# taz.de -- Unruhen in Nordirland: Heuchelnd ins Verderben
> Nordirland erlebt unruhige Nächte. Das hat mit dem Begräbnis eines
> IRA-Mannes zu tun – aber vor allem mit Tricksereien beim Brexit.
IMG Bild: Nationalisten kämpfen in Belfast mit der Polizei
An Heuchelei ist man in Nordirland schon lange gewöhnt. Aber dass
Premierministerin Arlene Foster und ihre Parteikollegen von der Democratic
Unionist Party (DUP) die Krawalle verurteilen, [1][die seit mehr als einer
Woche die Krisenprovinz erschüttern], ist mehr als dreist. Schließlich hat
Foster erheblich dazu beigetragen, die Situation anzuheizen.
Seit Ende vorigen Jahres, als das Nordirlandprotokoll als Teil des
Brexitvertrags unterzeichnet wurde, agitieren Foster und Co. dagegen, denn
Nordirland gehört weiterhin dem EU-Binnenmarkt an und muss sich an die
Zollregeln der EU halten. Das sei Verrat, schreien sie und malen den Teufel
– die Vereinigung Irlands – an die Wand. Manch unionistische
paramilitärische Verbände, die sich dem Drogenhandel zugewandt haben,
greifen das gerne auf, um unter dem politischen Deckmantel zum Widerstand
gegen die Polizeirazzien anzustacheln.
Foster appelliert zwar an die Achtung von Recht und Gesetz, stellt
gleichzeitig aber die Legitimität der Polizei in Frage. Sie verlangt den
Rücktritt des Polizeichefs Simon Byrne und verweigert jedes Gespräch mit
ihm, weil er nicht gegen die Sinn-Féin-Mitglieder vorgeht, die voriges Jahr
beim Begräbnis eines prominenten IRA-Mannes die Pandemie-Restriktionen
missachtet haben. Es ist zwar verständlich, dass das von unionistischer
Seite als zweierlei Maß gesehen wird, doch Fosters Äußerungen sind
indirekte Aufforderungen zur Gewalt.
Darüber hinaus war es die DUP, die seit Jahren sämtliche Alternativen zum
Nordirlandprotokoll per Veto verhindert hat – in dem naiven Glauben, dass
der britische Premierminister Boris Johnson zu seinem Wort stehen und
[2][Nordirland nicht dem Brexitvertrag opfern würde]. Langsam müssten auch
die Unionisten gemerkt haben, dass sie den Politikern in London völlig egal
sind. Die hatten die irische Frage während der Brexit-Verhandlungen gar
nicht auf dem Schirm und waren überrascht, dass die EU soviel Rücksicht auf
die kleine Nachbarinsel nahm. Das Momentum für die irische Vereinigung nahm
dadurch an Fahrt auf.
9 Apr 2021
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## AUTOREN
DIR Ralf Sotscheck
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