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       # taz.de -- Korruptionsverdacht bei Grammys: Das bisschen Symbolpolitik
       
       > Undurchsichtige Entscheidungen und Doppelmoral: Die Kritik an den Grammy
       > Awards wird lauter. Nun wurden auch noch sinkende Einschaltquoten publik.
       
   IMG Bild: R&B-Star The Weeknd, hier bei einem Auftritt in Berlin 2018, will die Grammys zukünftig boykottieren
       
       Schon lange vor der eigentlichen Preisverleihung hagelte es Kritik. Als
       dann in der Nacht auf Sonntag [1][zum 63. Mal die Grammy Awards in Los
       Angeles verliehen wurden], wurde es ernst. Der kanadische R&B-Star The
       Weeknd kündigte an, den hochdotierten Wettbewerb der US-Musikindustrie in
       Zukunft zu boykottieren. Begründung: Seine immens erfolgreiche Single
       „Blinding Lights“ sei von dem „korrupten Komitee“ gar nicht erst nominiert
       worden. Keinesfalls Verschwörungsgehabe eines schlechten Verlierers:
       Negative Presse bekommen die Grammys schon, seit die Preisverleihung 1959
       ins Leben gerufen wurde.
       
       Die zwei Hauptkritikpunkte: Das intransparente, nicht etwa von einer
       unparteiischen Jury, sondern direkt von anonymen Entscheidern der
       Musikindustrie bestimmte Auswahlverfahren und rassistische Vorurteile bei
       der Auswahl der Künstler:Innen.
       
       Die Grammy-Organisation gab sich dieses Mal erkennbar mehr Mühe, so wenig
       kontrovers wie möglich zu erscheinen – was sich auch an den bisherigen
       erstaunlich ehrfürchtigen Reaktionen der Presse zeigt. Obwohl mit
       „Folklore“ erneut ein Werk der US-Sängerin [2][Taylor Swift] zum „Album des
       Jahres“ gekürt wurde. Man vermisst bei den Preisgekrönten die aufregenden
       Unbekannten, wie sie etwa beim britischen Mercury-Preis immer wieder aus
       dem Hut gezaubert werden. Immerhin, ein großer Teil der Prämierten war
       weiblich, in der Kategorie „Best Rock Performance“ waren sogar
       ausschließlich Künstlerinnen nominiert.
       
       ## Generalverdacht Rassismus
       
       Außerdem gab, möglicherweise um dem Vorwurf von Rassismus entgegenzutreten,
       der Rapper Lil Baby mit seiner Black-Lives-Matter-Hymne „The Bigger
       Picture“ ein Intermezzo. So weit, so durchsichtig: Einerseits schmückt sich
       die Veranstaltung mit einer politischen Agenda, andererseits ging Lil Babys
       Song bei der Preisverleihung leer aus.
       
       Auch diese Doppelmoral hat Methode: Im #MeToo-Jahr 2018 schmückten sich die
       Grammys mit einer Performance der Pop-Künstlerin Kesha. Damals warf sie
       ihrem Produzenten Dr. Luke vor, sie sexuell missbraucht zu haben. 2021
       wurde Dr. Luke für seine Arbeit an Doja Cats Single „Say So“ nominiert, als
       sei nie etwas gewesen.
       
       Den performativen Aktivismus, wie er von [3][Black Lives Matter] getragen
       wird, setzt die US-Musikindustrie für sich ein, um ein bisschen
       Symbolpolitik zu machen, und sie kann damit auch Geld verdienen –
       schließlich sorgt ein Grammy-Gewinn für steigernde Verkaufszahlen. Auch The
       Weeknd kann sich seinen Boykott übrigens leisten, trotzdem hat er damit
       nicht unrecht.
       
       Bisher prallte jedwede Kritik an den Grammys ab – was bislang auch an den
       hohen Einschaltquoten lag. 2021 sind diese Quoten katastrophal
       eingebrochen: Nur noch 8,8 Millionen Zuschauer:Innen schalteten ein, 10
       Millionen weniger als im Vorjahr – so wenige wie noch nie zuvor.
       Vielleicht wird es 2022 ja doch interessanter.
       
       18 Mar 2021
       
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