# taz.de -- Versagen der gehypten Corona-App: Luca-Nepp
> Die Luca-App zur Corona-Kontaktnachverfolgung ist fehleranfällig – und
> hat Sicherheitslücken, wie ein Trick von Jan Böhmermann gezeigt hat.
IMG Bild: Ist es die da? Smudo, Rapper der Fantastischen Vier, präsentiert die Luca-App
Sie sollte der Hoffnungsträger in der Bekämpfung der Coronapandemie sein:
d[1][ie Luca-App.] Scheinbar wie aus dem Nichts tauchte das Allheilmittel
für die Rückkehr in ein halbwegs normales Leben auf, kräftig promotet von
Fanta-4-Rapper Smudo. Denkwürdig war sein Auftritt in der Talkshow „Anne
Will“. Dort erzählte er gestandenen Politiker:innen, wie einfach der Weg
aus der Coronakrise sei.
Nämlich so: Im Club, im Shopping-Center, im Café einfach einen QR-Code von
der Einrichtung mit dem Smartphone einscannen und speichern. Wenn sich dann
später herausstellen sollte, dass eine mit Covid-19 infizierte Person auch
zur selben Zeit am selben Ort war, läuft eine Warnung über die App ein. Der
Clou: Die Gesundheitsämter können direkt auf die Daten zugreifen, um
potenziell Betroffene zurückzuverfolgen.
Dass man da nicht schon früher drauf gekommen war. Die Geschäftsidee klang
so simpel, einleuchtend und hätte der [2][sprichwörtliche Strohhalm] in
einer Zeit sein können, in der es keinen Ausweg aus dem tristen
Corona-Alltag zu geben schien, der bis heute oft ohne Sozialleben, ohne
spaßige Zusammentreffen mit anderen Menschen stattfindet.
Kurze Zeit später sprangen etliche Bundesländer auf den digitalen
Rettungszug auf. Allen voran Mecklenburg-Vorpommern, dann Berlin,
Thüringen, Baden-Württemberg, Niedersachsen. Mittlerweile haben 11
Bundesländer Interesse an der App. Bisher sind Schätzungen zufolge bereits
rund 10 Millionen Euro an das Unternehmen zugesagt.
## Eine Nacht mit dem Elefantenbaby
Bedenken von Datenschützer:innen wurden von vornherein weggefegt. Da
gebe es endlich ein Mittel, Öffnungen zu ermöglichen, und nun würde wieder
nur gejammert, hieß es. Ungehört blieben die Hinweise auf Sicherheitslücken
bei der Verschlüsselung, die Kritik an dem nur teilweise veröffentlichten
Quellcode, an falsch verwendeten Lizenzen.
Der Hype war da, maßgeblich angetrieben von Smudo, dem Deutsch-Rap-Star aus
längst vergangenen Tagen. Kein Wunder, dass die App nun auch darauf geprüft
wurde, was sie versprach. Wie anfällig die Anwendung ist, [3][zeigte
kürzlich Jan Böhmermann.] Nachts checkte er als „Michi Beck“ per QR-Code in
den Osnabrücker Zoo ein.
Er verbringe jetzt eine Nacht virtuell in Gedanken bei Elefantenbaby Yaro,
spöttelte der Comedian auf Twitter. Über 100 Personen folgten seinem
Aufruf. Keine davon befand sich tatsächlich in dem Zoo.
Auch der Journalist Enno Lenze hatte zu Testzwecken über Twitter zu einer
Party eingeladen. Über den QR-Code via Luca loggten sich innerhalb kurzer
Zeit rund 100.000 Nutzer:innen ein, später wurden es mehr als 600.000.
Wie Lenze auf Twitter mitteilte, konnte er alle Teilnehmer:innen sehen.
Auch „Polizei“ und „Penis“ gesellten sich zur Versammlung. Irgendwann
hängte sich die App auf. Es waren schlichtweg zu viele Check-ins.
## Keine schlüssige Kontaktverfolgung
Was die einfachen Tests zeigen: Der Zugang ist über einen abfotografierten
QR-Code möglich. Die Personen befanden sich weder im Zoo noch auf der
Party. [4][Falschangaben sind möglich]. Ähnliche Fälle gab es, als die
Kneipen noch offen waren und Kontaktlisten hinterlegt werden mussten. Namen
wie Winnetou und Mickey Mouse tauchten erstaunlich oft auf. Hinzu kommt,
dass der Zoo in Osnabrück rund 20 Hektar groß ist. Für das gesamte Gelände
gibt es nur einen QR-Code.
Eine schlüssige Kontaktverfolgung bei einer solchen Größe scheint
aussichtslos. Dabei gibt es doch bereits eine vom Bund mit großem Trara
geförderte App, die digital helfen soll, die Pandemie einzudämmen. Rund 60
Millionen Euro hat die Corona-Warn-App gekostet. Immerhin rund 20
Millionen Menschen nutzen sie bereits. O. k., auf die Kontaktverfolgung per
QR-Code wartet man derzeit noch.
Aber der Bund ist eben schwerfällig. Jedenfalls träger als ein
privatwirtschaftlich geführtes Unternehmen. Hinter der Luca-App steckt ein
Zusammenschluss aus dem Start-up Nexenio, einer Ausgründung des
Hasso-Plattner-Instituts, der Culture4life GmbH und der Fantastic Capital
Beteiligungsgesellschaft. Dahinter wiederum steckt die Fanta-4-Combo. Die
PR-Maschine der Luca-App hat blendend funktioniert. Diese selbst leider
nicht.
8 Apr 2021
## LINKS
DIR [1] /Debatte-nach-Luca-App-Einfuehrung/!5763945
DIR [2] /Solidaritaet-in-der-Coronapandemie/!5758831
DIR [3] https://twitter.com/janboehm/status/1379573411400286209
DIR [4] /Ueberwachung-gegen-die-Pandemie/!5738618
## AUTOREN
DIR Tanja Tricarico
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