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       # taz.de -- Kampf um gleichgeschlechtliche Ehe: Etappensieg für queere Menschen
       
       > Ein japanisches Gericht erklärt die Ablehnung der gleichgeschlechtlichen
       > Ehe für verfassungswidrig, lehnt aber geforderte Entschädigung ab.
       
   IMG Bild: Demonstration für Gleichberechtigung in Sachen Eheschließung in Sapporo
       
       Tokio afp/dpa | Ein japanisches Bezirksgericht hat die fehlende rechtliche
       Anerkennung der gleichgeschlechtlichen Ehe für verfassungswidrig erklärt.
       Das Gericht in der nordjapanischen Stadt Sapporo erklärte am Mittwoch,
       gleichgeschlechtlichen Paaren den Zugang zu den Vorteilen der Ehe gänzlich
       zu verbieten, verletze das in der Verfassung garantierte Recht auf
       Gleichbehandlung.
       
       Japan hat als einziger Staat in der Gruppe der sieben großen
       Industrienationen (G7) die Homoehe noch nicht anerkannt. Als erstes Land in
       Asien hatte Taiwan 2019 die gleichgeschlechtliche Ehe erlaubt.
       
       Die oppositionelle Abgeordnete Kanako Otsuji, eine der wenigen offen
       homosexuellen Politikerinnen in dem Land, schrieb im Onlinedienst Twitter,
       sie sei „wirklich, wirklich froh“ über das Urteil. Sie forderte eine
       Gesetzesreform, „um gleichgeschlechtliche Ehen möglich zu machen“.
       
       Mehr als ein Dutzend Paare hatten 2019 vor mehreren Gerichten des Landes
       geklagt und der Regierung Diskriminierung vorgeworfen. Es war jetzt das
       erste Mal, dass ein Gericht ein Urteil fällte, ob die mangelnde Anerkennung
       der Ehe für alle gegen das verfassungsmäßig verbriefte Prinzip von Freiheit
       und Gleichheit verstößt.
       
       ## Langsamer Fortschritt in Japan
       
       Das Urteil könnte wegweisend für vier weitere gleichlautende Prozesse in
       Japan sein. Beobachter bezweifeln aber, dass sich der Gesetzgeber durch das
       Urteil in Sapporo dazu veranlasst sieht, Reformen einzuleiten.
       
       Doch allein schon, dass überhaupt in Japan für die Rechte von Lesben,
       Schwulen, Bisexuellen und Transgendern vor Gericht gezogen wird, weist auf
       langsame Fortschritte in dieser Frage hin.
       
       Gut ein Dutzend Gemeinden hatten in den vergangenen Jahren
       gleichgeschlechtliche Partnerschaften auf eigene Faust anerkannt. Die
       Eintragung solcher Partnerschaften ist zwar rechtlich nicht bindend, soll
       [1][betroffenen Paaren] jedoch helfen, Diskriminierungen im Alltag wie zum
       Beispiel bei der Suche nach Wohnungen zu vermeiden.
       
       Die Kläger in Sapporo hatten auch eine Entschädigung von einer Million Yen
       (rund 7.700 Euro) pro Person gefordert, weil ihnen Rechte versagt worden
       seien, die heterosexuelle Paare genießen würden. Das Gericht wies diese
       Forderung ab.
       
       ## Gericht: Homosexualität keine bewusst gewählte Kategorie
       
       Die Richter kamen jedoch zu dem Schluss, dass sexuelle Orientierung ebenso
       wie etwa das Geschlecht oder die Zugehörigkeit zu einer ethnischen Gruppe
       keine bewusst gewählte Kategorie sei.
       
       Aktivisten vor dem Gericht begrüßten das Urteil begeistert. Die Anwälte der
       Kläger erklärten, es handle sich um „einen großen Schritt hin zur
       Gleichberechtigung bei der Ehe“.
       
       Gleichgeschlechtlichen Paaren begegnen in Japan im Alltag zahlreiche
       Hürden, etwa bei der Wohnungssuche oder bei der Möglichkeit, sich während
       Krankenhausaufenthalten zu besuchen. Laut einer Umfrage der Zeitung Yomiuri
       im November unterstützen 61 Prozent der Japaner die Homoehe, 37 Prozent
       lehnen sie ab.
       
       17 Mar 2021
       
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