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       # taz.de -- Neue Parteichefin der AfD Berlin: Brinker schlägt Beatrix von Storch
       
       > Kristin Brinker, die finanzpolitische Sprecherin der AfD-Fraktion, setzte
       > sich knapp gegen das „gemäßigte“ Lager durch. Weiterer Streit ist
       > vorprogrammiert.
       
   IMG Bild: Die Kampfabstimmung gewann Kristin Brinker (rechts); Beatrix von Storch (ausnahmsweise links) verlor
       
       Berlin taz | Kristin Brinker ist die neue Landesvorsitzende der AfD Berlin.
       Erst im vierten Wahlgang und der zweiten Stichwahl wurde sie am Samstag mit
       einer hauchdünnen Mehrheit von zwei Stimmen beim Landesparteitag im
       brandenburgischen Paaren gewählt. Brinker hatte ihre Kampfkandidatur gegen
       die radikalchristliche Bundestagsabgeordnete Beatrix von Storch [1][erst
       vor vier Tagen bekannt gegeben.] Sie konnte sich dabei der Unterstützung
       von ehemaligen Mitgliedern des Flügels sicher sein. Der angeblich
       aufgelöste Flügel gilt als weiterhin einflussreiche, extrem rechte Strömung
       innerhalb der AfD.
       
       Vor ihrer Wahl sprach Brinker davon, auch radikale Kräfte einbinden zu
       wollen. In ihrer Antrittsrede wiederholte sie das Versprechen unter dem
       Gejohle vieler Delegierter. „Wir brauchen einen Vorstand, der alle mit ins
       Boot nimmt“, sagte sie. Man müsse innerparteilichen Machtkämpfen ein Ende
       bereiten. Brinker ist finanzpolitische Sprecherin im Berliner
       Abgeordnetenhaus, sie gilt eigentlich als liberal-konservativ. Geholfen hat
       bei ihrer Wahl sicher, dass sie im vergangenen August die linke
       Bausenatorin Katrin Lompscher mit einer parlamentarischen Anfrage
       [2][indirekt zum Rücktritt gezwungen hatte].
       
       Die Wahl Brinkers ist vor allem eine Schlappe des alten Landesvorstands und
       [3][jetzigen Fraktionschefs Georg Pazderski], der vorgab, zusammen mit
       Beatrix von Storch einen gemäßigteren Kurs in der Berliner AfD fahren zu
       wollen, und stets um einen bürgerlichen Anstrich bemüht war. Die Aufgabe
       des neuen Landesvorstands ist es vor allem, in Kürze weitere Parteitage zu
       organisieren, um die Wahlversammlungen für die im September anstehenden
       Abgeordnetenhaus- und Bundestagswahlen zu organisieren.
       
       Das dürfte nicht ganz leicht werden: Proteste und Absagen hatten dafür
       gesorgt, dass die AfD anderthalb Jahre lange keinen Veranstaltungsort für
       einen Parteitag finden konnte und von mehreren Notvorständen geführt wurde.
       Auch deswegen fand der Landesparteitag im brandenburgischen Paaren im Glien
       statt. Dennoch versammelten sich am Samstagmorgen rund 300
       Gegendemonstrant:innen vor der landwirtschaftlichen Messehalle, in
       der die Berliner AfD-Mitglieder tagten.
       
       ## „Zerschlagenes Porzellan“
       
       Der knappe Wahlausgang spricht dabei Bände darüber, wie tief die Gräben
       innerhalb des Berliner Landesverbandes sind. In den ersten drei Wahlgängen
       ergab sich keine Mehrheit für eine der beiden Kandidatinnen unter den rund
       250 stimmberechtigten Delegierten.
       
       Dass der Landesverband mit der Wahl des neuen Landesvorstands noch
       keineswegs versöhnt ist, zeigte sich daran, dass Pazderski bereits kurz
       nach der Wahl nachtrat: „Frau Brinker hat in den vergangenen Monaten viel
       Porzellan zerschlagen und die Partei nachhaltig gespalten.“ Nun müsse sie
       Wunden kitten und „vor allem in kürzester Zeit drei Parteitage“ sowie
       anstehende Wahlkämpfe organiseren. Es klang nicht so, als wenn sie dabei
       auf die Hilfe von Pazderski und von Storch zählen könne.
       
       Dass sich vor allem radikale Kräfte im neuen Landesvorstand wohl fühlen
       dürften, demonstriert auch die Wahl von [4][Jeannette Auricht] zur
       stellvertretenden Vorsitzenden. Sie gilt als Flügel-Frau und hat in der
       Vergangenheit etwa [5][Björn Höcke] zu Wahlkampfveranstaltungen eingeladen.
       In ihrer Antrittsrede war sie dementsprechend auch nicht um Mäßigung
       bemüht. Vor ihrer Wahl sagte sie: „Wir werden den linken Mist in der Stadt
       davon fegen!“
       
       Als zweiter Stellvertreter wurde der ehemalige Sprecher und als eher
       wirtschaftsliberal geltende Bundestagsabgeordnete Götz Frömming gewählt. Er
       sprach davon, das Bildungswesen umkrempeln zu wollen, weil „in den Schulen
       unsere Kinder indoktriniert und vergiftet“ würden. Dritter Stellvertreter
       wurde [6][Ronald Gläser], ehemaliger Redakteur der neurechten Zeitung Junge
       Freiheit und Sprecher des Landesverbands. Er wolle künftig mehr mit rechten
       Bloggern zusammen arbeiten, wie er sagte. Ebenfalls einen Vorstandssitz
       errang Karsten Woldeit, innenpolitischer Sprecher der AfD im
       Abgeordnetenhaus und ehemaliger Berufssoldat.
       
       Stress dürfte dabei auch im neuen Vorstand vorprogrammiert sein: Der vom
       Brinker-Lager scharf kritisierte alte Schatzmeister Frank-Christian Hansel
       ist nach einer hauchdünnen Stichwahl wiedergewählt worden. Zuvor hatte
       dessen Gegenspieler, der Brinker-Vertraute Sebastian Maack, als
       Rechnungsprüfer der Partei dessen Buchhaltung zerpflückt. Diese sei nicht
       revisionssicher, hieß es, zudem fehlten Belege für mittlere fünfstellige
       Eurobeträge. Entlastet wurde der alte Landesvorstand dennoch. Wegen der
       Finanzen der Abgeordnetenhausfraktion läuft derzeit sogar [7][ein
       Rechtsstreit] zwischen Brinker und dem Pazderski-Lager.
       
       13 Mar 2021
       
       ## LINKS
       
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       ## AUTOREN
       
   DIR Gareth Joswig
       
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