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       # taz.de -- Aktuelle Nachrichten in der Coronakrise: Corona-Marathon im „letzten Drittel“
       
       > RKI-Präsident hält Fallzahlen für inakzeptabel. Wissenschaftler
       > errechnen, Impfung aller Erwachsenen bis Ende Juli möglich. WHO entlastet
       > AstraZeneca.
       
   IMG Bild: Im Impfzentrum am Flughafen Tegel in Berlin
       
       ## Wieler: „Infektionszahlen nicht akzeptabel“
       
       Der Präsident des Robert-Koch-Instituts (RKI), Lothar Wieler, hält die
       aktuellen Infektionszahlen für nicht akzeptabel. „Die Fallzahlen haben sich
       seit einiger Zeit auf einem zu hohen Niveau eingependelt“, sagt Wieler. Die
       Zahl der Infektionen gerade unter Jüngeren nehme zu. Es gebe wieder mehr
       Ausbrüche in Kitas, die Zahl der Intensivpatienten steige wieder leicht.
       Der Kampf gegen die Pandemie sei ein Marathon: „Wir befinden uns im letzten
       Drittel – und das ist bekanntermaßen besonders anstrengend. Auch weil jetzt
       noch ein Wettlauf mit den Varianten hinzugekommen ist.“
       
       Bundesgesundheitsminister Jens Spahn warnt trotz immer mehr Impfungen vor
       Nachlässigkeit. „Die Lage bleibt angespannt. Die Zahlen steigen wieder“,
       sagt er. Die Virus-Mutanten breiteten sich weiter aus. Eine Chance böten
       aber in den nächsten Wochen immer mehr Schnelltests und auch Tests für zu
       Hause.
       
       Spahn kritisiert zudem unzureichende Informationen der
       Impfstoff-Produzenten zu den Lieferterminen. Außer von Biontech wisse man
       nicht, wann die Hersteller in den nächsten Monaten lieferten, sagt Spahn.
       Biontech habe im April gut neun Millionen Dosen zugesagt. Von AstraZeneca
       und Johnson & Johnson, dessen Wirkstoff gerade zugelassen wurde, gebe es
       solche belastbaren Aussagen nicht. Von Johnson & Johnson erwarte man
       frühestens Mitte bis Ende April Lieferungen. Vom US-Konzern soll
       Deutschland im zweiten Quartal insgesamt gut zehn Millionen Dosen erhalten,
       von AstraZeneca etwa 17 Millionen.
       
       Trotz aller Probleme bei der Impfstoff-Versorgung wäre es nach Berechnungen
       von Wissenschaftlern möglich, bis Ende Juli alle impfwilligen Erwachsenen
       in Deutschland mit einem vollständigen Impfschutz zu versehen. Dazu
       reichten rechnerisch sowohl die in den kommenden Wochen von der
       Bundesregierung in Aussicht gestellten Impfdosen als auch die Kapazitäten
       in Impfzentren, Hausarztpraxen und bei Betriebsärzten, erklärt das Institut
       für Makroökonomie und Konjunkturforschung (IMK) der gewerkschaftsnahen
       Hans-Böckler-Stiftung. Wenn die Impfstoffe in dem derzeit vorgesehenen
       Tempo geliefert und sofort vollständig verabreicht würden, könnten die
       mutmaßlich knapp 53 Millionen impfwilligen Erwachsenen rechnerisch sogar
       bis Ende Juni vollständig immunisiert werden.
       
       Regierungssprecher Steffen Seibert appelliert an die Bevölkerung, sich
       weiter strikt an die Corona-Auflagen zu halten und die Hygieneregeln zu
       befolgen. „Wir sollten uns immer bewusst sein, dass es in unserer Hand
       liegt, diese dritte Welle möglichst flach zu halten“, sagt Seibert in
       Berlin. „Das liegt an unser aller Verhalten.“ Mit Blick auf die nächsten
       Beratungen von Bundeskanzlerin Angela Merkel mit den Ministerpräsidenten
       der Länder am 22. März sagt Seibert: „Wir wollen nicht Öffnungen im großen
       Stil, die man dann wieder zurücknehmen muss.“ (reuters)
       
       ## WHO zu AstraZeneca: Kein Zusammenhang zu Todesfällen
       
       Die Weltgesundheitsorganisation (WHO) sieht nach eigenen Angaben keinen
       Zusammenhang zwischen dem Impfstoff von AstraZeneca und Todesfällen. Eine
       ursächliche Verbindung zwischen Blutgerinnseln und dem Vakzin sei nicht zu
       erkennen, sagt eine WHO-Sprecherin. Überhaupt sei bislang kein Todesfall
       bekannt, den eine Impfung gegen Covid-19 ausgelöst haben könnte. Dennoch
       sei ein WHO-Beratungsgremium damit beauftragt, die AstraZeneca-Berichte zu
       prüfen.
       
       Mehrere Länder haben die Impfungen nach Berichten über Blutgerinnsel
       ausgesetzt. Das RKI hatte darauf hingewiesen, dass es bei Millionen
       Impfungen gerade bei alten Menschen zeitliche Zusammenhänge geben könne.
       Ursächliche Zusammenhänge seien aber bis jetzt nicht bekannt. (reuters)
       
       ## Sieben-Tage-Inzidenz über 70
       
       Das Robert-Koch-Institut (RKI) meldet 12.834 neue Positiv-Tests. Das sind
       2.254 Fälle mehr als am Freitag vor einer Woche. Die Sieben-Tage-Inzidenz
       steigt von 69 am Vortag auf 72,4. Der Wert gibt an, wie viele Menschen je
       100.000 Einwohner sich in den vergangenen sieben Tagen mit dem Coronavirus
       angesteckt haben. Den neuen Angaben zufolge starben 252 weitere Menschen in
       Verbindung mit dem Virus. Damit erhöht sich die Zahl der gemeldeten
       Todesfälle auf 73.062. Insgesamt wurden bislang mehr als 2,53 Millionen
       Menschen positiv auf das Virus getestet.
       
       Die regionalen Unterschiede bei den Neuinfektionen sind weiter sehr groß.
       In Thüringen nahm der Inzidenzwert sehr stark auf 146,1 zu. Auch die
       grenznahen Landkreise in Bayern und Sachsen zu Tschechien verzeichnen sehr
       hohe Werte. In Tschechien hatte sich vor allem die ansteckendere
       Virus-Variante B.1.1.7 sehr schnell ausgebreitet. In den Grenzregionen soll
       deshalb verstärkt geimpft werden. Den niedrigsten Wert meldet
       Schleswig-Holstein mit 48. Auch dort ist der Wert in den vergangenen Tagen
       aber wieder gestiegen.
       
       In Nordrhein-Westfalen liegen mittlerweile wieder zehn Kommunen über der
       für Lockerungen relevanten Schwelle von maximal 100 Neuinfektionen pro
       100.000 Einwohner und Woche. Nach Angaben des Robert Koch-Instituts (RKI)
       vom Freitag überschritten Herne (140,6), der Märkische Kreis (138,9), der
       Kreis Düren (138,3), Remscheid (115,0), der Kreis Kleve (113,0), Hagen
       (112,9), der Oberbergische Kreis (107,7), Duisburg (106,1), Solingen
       (104,2) und Wuppertal (102,5) den kritischen Wert. Er gilt als
       Voraussetzung für Lockerungen, etwa beim Shoppen oder bei Ausstellungen.
       
       Auch landesweit stieg die Zahl der Corona-Neuinfektionen pro 100.000
       Einwohner binnen einer Woche weiter deutlich an. Das RKI bezifferte sie für
       NRW am Freitag mit 73,1. Am Donnerstag hatte die wichtige Kennziffer noch
       bei 69,9 gelegen. Den Behörden wurden insgesamt 2.798 neue Infektionen
       bekannt. Im Zusammenhang mit Corona starben weitere 41 Menschen.
       (reuters/dpa)
       
       ## Kritik an späterem Impf-Start in Praxen
       
       [1][Corona-Impfungen] wird es wohl erst ab Mitte April in größerem Umfang
       in den Arztpraxen geben – und das stößt auf Kritik. Vor allem die Hausärzte
       selbst fordern, die Impfungen zügig aus den Impfzentren in die Praxen zu
       verlegen. Gesundheitsminister Jens Spahn (CDU) verweist darauf, dass die
       Mengen der verfügbaren Impfstoffe dazu noch nicht ausreichen. So rechnet er
       frühestens Mitte April mit Lieferungen des Impfstoffes von Johnson &
       Johnson, der am Donnerstag in der Europäischen Union genehmigt wurde. Damit
       gibt es jetzt vier in der EU zugelassene Impfstoffe gegen Covid-19.
       
       Nach einer Empfehlung der Gesundheitsminister von Bund und Ländern sollen
       Impfungen in Praxen „frühestmöglich“, aber spätestens in der Woche vom 19.
       April starten. Verfügbarer Impfstoff soll jedoch weiter zuerst an die
       bestehenden regionalen Impfzentren der Länder gehen. Der
       CDU-Gesundheitsexperte Erwin Rüddel (CDU) kritisierte das. Er sagte der
       „Bild“ (Freitag): „Wir müssen jetzt alles verimpfen, was geht. Das klappt
       nur in Verbindung mit den Arztpraxen.“
       
       Nach Vorstellungen ihres Verbandes sollen die Hausärzte künftig komplett
       anstelle von Impfzentren gegen Covid-19 immunisieren. „Man mag die jetzt
       dort noch gebuchten Impftermine ja abarbeiten, aber parallel dazu muss das
       Feld der Impfungen endlich den niedergelassenen Ärztinnen und Ärzten
       überlassen werden“, sagte Verbandspräsident Ulrich Weigeldt der „Augsburger
       Allgemeinen“ (Freitag). „Die Praxen könnten sofort mit dem Impfen
       loslegen“, sagte er.
       
       In Bayern sollen Hausärzte schon in rund zwei Wochen Impfungen vornehmen.
       „Wir erwarten, dass die Impfstofflieferungen des Bundes die Arztpraxen in
       die Lage versetzen, ihren Patienten zum 1. April ein Impfangebot machen zu
       können“, erklärt Landesgesundheitsminister Klaus Holetschek. Geplant sei
       ein „Impfbündnis“ mit Ärzten, lokalen Impfzentren und Apotheken als
       Logistikpartner der Praxen. (reuters/dpa)
       
       Forderung nach Öffnung an Ostern 
       
       Die Hotels und Gaststätten in Deutschland fordern Öffnungen um die
       Oster-Feiertage herum. „61 Prozent unserer Betriebe plädieren für eine
       Öffnung noch vor Ostern“, sagt die Hauptgeschäftsführerin des Deutschen
       Hotel- und Gaststättenverband (Dehoga), Ingrid Hartges, der „Rheinischen
       Post“. „23,8 Prozent der Betriebe sprechen sich mit Blick auf die immer
       weniger werdende Vorlaufzeit für eine Öffnung direkt nach Ostern am 6.
       April aus.“ Von der nächsten Bund-Länder-Runde erwarte der Dehoga einen
       konkreten Fahrplan, wann unter welchen Voraussetzungen die Restaurants und
       Hotels wieder Gäste empfangen dürfen. „Der Endlos-Lockdown ist keine Lösung
       – nicht für die Unternehmer, nicht für die Beschäftigten“, sagt Hartges.
       (reuters)
       
       ## Druck auf AstraZeneca wächst
       
       Thailands Ministerpräsident Prayut Chan-o-cha und sein Kabinett haben sich
       vorerst gegen die Verwendung des AstraZeneca-Impfstoffs entschieden.
       „AstraZeneca ist immer noch ein guter Impfstoff, aber mit dem, was passiert
       ist, möchte das Gesundheitsministerium auf der Grundlage dieser Empfehlung
       die Verwendung des AstraZeneca-Impfstoffs vorübergehend verschieben“,
       erklärt Kiattiphum Wongjit, Staatssekretär des Gesundheitsministeriums.
       Thailands gesamte Impfstrategie ist stark von AstraZeneca abhängig. Das
       Medikament wird vor Ort von einer Firma produziert, die dem König des
       Landes gehört, wobei 61 Millionen Dosen für die thailändische Bevölkerung
       reserviert sind. Der lokal hergestellte AstraZeneca-Impfstoff soll jedoch
       nicht vor Juni fertig sein.
       
       Nach Dänemark und Norwegen setzt nun auch Rumänien den Einsatz einer Charge
       des Impfstoffes vom schwedisch-britischen Konzern AstraZeneca aus. Laut
       rumänischer Behörden sehe man den Verwendungs-Stop als extreme
       Vorsichtsmaßnahme: „Die Entscheidung, die entsprechende Charge unter
       Quarantäne zu stellen, wurde ausschließlich aufgrund des in Italien
       gemeldeten Ereignisses getroffen.“ Andere Dosen des Unternehmens würden
       aber weiterhin verwendet. Die Aussetzung soll andauern, bis die Europäische
       Arzneimittelagentur eine Untersuchung zu dem Fall abgeschlossen hat.
       
       Das US-Pharmaunternehmen Novavax gibt bekannt, dass sein Vakzin zu 96
       Prozent gegen das ursprüngliche [2][Coronavirus] und zu 86 Prozent gegen
       die britische Variante wirksam sei. Die Zahlen seien laut Unternehmen
       innerhalb einer Studie erhoben worden, die Novavax in Großbritannien
       durchführe. Damit sei das Unternehmen der Zulassung des Impfstoffs wieder
       einen Schritt nähergekommen. Das Vakzin könnte bereits im Mai für den
       Einsatz in den USA zugelassen werden, wenn die US-Behörden die Daten aus
       Großbritannien für ausreichend hielten, so das Unternehmen. (reuters)
       
       12 Mar 2021
       
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