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       # taz.de -- EU-Sanktionen gegen China: Brüssel teilt aus
       
       > Auch einzelne Personen kann die EU neuerdings sanktionieren. Sie geht
       > sogar gegen Handelspartner China vor. Nur ein Land bleibt verschont.
       
   IMG Bild: China und die EU trafen noch Handelsabkommen, jetzt folgt Sanktion auf Sanktion
       
       Brüssel taz | Erst Russland, nun China und Myanmar: Die Europäische Union
       hat sich für die Menschenrechte auf der ganzen Welt für zuständig erklärt
       und eine Welle von Sanktionen auf den Weg gebracht. Neben den genannten
       drei Ländern sind auch Nordkorea, Eritrea, Libyen und Südsudan betroffen.
       Das Nato-Mitglied Türkei hingegen wurde verschont.
       
       Die Strafen, die die EU-Außenminister am Montag in Brüssel beschlossen
       haben, sehen Reiseverbote und das Einfrieren von Vermögenswerten vor. Sie
       beruhen auf einem neuen EU-Gesetz, das im Dezember 2020 in Anlehnung an den
       amerikanischen Magnitsky Act beschlossen wurde und es EU-Staaten erlaubt,
       Sanktionen gegen Einzelpersonen zu verhängen.
       
       Bereits im Februar waren auf Grundlage dieser „globalen Sanktionsregelung“
       vier Russen bestraft worden, die für die Verurteilung des Kremlkritikers
       Alexej Nawalny verantwortlich sein sollen. Doch die gewünschte Wirkung
       blieb aus: [1][Nawalny wurde nicht, wie gefordert, freigelassen], sondern
       in ein berüchtigtes Straflager überstellt.
       
       [2][Nun trifft es vier chinesische Regierungsbeamte] in der Provinz
       Xinjiang, denen Mithilfe bei der Unterdrückung der Uiguren vorgeworfen
       wird. Zudem wurde der Chef der [3][Militärjunta in Myanmar], Min Aung
       Hlaing, mit Sanktionen belegt. Neun weitere hochrangige Militärvertreter
       sowie die Vorsitzenden der Wahlkommission erhielten Einreiseverbote und
       Vermögenssperren. Weitere Sanktionen gegen vom Militär kontrollierte Firmen
       sind für April geplant.
       
       ## China schlägt zurück
       
       Die Strafen zielten nicht auf die Menschen in den betroffenen Ländern,
       sondern auf die Verantwortlichen von Gewalt und Repression, sagte
       Außenminister Heiko Maas in Brüssel. Es gehe darum zu zeigen, dass es die
       EU mit der Einhaltung der Menschenrechte ernst meine.
       
       Allerdings ist es das erste Mal, dass die EU so massiv mit der
       „Sanktionskeule“ zuschlägt. Vor allem gegenüber China bedeutet der neue
       Kurs einen Bruch mit der bisherigen Linie. Seit der Niederschlagung der
       Proteste auf dem Pekinger Tiananmenplatz 1989 hatte es keine Sanktionen
       mehr gegeben.
       
       Noch Ende Dezember 2020 hatte die EU – auf Betreiben des damaligen
       deutschen Ratsvorsitzes – ein Investitionsabkommen mit China vereinbart.
       Von der Repression der Uiguren war damals in Berlin und Brüssel keine Rede.
       Die Menschenrechte sollten dem Geschäft nicht im Wege stehen, Kanzlerin
       Angela Merkel feierte den Abschluss als Erfolg.
       
       Nun droht jedoch ein Rückschlag. China hat als Reaktion auf EU-Sanktionen
       seinerseits Strafmaßnahmen gegen zehn Personen und vier Einrichtungen in
       Europa verhängt. Betroffen von den chinesischen Sanktionen sind unter
       anderem die deutschen Europaabgeordneten Reinhard Bütikofer (Grüne) und
       Michael Gahler (CDU) sowie das Mercator Institute for China Studies in
       Berlin. Dies dürfte die Beziehungen zu China schwer belasten.
       
       ## Ausnahme Türkei
       
       Eine Annäherung zeichnet sich hingegen mit der Türkei ab. Die
       EU-Außenminister kritisierten zwar die jüngsten Entwicklungen: Der
       Verbotsantrag gegen die prokurdische Oppositionspartei HDP und der
       [4][Austritt des Landes aus der Istanbul-Konvention zum Schutz von Frauen
       gegen Gewalt] seien „absolut die falschen Zeichen“, sagte Maas.
       
       Ursprünglich geplante neue Sanktionen wegen der umstrittenen türkischen
       Gasbohrungen im östlichen Mittelmeer wurden aber gestrichen. Am Donnerstag
       diskutiert der EU-Gipfel über die Türkei. Kanzlerin Angela Merkel will sich
       für ein neues Flüchtlingsabkommen und neue Wirtschaftshilfen einsetzen. Da
       würden Sanktionen nur stören.
       
       22 Mar 2021
       
       ## LINKS
       
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