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       # taz.de -- Grüne Spitzenkandidatur: Annalena Baerbocks Aufholjagd
       
       > Jetzt wird es ernst: Die Grünen wollen die K-Frage nach Ostern klären.
       > Kann Annalena Baerbock überhaupt noch Nein sagen?
       
   IMG Bild: Sie oder er?
       
       Robert Habeck sitzt am 9. Dezember 2017, einem Samstag im Advent, zu Hause
       mit seiner Ehefrau und seinen Söhnen beim Kaffee, sie spielen Siedler.
       Plötzlich klingelt sein Telefon, Annalena Baerbock ist dran. „Du, ich hab
       mir überlegt, ich kandidiere auch. Morgen läuft es bei dpa.“
       
       Der Anruf wirft Habecks Planung über den Haufen. Er will [1][in einem
       taz-Interview], das am Montag erscheinen soll, seine Kandidatur für den
       Bundesvorsitz bekannt geben. Sehnlichst wird seine Ansage in der Partei
       erwartet. Alle hoffen, dass der Vize-Ministerpräsident von
       Schleswig-Holstein endlich nach Berlin wechselt.
       
       Wer die Frau an seiner Seite sein soll? Interessiert kaum jemanden. Aber
       Baerbocks Anruf ändert alles.
       
       Habecks Coup rückt in den Hintergrund, Baerbock prescht an ihm vorbei, die
       Scheinwerfer richten sich auf sie. Wie er selbst später erzählt,
       verabschiedet er sich genervt vom Siedler-Spiel mit der Familie und
       verbringt den Rest des Tages am Telefon. Alle wollen wissen, was er von
       ihrer Kandidatur hält.
       
       Gut drei Jahre führen Baerbock und Habeck die Grünen nun gemeinsam. Sie tun
       das so harmonisch, wie es damals niemand für möglich hielt, bis heute sind
       nicht mal feinste Brüche im Verhältnis der beiden zueinander erkennbar.
       
       Aber die K-Frage schwebt bedrohlich über ihnen. Nach Ostern wollen sie
       klären, wer sich um das Kanzleramt bewerben wird. Das gleichberechtigte
       Traumduo wird dann automatisch zu einer Nummer 1 und einer Nummer 2. Und
       klar ist auch: Beide wollen den Job.
       
       Es gehe, bei aller Freundschaft, jetzt um die „Klärung der Machtfrage“,
       heißt bei den Grünen. Wie heikel das ist, zeigt schon die Aufschieberitis.
       Erst hieß es, die K-Frage werde nach der Baden-Württemberg-Wahl
       entschieden, dann sollte es Ostern sein, jetzt heißt es zwischen Ostern und
       Pfingsten.
       
       Um zu verstehen, wie traumatisch der Einschnitt wirken kann, muss man noch
       einmal zurückblicken: Als Baerbock und Habeck als Duo im Amt starteten, war
       er der unangefochtene Star. Schriftsteller, Doktor der Philosophie, von den
       Medien gefeiert als nachdenklicher Politiker, der einen ganz neuen Stil
       prägt. Baerbock war ein No-Name, eine unbekannte Bundestagsabgeordnete aus
       Potsdam, Schwerpunkte Europa und Klimaschutz.
       
       Hätte man damals gefragt, wer bei der Bundestagswahl 2021 KanzlerkandidatIn
       werden soll, wäre man ausgelacht worden. Annalena … wer? Heute liegt die
       Sache anders. Die Frage lautet nicht mehr: Kann sie es? Sondern eher: Kann
       sie überhaupt noch Nein sagen?
       
       Baerbock hat viele UnterstützerInnen in der Partei. Sie, sagen jene,
       besitze die innere Härte, die Belastbarkeit, die Klarheit für den
       Spitzenjob – und habe die Fähigkeit, alle Fäden zusammenzuhalten. Was die
       Leute nicht dazu sagen, aber meinen: Baerbock wäre besser in dem Amt als
       Habeck.
       
       Die K-Frage war lange ein gelungener Werbestunt, der den Grünen viele
       Zeitungstexte bescherte, in denen die Wörter Baerbock, Habeck und
       Kanzleramt vorkamen. Perfekt. Aber jetzt wird es ernst. Aus dem Märchen ist
       eine realistische Variante geworden, seitdem die CDU im Niedergang ist.
       
       Bei den Grünen haben sich die Gewichte verschoben. Baerbock hat sich mit
       Ausdauer, Kompetenz und einer ordentlichen Portion Chuzpe aus Habecks
       Schatten herausgearbeitet. Sie hat sich strategisch ein hartes Themenfeld
       nach dem anderen erschlossen, die Flüchtlings-, die Außen- und die
       Verteidigungspolitik. Sie hat ihn bei der Zahl der Talkshow-Auftritte
       überholt, das bessere Ergebnis bei der [2][Wiederwahl des Vorstandes]
       eingefahren.
       
       Nicht nur Baerbocks Fans bei den Grünen loben sie überschwänglich. Führende
       CDU-Politiker sagen öfter ihren Namen, wenn es darum geht, wen sie für
       besonders gefährlich halten. Das kann natürlich Kalkül sein, who knows. Und
       ja, Baerbock ist eine Frau, was in einer feministischen, die Quote
       hochhaltenden Partei immer ein Faktor ist.
       
       Frauen haben bei den Grünen traditionell den ersten Zugriff, auf Ämter, auf
       Listenplätze, auf Redezeit. [3][Bei Anne Will] hat Habeck das neulich auf
       etwas verquaste Art formuliert. Wenn Baerbock „als Frau sagen würde, ich
       mache es, weil ich eine Frau bin – und die Frauen haben das erste
       Zugriffsrecht – dann hat sie es, natürlich“.
       
       Aber, auch das sagen alle, ausschlaggebend solle das Geschlecht natürlich
       nicht sein. Es ist also kompliziert.
       
       Aber greift Baerbock auch zu? Sagen wir es so: Müsste man wetten, würde man
       nicht mehr auf Robert Habeck setzen. Aber nicht, weil Annalena Baerbock
       eine Frau ist, sondern weil sie Annalena Baerbock ist.
       
       Ein Freitagvormittag im März, eine Industriehalle im Berliner Westhafen,
       Baerbock und Habeck sitzen auf einer grünen Bühne vor einer rohen
       Backsteinmauer. Sie trägt ein knallrotes Kleid, er die Uniform jugendlich
       wirken wollender Politiker: dunkles Jackett mit weißem Hemd, den obersten
       Knopf offen. Es ist ein entscheidender Termin, [4][die ParteichefInnen
       stellen den Entwurf für das Bundestagswahlprogramm vor]. 136 Seiten, auf
       denen steht, wie die Grünen die Republik verändern wollen. Die
       optimistische Überschrift: Alles ist drin.
       
       Beide schauen ernst, sammeln sich. Sie wissen, dass jede Geste unter dem
       Brennglas beobachtet wird. „Alles klar“, sagt Habeck leise und schaut zur
       Pressesprecherin hinüber. „Soll ich anfangen?“ Was nun folgt, ist eine Art
       Ballett. Habeck startet mit seinem Input, dann folgt Baerbock, dann wieder
       er, sie endet, alles säuberlich austariert.
       
       Auch als die JournalistInnen Fragen stellen, wechseln sie sich ab.
       Professionell vorgetragene Harmonie. Kein Journalist fragt nach der
       Kanzlerkandidatur. Normalerweise interessieren sich
       HauptstadtjournalistInnen brennend für Personalien, die Details der
       Schuldenbremse sind weniger sexy. Die Pressekonferenz wirkte, als „ließe
       eine Horde Alkoholiker das Schnapsregal links liegen und prostete sich
       stattdessen mit veganen Proteinshakes zu“, [5][schrieb der Spiegel danach].
       
       Baerbock und Habeck haben die JournalistInnen einfach müde gequatscht.
       Monatelang wiederholten sie auf Fragen nach der Kanzlerkandidatur die immer
       gleichen Phrasen, so dass selbst hartnäckigsten BerichterstatterInnen das
       Ganze zu blöd wurde.
       
       „Wir sind in der wunderbaren Lage, zwei exzellente KandidatInnen zu haben“,
       sagt Agnieszka Brugger, die Verteidigungsexpertin der Bundestagsfraktion.
       „Annalena und Robert können bei dieser Entscheidung keinen Fehler machen.“
       Solche Sätze sagen alle Grünen, mit denen man telefoniert. Aber so einfach
       ist es nicht.
       
       Die Klärung der K-Frage ist für die Grünen in etwa so brisant wie der
       Nahostkonflikt. Sonst sehr thesenstarke PolitikerInnen ringen einem das
       heilige Versprechen ab, sie auf keinen Fall zu zitieren. Sie sagen, jede
       Silbe werde gerade in die eine oder andere Richtung gedeutet. Auch anonyme
       Einschätzungen werden nachträglich geändert und angepasst, nichts soll
       schieflaufen.
       
       Anruf bei Jürgen Trittin, der vergleichsweise heiter klingt, vermutlich
       trägt die Lage der Union dazu bei. Worauf kommt es bei Baerbocks und
       Habecks Entscheidung an? „Die Frage ist, was die Erzählung für den
       Wahlkampf ist“, antwortet er nach kurzem Nachdenken. „Der Titel unseres
       Grundsatzprogramms lautet: ‚Veränderung schafft Halt‘. Zwischen den Polen
       bewegen sich die Narrative.“
       
       Trittin ist einer der ausgebufftesten Politiker, den die Grünen haben. Er
       war Bundesminister für Umwelt, Naturschutz und Reaktorsicherheit und lange
       Fraktionschef, er stand in dem brutalen Wahlkampf 2013 an der Spitze, als
       Grünen in Fußgängerzonen wegen der Pädophiliedebatte vor die Füße gespuckt
       wurde. Er deutet nicht mal an, wen er besser fände. Aber denkt man seinen
       Ansatz weiter, landet man bei einer interessanten Analyse.
       
       Ein Baerbock-Wahlkampf sähe nämlich etwas anders aus als ein
       Habeck-Wahlkampf, auch wenn beide nach der Entscheidung betonen werden,
       dass sie weiter auf Augenhöhe und partnerschaftlich unterwegs seien. Habeck
       stünde näher bei „Veränderung“. Neben seiner sechsjährigen
       Regierungserfahrung als Landesminister wird von vielen als Stärke gesehen,
       dass er nach der ermüdenden Merkel-Ära ein neues Kapitel aufschlüge.
       
       Habeck spricht anders als ein klassischer Politiker, lädt Politik
       philosophisch auf. Damit berührt er Menschen. Auch die Gabe, Zweifel
       zuzulassen und auszudrücken, wirkt angesichts der Komplexität der Probleme
       wohltuend ehrlich.
       
       Manchmal geht unter, wie konsequent Habeck an seinen Schwächen arbeitet. Um
       den Vorwurf zu kontern, er interessiere sich nicht für Spiegelstriche,
       friemelt er sich in knäckebrottrockende Themen hinein, etwa die
       Finanzpolitik. Heute tritt er am liebsten im Sakko auf, die Zeiten von
       gebatiktem, aus der Hose hängendem Hemd und Cowboystiefeln sind vorbei.
       
       Auch allzu penetrante Selbstdarstellung vermeidet Habeck inzwischen. Auf
       [6][seinem Instagram-Account] veröffentlicht er keine intim anmutenden
       Einblicke mehr. Die Wildpferde im Naturschutzgebiet Schäferhaus dürfen an
       Gräsern und Klee schnuppern, aber ganz bestimmt [7][nicht mehr am
       Grünen-Vorsitzenden]. Stattdessen gibt es Bilder von Habeck bei der
       Betriebsbesichtigung, im Bürgergespräch, bei Anne Will. Man kann dem Mann,
       der nie ein klassischer Politiker werden wollte, bei der Politikerwerdung
       zusehen.
       
       Trotz solcher Wandlungen: Habeck vermittle am ehesten den Eindruck, mit dem
       Politikbetrieb wenig am Hut zu haben, sagen seine Fans. Dieser Typus war in
       den USA oder in Frankreich sehr erfolgreich, siehe Obama oder Macron.
       [8][Die Zeit zitierte neulich einen anonymen Grünen] aus der erweiterten
       Führung mit der Einschätzung, mit Baerbock als Spitzenkandidatin lande man
       zwischen „17 und 19 Prozent“, mit Habeck zwischen „14 und 24 Prozent“.
       
       Baerbock wäre in dieser Denke der langweilige, aber sichere Bausparvertrag,
       Habeck das Lotterielos, mit dem man verlieren, aber auch den Hauptgewinn
       holen kann. Das führt zu einer Überlegung, die bei den Grünen im
       allertiefsten Keller vergraben liegt.
       
       Ist nur mit Habeck das Kanzleramt drin, auch wenn die Kandidatur des Mannes
       die Grünen in Rechtfertigungsnöte brächte? Schließlich hielt Habeck stets
       ein bisschen Distanz zur eigenen Partei, eine Kunst, die auch die
       erfolgreichsten Grünen überhaupt beherrsch(t)en, Joschka Fischer und
       Winfried Kretschmann. Baerbock hingegen ist Grüne durch und durch, lebt und
       liebt die Partei. Zieht er deshalb mehr in der bürgerlichen Mitte?
       
       Für diese These ließen sich vor einem Jahr Belege finden, heute ist das
       Bild unklarer. In Beliebtheitsumfragen liegen Baerbock und Habeck dicht
       beieinander. [9][Laut Politbarometer] trauen ihm 28 Prozent zu, das Zeug
       zum Kanzler zu haben – bei ihr sind es 25 Prozent. In einer Forsa-Umfrage
       sah es neulich ähnlich aus. Beide lagen übrigens vor Olaf Scholz und Armin
       Laschet. „KABOOOOMMM“, [10][twitterte die Europaabgeordnete Terry Reintke].
       
       Aber funktioniert Habecks Pathos auf Dauer? Schon jetzt ist er
       angeschossen, wird über seine komplizierten Formulierungen auf Twitter
       gespottet.
       
       Zurück zu den Polen, auf die Trittin am Telefon hinwies. Baerbock stünde
       nämlich eher für „Halt“. Sie macht weniger Fehler als Habeck, ist
       faktensicherer. Wer mit ihr über das 1,5-Grad-Ziel streiten will, kann sich
       auf einen einstündigen Vortrag gefasst machen und auf zwei, drei SMS im
       Nachgang, mit denen sie sichergehen will, dass man es auch wirklich
       verstanden hat.
       
       Baerbock rufe nachts um eins an, weil sie einen völkerrechtlichen Vertrag
       gelesen und eine Detailfrage habe, erzählte mal eine Abgeordnete. Das ist
       eher Modell Merkel, aber mit mehr Veränderung. „Die Deutschen suchen nach
       einem Jahr chaotischer Coronapolitik nach Verlässlichkeit“, sagt eine gut
       vernetzte Grüne. „Das bedient eher Annalena.“ Die These, dass mit Habeck
       mehr drin sei, halten ihre UnterstützerInnen für „Quatsch“. Baerbock stelle
       schnell Nähe zu Menschen her, stehe für den Typus der mitten im Leben
       stehenden Politikerin, sei auch als Mutter von zwei kleinen Töchtern gerade
       für Frauen ein Role-Model.
       
       Kurzer Gegencheck in der feministischen Außenwelt. Margarete Stokowski
       antwortet innerhalb weniger Minuten, wenn man sie per
       Twitter-Direktnachricht um ihre Meinung bittet. „Ich stimme mit Baerbock
       politisch bestimmt nicht in allen Punkten überein, aber mein politisches
       Vertrauen in die Grünen wär komplett aufgebraucht, wenn es Habeck wird“,
       schreibt sie.
       
       Das Charisma, das viele bei ihm sähen, komme bei ihr nicht an. „Ich sehe da
       nur einen von sich überzeugten Typen, der behauptet, feministisch zu sein,
       und dann nicht mal von alleine im entscheidenden Moment den richtigen
       Schritt macht, nämlich zu sagen: Wenn eine Frau es genau so kann, dann soll
       sie es machen.“ Drei Pünktchen pulsieren in dem Twitter-Fenster, Stokowski
       tippt. „Ich meine, Putin setzt sich halbnackt auf Pferde, Habeck legt sich
       angezogen drunter, das nimmt sich für mich nicht so viel in punkto
       männlicher Inszenierung.“
       
       KABOOOOMMM.
       
       Stokowski ist nicht irgendwer. [11][Ihre Kolumne auf Spiegel Online] hat
       eine enorme Reichweite, [12][auf Twitter] folgen ihr fast 140.000 Menschen.
       Sie ist die Stimme einer jungen Generation von Feministinnen, die erwarten,
       dass alte weiße Männer Platz machen.
       
       Aber die Frage ist, ob aus dieser Erwartung Konsequenzen folgen würden,
       wenn sie enttäuscht wird. Dass grünenaffine Frauen die Partei wegen einem
       Kanzlerkandidaten Habeck nicht wählen, sondern lieber Scholz-SPD oder
       Linkspartei, ist eine steile These.
       
       Allerdings lauert hier eine Falle für Baerbock. Wenn sie zugreift, werden
       manche sagen, dass sie es nur geworden sei, weil sie die Frau sei. Diesen
       altbackenen Vorwurf versuchen die Grünen schon jetzt zu kontern. „Natürlich
       ist das Frauenargument ein starkes, das ist bei der Konkurrenz – Laschet,
       Söder, Scholz, Lindner – doch offensichtlich“, sagt Jürgen Trittin. „Aber
       es ist nicht allein entscheidend.“
       
       Franziska Brantner, europapolitische Sprecherin der Bundestagsfraktion,
       sagt: „Mich nervt es, wenn jemand sagt, Annalena müsse es machen, weil sie
       die Frau sei. Das reduziert sie auf ihr Frausein, und das wird weder ihr
       noch anderen Frauen in Spitzenpositionen gerecht.“ Auch Claudia Roth, grüne
       Bundestagsvizepräsidentin, regt sich über die Debatte auf. „Mich nervt die
       patriarchale Begleitmusik in manchen Medien“, sagt sie am Telefon. In einem
       Kommentar habe sich ein Journalist etwa gefragt, ob Annalena überhaupt
       wolle. Roth lacht. „Das würde beim Mann so nicht gefragt, da wird einfach
       angenommen, dass es so ist.“
       
       Wobei man der Fairness halber hinzufügen muss, dass die Reflexe bei den
       Grünen etwas anders sind. Wer als Mann in der feministisch geprägten Partei
       wichtig werden will, darf seinen Machtanspruch nicht allzu offensiv
       formulieren. Habeck hat diese Demut perfektioniert. Auch seine Unterstützer
       sind maximal vorsichtig. Winfried Kretschmann wagte es im November 2019 zu
       sagen, dass er Habeck besser fände, weil er ein Kommunikator sei und über
       Exekutiverfahrung verfüge. Er musste öffentlich zurückrudern.
       
       Baerbock dagegen zeigte zuletzt erneut, dass sie bereit ist. Vor gut einer
       Woche ließ sie sich im Spiegel und in der Süddeutschen Zeitung fast
       zeitgleich zitieren mit dem Satz, dass es dann doch „ein kleiner Stich ins
       Herz“ wäre, wenn sie verzichten würde. Selbst diese größtmögliche Emotion
       und vermeintliche Offenheit ist perfekt kontrolliert, von der Pressestelle
       autorisiert und mundgerecht verpackt.
       
       Sie hat kein Problem mit klassischen Machtgesten. Sie verkündete im
       Dezember [13][in der Bild am Sonntag], dass sie sich das Kanzleramt
       zutraue. Das Foto dazu: Baerbock im feuerroten Mantel und mit schwarzer
       Atemschutzmaske stützt sich mit beiden Armen lässig in einer Aufzugtür ab.
       Hätte Habeck sich so dominant hingestellt, hätte ihn seine Pressesprecherin
       zurückgepfiffen.
       
       Am vergangenen Samstag treffen sich Schleswig-Holsteins Grüne zu einem
       digitalen Parteitag. Es geht auch um die Aufstellung der Landesliste für
       die Bundestagswahl. Robert Habeck bewirbt sich um Platz 2, den besten
       Männerplatz. „Führung heißt nicht „Ich, ich, ich“, Führung heißt nicht, der
       Erste sein zu wollen, Führung heißt nicht, alles besser können zu wollen“,
       sagt er. „Führung heißt, das Beste und das Kreativste, das Stärkste und das
       Mutigste in anderen zu wecken und groß werden zu lassen.“
       
       Seine Sätze lassen sich auf zwei Arten deuten. Einerseits als Appell an
       Baerbock. Oder als vorsichtige Vorbereitung des eigenen Rückzugs. Nach der
       Rede dürfen Delegierte Fragen stellen. Eine Frau weist Habeck auf die rein
       männlichen Bewerber der anderen Parteien hin. Dann fragt sie ihn: „Warum
       hältst du nach wie vor an der Option fest, Kanzlerkandidat zu werden, und
       wie stehst du in Folge zu den Gleichstellungszielen unserer Partei?“
       
       Habeck antwortet: „Erlaubt es mir, dass ich auf diese Frage heute nicht
       eingehe.“ Die Frage werde in vertrauten Gesprächen geklärt. Habeck ist noch
       nicht bereit, das Feld zu räumen.
       
       4 Apr 2021
       
       ## LINKS
       
   DIR [1] /Robert-Habeck-und-seine-Kandidatur/!5465066
   DIR [2] /Gruene-Bundesvorsitzende-bestaetigt/!5642426
   DIR [3] https://www.daserste.de/information/talk/anne-will/videosextern/anne-will-nach-den-landtagswahlen-in-baden-wuerttemberg-und-rheinland-pfalz-100.html
   DIR [4] /Gruene-stellen-Wahlprogramm-vor/!5759747
   DIR [5] https://www.spiegel.de/politik/deutschland/annalena-baerbock-robert-habeck-und-die-gruenen-k-frage-ein-kleiner-stich-ins-herz-a-b09924a5-34ca-45af-9624-b82905eb73cd
   DIR [6] https://www.instagram.com/robert.habeck/?hl=de
   DIR [7] https://www.instagram.com/p/CCYHHf7AOXl/?hl=de
   DIR [8] https://www.zeit.de/2021/11/robert-habeck-gruene-kanzlerkandidatur-bundestagswahl
   DIR [9] https://www.zdf.de/nachrichten/politik/politbarometer-sonntagsfrage-union-verliert-corona-100.html?slide=1616689575238
   DIR [10] https://twitter.com/TerryReintke/status/1374661060205162498
   DIR [11] https://www.spiegel.de/impressum/autor-4822ad43-0001-0003-0000-000000021963
   DIR [12] https://twitter.com/marga_owski?ref_src=twsrc%5Egoogle%7Ctwcamp%5Eserp%7Ctwgr%5Eauthor
   DIR [13] https://www.bild.de/politik/inland/politik-inland/gruenen-co-chefin-im-interview-kommt-deutschland-2021-noch-an-den-gruenen-vorbei-74537764.bild.html
       
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