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       # taz.de -- Neuwahlen in Spaniens Hauptstadtregion: Madrid muss im Mai an die Urnen
       
       > Die Regionalchefin wollte mit der Parlamentsauflösung einem
       > Misstrauensantrag zuvorkommen. Den Ciudadanos droht der Absturz.
       
   IMG Bild: Isabel Diaz Ayuso, Regionalpräsidentin von Madrid, wollte ihren Koalitionspartnern zuvorkommen
       
       Madrid taz/afp | Die Region rund um die spanische Hauptstadt Madrid wird
       zwei Jahre früher als geplant an die Urnen gehen. Das steht jetzt so gut
       wie fest, nachdem das zuständige Regionalgericht am Sonntag den Antrag der
       Opposition auf eine einstweilige Verfügung gegen die vorzeitige Auflösung
       des Parlaments durch die konservative Chefin der Regionalregierung, Isabel
       Díaz Ayuso, ablehnte.
       
       Ayuso hatte am Mittwoch mit ihrem Rücktritt und der Ausrufung einer Neuwahl
       Fragen über die Rechtmäßigkeit ihres Vorgehens aufgeworfen. Strittig war,
       ob der Schritt der Politikerin der konservativen Volkspartei (PP) überhaupt
       rechtlich zulässig war, da am Morgen zwei Misstrauensanträge eingereicht
       worden waren.
       
       Die beiden Oppositionsparteien, die in Spanien regierenden Sozialisten
       (PSOE) sowie die linksalternativ-ökologistische Regionalpartei Más Madrid
       (Mehr Madrid) hatten die Misstrauensanträge gegen Ayuso noch eingereicht,
       bevor das Dekret für vorgezogene Neuwahlen im Amtsblatt veröffentlicht
       wurde. Sie beharren darauf, dass damit die Parlamentsauflösung ungültig
       sei. Das Gericht wies dies zurück. Wichtig sei die Verkündung und nicht die
       Veröffentlichung im Amtsblatt.
       
       Auch wenn nach der Zurückweisung der Anträge auf einstweilige Verfügung in
       den kommenden Tagen beide Seiten gehört werden, wird sich daran, so
       Expertenmeinungen, nichts mehr ändern. Die Neuwahlen werden am 4. Mai
       stattfinden – anders als sonst an einem Wochentag.
       
       ## Auflösung des Parlaments kam völlig überraschend
       
       Die Auflösung des Parlaments durch Ayuso am vergangenen Mittwoch kam völlig
       überraschend und ohne jegliche Anzeichen für eine Krise in der
       Koalitionsregierung aus Ayusos konservativen Partido Popular (PP) und den
       rechtsliberalen Ciudadanos (Cs), die Dank der parlamentarischen
       Unterstützung durch die [1][rechtsextreme Vox] im Amt war.
       
       Es war eine Panikreaktion Ayusos, nachdem in der südspanischen Region
       Murcia eine ähnliche Koalitionsregierung auseinander fiel. Dort reichten
       die Sozialisten einen Misstrauensantrag ein. Die Rechtsliberalen kündigten
       an, dies zu unterstützen, um nach mehreren Korruptionsanschuldigungen einen
       Regierungswechsel herbeizuführen.
       
       Ayuso befürchtete, dass die Sozialisten versuchen könnten, auch in Madrid
       die Cs für einen Machtwechsel zu gewinnen. Im zentralspanischen Castilla y
       León und im südspanischen Andalusien hält eine Koalition aus PP und Cs
       derzeit ebenso wie im Rathaus von Madrid die Geschicke in ihren Händen.
       Ayuso hatte erklärt, sie habe mit der Auflösung des Parlaments einem
       Misstrauensantrag der Cs zuvorkommen und so „institutionelle Instabilität“
       verhindern wollen.
       
       Doch selbst in Murcia wird der Misstrauensantrag wohl scheitern. Denn die
       PP hat nur einen Tag, nachdem alle Cs-Regionalabgeordneten schriftlich
       einen Misstrauensantrag unterstützten, drei Rechtsliberale zum Übertritt
       bewogen. Sie werden mit Ministerposten in der Regionalregierung bedacht.
       
       ## Die Krise der Ciudadanos
       
       Die Fahnenflucht der drei wiederum beschleunigt die Krise in Cs. Immer mehr
       namhafte Mitglieder verlassen die junge Partei und treten zur PP über. Sie
       sehen in Cs keine politische Zukunft, die nach einem rasanten Aufstieg seit
       den letzten spanischen Parlamentswahlen Ende 2019 an Zuspruch verlieren. Im
       spanischen Parlament verlor Cs drei Viertel der Abgeordneten. Bei den
       [2][Regionalwahlen in Katalonien im Februar] schrumpfte die Fraktion von 36
       auf nur sechs Mitglieder zusammen. Aus der stärksten Partei der Region
       wurde über Nacht die Nummer 6.
       
       Die jüngste Entwicklung wird diesen Abwärtstrend wohl noch verstärken. In
       Madrid werden jetzt alle Parteien versuchen, die Wähler der bisher
       drittstärksten Kraft der Region abzugreifen. Laut ersten Umfragen könnte Cs
       unter der Fünf-Prozent-Hürde bleiben. Ayuso hofft, zusammen mit der
       rechtsradikalen VOX erneut regieren zu können.
       
       15 Mar 2021
       
       ## LINKS
       
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