1][Internetseite] nannte der
       Obmann der CDU/CSU-Fraktion im Bundestagsausschuss für Ernährung und
       Landwirtschaft am Dienstag nur noch 7 statt wie früher ungefähr [2][30
       Nebentätigkeiten].
       
       Der Deutsche Bauernverband etwa bestätigte der taz, dass Röring keine
       Funktion mehr innerhalb der Organisation habe. Er war dort
       Präsidiumsmitglied und Vorsitzender des Fachausschusses Schweinefleisch,
       während er im Bundestag Gesetze für die Branche beschloss.
       
       Röring rangierte bislang unter den Top Ten der Bundestagsabgeordneten mit
       den höchsten Nebeneinkünften. Neben seiner Diät von rund 10.000 Euro pro
       Monat nahm er laut abgeordnetenwatch.de von Ende 2017 bis Juli 2020
       mindestens 693.000 Euro ein. Der [3][Naturschutzbund] nannte ihn als
       Beispiel dafür, wie eng die Landwirtschaftspolitik mit dem Bauernverband
       verflochten sei. Kritiker fragten, wie er bei so vielen Nebentätigkeiten
       noch sein Bundestagsmandat vollständig ausüben könne.
       
       Jetzt sagte Röring der taz: „Ich habe nur noch sehr wenige
       Nebentätigkeiten.“ Das liege vor allem daran, dass er die Präsidentschaft
       des Westfälisch-Lippischen Landwirtschaftsverbandes (WLV) abgegeben habe.
       „Wenn man dort Präsident ist, dann kriegt man wie ein Weihnachtsbaum alles
       Mögliche angehängt, was noch dazugehört“, so Röring. Da er diese Funktion
       nicht mehr habe, seien „natürlich alle anderen Ämter damit weggefallen“.
       
       Das betreffe seinen Posten im Kuratorium der Firma QS Qualität und
       Sicherheit, die das gleichnamige Prüfzeichen für Lebensmittel vergibt. Auch
       bei der Initiative Tierwohl sei er nicht mehr aktiv. Seinen Hof, von dem
       der Großteil der Nebeneinnahmen stammte, habe er vor zwei Jahren seinem
       ältesten Sohn vererbt, sagte Röring. Es habe sich auch immer nur um
       Einnahmen gehandelt, die zuweilen die Kosten nicht gedeckt hätten.
       
       ## Im Alter muss man sich sortieren
       
       Laut Rörings Internetseite ist er noch Vorsitzender der Stiftung
       Westfälische Landschaft, die zum Beispiel an Grundschulen Kinderbücher mit
       einem „realistischen“ Bild der Landwirtschaft finanziert. Sie ist aber laut
       Röring auch einer der wichtigsten Gesellschafter der Immobilienbank DZ Hyp,
       weshalb er immer noch im Aufsichtsrat dieses Hamburger Instituts sitze.
       Dafür kassierte er laut Bundestag 2019 mindestens 15.000 Euro.
       
       In gleicher Funktion und für rund 7.000 Euro pro Jahr ist Röring beim LVM
       Pensionsfonds tätig. Vorsitzender des Aufsichtsrats ist er hingegen beim
       Deutschen Bauernverlag, der zum Beispiel die [4][Bauernzeitung] für
       Ostdeutschland herausgibt. Dotierung: mindestens 7.000 Euro.
       
       Hat er sich wegen der Kritik an Interessenkonflikten zurückgezogen? „Nein.
       Nicht direkt“, antwortet Röring. „Aber ich bin wirklich in einem Alter, wo
       man auch ein bisschen sortieren muss.“
       
       Der 61-Jährige kämpft gerade darum, dass ihn die CDU auch für die
       Bundestagswahl im September wieder als Direktkandidat aufstellt. Die 36
       Jahre alte Schulleiterin [5][Anne König] tritt gegen ihn an. Hat er deshalb
       viele Nebentätigkeiten im Agrarbereich aufgegeben? Er bestreitet das, „weil
       ich das letztes Jahr gemacht habe, da war das ja überhaupt nicht bekannt,
       und ich war auch nicht davon ausgegangen, dass ich eine Gegenkandidatur
       bekomme“.
       
       „Herr Röring hat ausgemistet, aber noch immer lukrative Positionen in
       landwirtschaftlichen Versicherungen, Pensionsfonds, Verlagen und Banken“,
       sagte Friedrich Ostendorff, agrarpolitischer Sprecher der Grünen im
       Bundestag, der taz. Sie würden einflussreiche Agrarpolitiker engagieren,
       weil sie sich davon Vorteile versprächen. „Die Union hatte schon immer eine
       hohe Anfälligkeit für politische Einflussnahme, speziell in der
       Agrarpolitik hat das unrühmliche Tradition. Röring fährt runter, andere
       werden in seine Fußstapfen treten.“
       
       An der Dominanz von Landwirten unter den Agrarausschuss-Mitgliedern der
       Union hat sich derweil nichts geändert: Immer noch sind 62 Prozent der
       CDU/CSU-Abgeordneten selbst aktiver Teil der Branche, die sie regulieren
       sollen. Bei den Grünen und der FDP sind es 25 Prozent, bei der SPD, der AfD
       und der Linken 0 Prozent.
       
       17 Mar 2021
       
       ## LINKS
       
   DIR [1] https://www.johannes-roering.de/5_52_Ueber-mich.html
   DIR [2] https://www.abgeordnetenwatch.de/profile/johannes-roering/nebentaetigkeiten?sidejob_keys=&category=All&field_topics_target_id=&income_level=All&interval=All
   DIR [3] https://www.nabu.de/natur-und-landschaft/landnutzung/landwirtschaft/agrarpolitik/26321.html
   DIR [4] https://www.bauernzeitung.de/
   DIR [5] https://www.muensterlandzeitung.de/region/anne-koenig-und-johannes-roering-wollen-fuer-die-cdu-in-den-bundestag-plus-1606052.html
       
       ## AUTOREN
       
   DIR Jost Maurin
       
       ## TAGS
       
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