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       # taz.de -- Polizei beendet Treffen in Privathaus: Bußgeld für Reichsbürger*innen
       
       > Bei einer Reichsbürger-Veranstaltung in Weyhe zeigte sich einmal mehr die
       > Überschneidung zwischen der Reichsbürger- und der Querdenker-Szene.
       
   IMG Bild: Mögen keinen Mund-Nasen-Schutz: Reichsbürger*innen, hier bei einer Demo in Potsdam im November 2020
       
       Eine große Veranstaltung sollte die Zusammenkunft im niedersächsischen
       Weyhe nicht werden. Am Samstag war das Treffen mit zwölf Personen aus elf
       Haushalten dennoch zu groß. Die Polizei schritt wegen Verstößen gegen die
       Pandemiemaßnahmen ein. Bei einer Privatperson sollte der US-amerikanische
       Professor William Toel vor einem ausgewählten Publikum referieren. Der
       bekennende „Patriot“ erklärt immer wieder, dass Deutschland durch die
       amerikanische Regierung ein „besetzte Land“ sei, und ruft „die Deutschen“
       dazu auf, sich „die Freiheit zu nehmen“. Sein Appell: „Hört auf
       zweitklassige Amerikaner zu sein, ihr seid erstklassige Deutsche.“
       
       Die Wahl des Referenten legt nahe, dass in dem Privathaus in der Gemeinde
       nahe Bremen Reichsbewegte zusammenkommen wollten. Das Reporternetzwerk
       Recherche Nord hatte das Treffen allerdings auf dem Schirm. Ihre
       Beobachtungen deuten darauf hin, dass den Reichsbewegten durchaus klar war,
       dass das Treffen in der Pandemie eigentlich verboten ist. Denn sie alle
       parkten ihre Autos nicht vor dem Haus im Ortsteil Leeste, sondern stellten
       sie anderswo ab. Bereits um 11 Uhr erschien die Polizei und beendete das
       Treffen.
       
       „Es wurden keine Abstände eingehalten und keine Mund-Nasen-Bedeckungen
       getragen“, begründete ein Polizeisprecher. Auf dem Tisch hätten neben
       Getränken und Snacks auch sogenannte Heilsteine gestanden. Der Hausherr und
       die Besucher*innen sollen keine nachvollziehbaren Gründe für das
       Treffen angegeben haben. Die Polizist*innen leiteten
       Ordnungswidrigkeitsverfahren gegen sie ein.
       
       An den Protesten gegen die Pandemiemaßnahmen der Bundesregierung und der
       Landesregierungen nehmen immer wieder auch Reichsbewegte teil. In diesem
       Milieu, zu dem überwiegend Männer ab 40 Jahre gehören, finden sich oft
       Reichsideen verwoben mit esoterischen Ansätzen und alternativer Medizin.
       
       Die Übergänge zwischen Reichsbürger*innen und dem Querdenken-
       beziehungsweise Coronaleugnungsspektrum sind fließend. Auch „Querdenken
       711“-Initiator Michael Ballweg hat sich in öffentlichen Reden auf
       reichsideologische Forderungen nach einem Friedensvertrag und einer neuen
       Verfassung bezogen. Ein Treffen mit dem selbsternannten König von
       Deutschland, dem Reichsbürger Peter Fitzek, bestärkte diese Ausrichtung –
       auch wenn das Treffen im November 2020 auch unter Querdenker*innen
       Kritik auslöste.
       
       Nach der Begegnung mit Fitzek erklärte Querdenken 711 in einer Mitteilung,
       dass sich die „Ideologie der Reichsbürger“ nicht „mit den Motiven der
       Querdenken-Initiative“ decke. Fitzek hingegen werde „fälschlicherweise der
       Reichsbürgerszene zugerechnet“.
       
       Da überrascht es nicht, dass man sich über „Demonstrations-Formate“ und
       „Schwächen von zinsbasierten Geldsystemen“ und „Alternativen zur
       Schulmedizin“ austauschte. Querdenken 711 wiederholte in der Mitteilung
       auch prompt die alte Forderung der Reichsbewegten: „Die Umsetzung von
       Artikel 146 des Grundgesetzes und einen Volksentscheid“.
       
       Dieser besagt: „Dieses Grundgesetz, das nach Vollendung der Einheit und
       Freiheit Deutschlands für das gesamte deutsche Volk gilt, verliert seine
       Gültigkeit an dem Tage, an dem eine Verfassung in Kraft tritt, die von dem
       deutschen Volke in freier Entscheidung beschlossen worden ist.“
       Distanzierung geht anders.
       
       1 Apr 2021
       
       ## AUTOREN
       
   DIR Andreas Speit
       
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