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       # taz.de -- Abwasser in Jordanien: Zurück auf Blau
       
       > Die lebenswichtige Oase von Azraq wird von Abwasser und Müll bedroht.
       > Eine Technologie mit Schilf könnte das Dreckwasser reinigen.
       
   IMG Bild: Abeer Zghoul hat zuhause mit dem schlechten Abwassersystem zu kämpfen
       
       Ein Holzsteg führt über das Gewässer, in dem sich knallgrüne Algen an der
       Oberfläche sammeln. Im Wasser schwimmen Sirhan-Kärpflinge, graue Fische mit
       schwarzen Streifen. Dieser Fisch ist einzigartig, er existiert nur hier, im
       Naturreservat in Azraq, einer besonders fruchtbaren Stelle in der Wüste von
       Jordanien, das eines der wasserärmsten Länder der Welt ist.
       
       „Azraq“ ist die arabische Bezeichnung für „Blau“ und der Name einer Stadt
       rund 100 Kilometer östlich der Hauptstadt Amman, unweit der Grenze zu
       Saudi-Arabien. Die Stadt sitzt auf einem der größten Grundwasserbecken
       Jordaniens. Einst war dieser artenreiche Fleck in der Wüste daher eine
       Oase. Bis zu eine halben Million [1][Zugvögel] rasteten in dem Feuchtgebiet
       auf ihrem Weg zwischen Europa und Afrika, rund 70 verschiedene Vogelarten
       brüteten dort in den Bäumen.
       
       Doch die Oase [2][trocknet aus]. Der Grund: die exzessive Nutzung des
       Grundwassers. Ein Viertel des Trinkwassers in der jordanischen Hauptstadt
       stammt aus Azraq. Private Firmen bauten Brunnen und schlagen aus dem
       Wasserverkauf Profit. Landwirt*innen bewässern damit ihre Felder, es
       gibt über 1.000 illegale Brunnen. Und auch das Naturreservat benötigt
       Wasser. Die Anlage ist zu großen Teilen ein Replikat des einstigen
       Feuchtgebiets. 1994 beschloss die Königliche Naturschutzgesellschaft
       (RSCN), dass jährlich 1,5 Millionen Kubikmeter Frischwasser in den
       geschützten Sumpf gepumpt werden sollen, um die komplette Austrocknung zu
       verhindern und das Reservat wiederherzustellen.
       
       Doch die Leute beschwerten sich: Wieso gebt ihr das Wasser den Fischen
       statt uns? Also gab es statt 1,5 Millionen nur 600.000 Kubikmeter jährlich
       – zu wenig, um das Reservat in seiner ursprünglichen Ausdehnung nachbilden
       zu können. „Was wir hier sehen, sind nur 10 Prozent des einstigen
       Feuchtgebiets“, erzählt der Manager des Reservats, Hazem Haresha. Der
       36-Jährige ist in großer Sorge um die schwindende Natur. Und die übermäßige
       Wassernutzung ist nicht das einzige Problem: Über 2.000 Haushalte in Azraq
       wissen nicht, wohin mit ihrem Abwasser.
       
       Abeer Zghoul lebt seit ihrer Geburt in Azraq. Sie hat seit 14 Jahren mit
       ihrem Mann und drei Kindern eine Mietwohnung in der Stadtmitte. Die Wände
       ihres Heims hat sie liebevoll gestrichen, das Wohnzimmer zieren
       Mosaiksteine. Doch Zghoul hat die Lust daran verloren, die Wände zu
       gestalten. „Jedes Jahr müssen wir einen Teil renovieren“, sagt sie
       frustriert. Feuchtigkeit zieht aus dem Boden in die Grundfesten des Hauses.
       Im Treppenhaus brechen sich dunkle Schlieren Bahn durch die karamellfarbene
       Strukturpaste.
       
       Zghoul ist sicher, dass die Nässe aus dem Loch vor und unter dem Haus
       stammt. Immer wenn sie duscht oder wäscht, fließt das Schmutzwasser in
       diese Grube, „seit 40 Jahren wurde sie nicht geleert!“. Langsam sackt der
       Boden unter dem Haus ab, und Zghoul hat Angst, dass der Boden vor dem
       Hauseingang nachgibt, wenn ihre Kinder darauf spielen: „Es betrifft die
       ganze Nachbarschaft. Erst letzte Woche ist das Dreckwasser übergelaufen,
       und das Haus nebenan ist seit einer Weile nicht mehr bewohnbar.“ Ein
       Nachbar leitet den Schlauch seiner Waschmaschine direkt auf die Straße. Die
       Senkgruben zu reinigen ist den Hausbesitzer*innen zu teuer.
       
       Der Bauingenieur Mohammad Talafha arbeitet seit über zwei Jahren in der
       Region. „In Azraq gibt es kein Abwassernetz. Haushalte, Schulen und sogar
       Behörden haben nur Gruben, die manchmal wie ein unterirdischer Tank sind,
       oder ein Loch, das in den Boden gegraben ist. Etwa 80 Prozent der Gruben
       sind unversiegelt. Das bedeutet, dass das Abwasser in den Boden sickert und
       das Grundwasser zu verschmutzen droht.“
       
       ## Dreckwasser landet in der Wüste
       
       Der 29-Jährige ist Feldkoordinator bei der deutschen
       Entwicklungsorganisation Borda und spricht daher häufig mit den Anwohnern.
       „Wir haben die Leute gefragt, ob sie die Klärgrube abgeschlämmt haben, und
       viele haben gesagt: Nein. Sie dachten, das Wasser würde von der Natur
       aufgenommen und verschwände. Viele wissen gar nicht, wo das Abwasser
       hingeht. Ich verurteile sie nicht dafür. Als Bürger haben wir ein Recht auf
       sanitäre Anlagen und Kanalisation.“
       
       Sechs Kilometer außerhalb der Stadt liegt Basalt auf sandigem Wüstenboden.
       In der Sonne glitzern Wasserpfützen, in denen sich Fäkalien sammeln. Ein
       knallorangefarbener Laster fährt in die Einöde. Der Fahrer steigt aus und
       zieht einen langen schwarzen Schlauch in den hellbraunen Sand. Wie eine
       kleine Fontäne entlädt sich das Dreckwasser aus dem Tank in die Wüste.
       Solche Lkws saugen alle zwei Wochen Abwasser aus den wenigen versiegelten
       Gruben von Azraq. Damit verhindern sie zwar Überschwemmungen, verschmutzen
       aber ebenfalls das Grundwasser – nur weiter draußen.
       
       Ingenieur Talafha steht mit Wanderschuhen im Schlamm. „Hier entsorgen sie
       das Abwasser und dort stapelt sich der Müll“, sagt er und zeigt auf
       aufgetürmte gefüllte Plastiktüten. „Und schau, dort rechts befinden sich
       die Frischwasserbrunnen.“ Täglich landen rund 120 Kubikmeter Dreckwasser
       unmittelbar in der Nähe des Frischwasserreservoirs. Die Trucks gehören
       nicht nur privaten Unternehmen, sondern auch der Gemeinde. Die Firmen
       verlangen knapp 30 Euro für die Wasserentsorgung, die Gemeinde nimmt
       umgerechnet nur 12 Euro.
       
       Saud al-Sayadi ist gewählter Repräsentant von Nordazraq im Stadtrat. Der
       30-Jährige steht auf dem sandigen Zufahrtsweg zu dem Ablageort. „Ja, die
       Abwasserentsorgung ist illegal“, gesteht er ein. „Die Regierung hat uns
       mehr als einmal gesagt, dass wir die Entsorgung stoppen sollen. Aber das
       können wir nicht, weil es zu viel kosten würde. Es gibt also im Moment
       keine Lösung, außer es hier zu loszuwerden.“
       
       Das nächste Klärwerk ist ungefähr 100 Kilometer entfernt. „Wenn wir das
       Wasser dorthin bringen, kostet die Entsorgung knapp 120 Dinar (140 Euro).
       Das können sich die Leute in Azraq nicht leisten“, erklärt al-Sayadi das
       Dilemma. „Wenn es so weitergeht, bekommen wir ein großes Umweltproblem.
       Deshalb wollen wir eine Kläranlage.“ Eine Kläranlage könnte nicht nur das
       Grundwasser vor Verschmutzung schützen, sondern auch die kostbaren
       Frischwasserressourcen schonen.
       
       Um die Planung einer solchen Anlage kümmert sich die [3][Bremer
       Nichtregierungsorganisation Borda]. Sie hat sich auf Sanitärversorgung
       spezialisiert und arbeitet seit 2019 an einer nachhaltigen Lösung für
       Azraqs Abwasserproblerm. „Wir möchten die illegale Deponie schließen“,
       erklärt Borda-Koordinator Talafha. Er steht an einer Schnellstraße zwischen
       Nord- und Südszraq und zeigt auf ein sandiges Feld mit ein paar trockenen
       Sträuchern. „Diese Gegend war einmal grün, und wir wollen diese grüne
       Oberfläche zurückbringen.
       
       Hier soll ein Feuchtgebiet entstehen, in dem das Abwasser gereinigt wird“ –
       eine Pflanzenkläranlage, in der Schilfgräser, Basaltsteine und Sand das
       Wasser säubern. „Dann kann das Wasser zur Begrünung einheimischer Pflanzen
       und eingeschränkt in der Landwirtschaft genutzt werden.“ Die Kläranlage
       soll über ein Abwassernetz mit den Haushalten verbunden werden und sich in
       die Landschaft integrieren. Talafha freut sich: „Wir haben eine
       naturbasierte Anlage geplant. Darauf wird Schilf wachsen und sie wird
       begehbar sein.“
       
       Die Idee [4][der Abwasserbehandlung durch natürliche Bodenfilter] hatte die
       deutsche Botanikerin Käthe Seidel in den 50er Jahren. Sie war überzeugt
       davon, dass Wasserpflanzen wie Schilf und Flechtbinsen Abwässer klären
       können. Nach ihrem Modell wird das Abwasser in Kiesbecken geleitet, in
       denen es mithilfe von Bakterien, die sich im Wurzelbereich der Pflanzen
       bilden, von Fäkalien und chemischen Abfallstoffen gereinigt wird. Das
       Verfahren wird bereits in den Vereinigten Arabischen Emiraten genutzt.
       Gerüche treten nicht auf, weil es keine chemischen Reaktionen wie in
       herkömmlichen Klärwerken gibt, bei denen sich stinkende
       Schwefelverbindungen bilden können.
       
       ## Stillstand und Skepsis
       
       Doch was wie die Lösung des Abwasserproblems klingt, ist noch immer nicht
       gebaut worden. Zunächst herrscht Stillstand infolge der Coronapandemie, und
       dann muss die Bevölkerung überzeugt werden. Die Kläranlage sorgte für
       mächtigen Ärger. Zu viele NGOs seien bereits gekommen, hätten
       Versprechungen gemacht und seien wieder gegangen, erzählt
       Gemeinderatsmitglied Nofa al-Fayez. Die 52-Jährige war stellvertretende
       Bürgermeisterin und leitet heute eine gemeinschaftsbasiert Organisation.
       „Viele NGOs haben uns Jobs und Entwicklung versprochen. Aber das ist nicht
       passiert. So sollten in einem landwirtschaftlichen Projekt Bohnen angebaut
       werden. Doch das Projekt wurde nicht abgeschlossen, weil es im Sommer sehr
       heiß wird und die Klimaanlagen fehlten, um die Gewächshäuser zu kühlen.“
       
       Eine andere Organisation versprach Müllentsorgung – doch passiert sei
       nichts, und die Leute fragten sich, wo das versprochene Geld sei. „Das
       Problem mit den NGOs ist, dass sie viel Geld in Studien, Bewertungen und
       Training stecken. Außerdem wollen sie speziell [5][Geflüchtete in den
       Camps] in der Nähe unterstützen. Aber wir brauchen gemeinsame Projekte, von
       denen alle profitieren.“
       
       Selbst die, denen das Projekt nutzen sollte, sahen sich als Verlierer. Als
       ein jordanischer Journalist fälschlicherweise schrieb, dass mit dreckigem
       Wasser Obst und Gemüse bewässert werden sollte, eskalierte die Situation:
       „Das hat das Ansehen solcher Projekte ruiniert. Viele Bauern waren nicht
       mehr bereit, das behandelte Wasser zu benutzen“, sagt Borda-Mitarbeiter
       Talafha.
       
       Auch Meshaal Shoshan war skeptisch, als er von der Kläranlage hörte. Er ist
       Landwirt und führt über sein Feld: Auf dem sandigen Boden wachsen
       Olivenbäume, in einem kleinen Beet sprießt Kohl. Ein Stall beherbergt
       sieben Kühe, hinter einem Holzzaun blöken Ziegen. Früher wuchsen hier
       Mandelbäume, Pfirsich-, Aprikosen-, Pflaumen- und Apfelbäume. Doch sie
       benötigten zu viel Wasser. Nach und nach musste der Bauer den Anbau
       einstellen, 2012 hat er auch die Traubenranken entfernt. „Wir haben erst
       auf Klee umgestellt, weil wir damit nicht viel Geld fürs Pflügen ausgeben.
       Aber auch das hat zu viel Wasser verbraucht. Jetzt betreiben wir saisonale
       Landwirtschaft“ – Gerste im Winter, Mais ab April.
       
       Zwischen den kargen Feldern verlaufen dicke Schläuche. Sie führen zu einem
       Betonplateau mit Aluminiumrohren und einer Pumpe. Die führt 45 Meter in die
       Tiefe – ein Brunnen, den Shoshan selbst gebaut hat. Eine Messuhr zählt, wie
       viel Wasser er dem Boden entnimmt, entsprechend zahlt er dem Staat dafür.
       „Das Wasser ist teuer, und die Landwirtschaft bringt kaum mehr Geld ein.“
       
       Zunächst befürchtete Shoshan, die geplante Kläranlage könnte seinem Betrieb
       schaden. „Ich kannte die technischen Einzelheiten nicht, anfangs hatte ich
       Angst und viele Fragen: Wie funktioniert das? Wie wird das Wasser
       behandelt? Wenn wir an solchen Anlagen vorbeifahren, stinken sie
       normalerweise extrem. Wir wollen kein Dreckwasser neben unseren Häusern
       oder Feldern.“
       
       Diese Bedenken sind inzwischen ausgeräumt, aber einen Haken gibt es bei der
       Wiederverwendung des Wassers: Nicht alle Lebensmittelpflanzen können damit
       bewässert werden. Das gereinigte Wasser muss getestet werden, und von der
       Einstufung hängt ab, wofür es taugt. Um sicherzugehen, dass Keime abgetötet
       sind, sollten damit behandelte Nahrungsmittel vorher abgekocht werden.
       Seine Olivenbäume oder Tierfutter könnte Shoshan mit dem behandelten Wasser
       gießen. Damit er wieder Äpfel, Aprikosen und Trauben züchten kann, braucht
       es eine andere Lösung.
       
       Und der Bauer hegt weitere Bedenken: Das Grundwasser sei sowieso schon zu
       salzig. Durch das übermäßige Abpumpen von Wasser hat sich die
       Salzkonzentration im Grundwasser mit den Jahren immer weiter erhöht. Das
       Salz setzt sich an manchen Stellen am Boden weiß ab.
       
       ## Kritiker sind mit an Bord
       
       So auch vor dem Gebäude, in dem Faisal Harb arbeitet. Der 62-Jährige ist
       ein einflussreicher Mann, das Oberhaupt der Drusen in der Stadt, gut
       vernetzt in der nationalen Politik. Im Flur vor seinem Büro hängen Bilder
       von zwei Frauen, die mit Rechen Salz zusammenschieben. Einst war Harb
       Vorsitzender einer Salzfabrik in Azraq, in der 1.700 Menschen arbeiteten.
       Sie pumpten salziges Grundwasser an die Oberfläche und filterten das Salz
       heraus. Doch 1989 musste die Raffinerie schließen.
       
       Harb ist sich sicher, dass eine neue Salzraffinerie Teil der Lösung des
       Wassermangelproblems sein könnte. Zumindest könnte das salzige Wasser
       trinkbar gemacht werden. Doch die Wiederinbetriebnahme würde knapp 1,5
       Millionen Euro kosten, zu viel für den einstigen Inhaber. Das
       Kläranlagenprojekt gefiel ihm aber zunächst auch nicht: „Die Jordanier
       haben schlechte Erfahrungen gemacht mit Wasseraufbereitungsanlagen. Sie
       sind groß, hässlich und stinken schrecklich“, erklärt Harb.
       
       Ingenieur Mohammad Talafha erinnert sich: „Faisal Harb war unser größter
       Kritiker. Er stellte viele Fragen und machte ordentlich Stimmung gegen das
       Projekt.“ Als Feldkoordinator seiner NGO ist Talafha dafür verantwortlich,
       mit den Menschen zu sprechen, ihre Meinung einzuholen und ihre Einwände
       einzuarbeiten. Er organisierte Zusammenkünfte, um die Bewohner*innen
       von Azraq darüber aufzuklären, dass die Anlage nicht stinkt und wofür das
       Wasser verwendet werden kann. „Wir haben den Leuten nicht nur leere
       Versprechungen gemacht“, sagt Talafha. „Wir haben Jugendliche einbezogen
       und Ingenieur*innen aus der Region. Wir haben in Schulen die
       Sanitäranlagen renoviert und uns oft mit dem Stadtrat, Politikern und der
       Gemeinde getroffen.“
       
       Bauer Shoshan ist nun nicht mehr kritisch, sondern gespannt auf die neue
       Kläranlage mit moderner Technologie. Er ist zuversichtlich, dass er das
       behandelte Wasser für seinen Anbau verwenden kann. „Sofern das Wasser
       getestet wird und zertifiziert ist und die Bauern nicht dafür
       verantwortlich gemacht werden, habe ich kein Problem damit.“ Und
       mittlerweile ist sogar der große Kritiker Harb mit dabei. Er ist Teil eines
       lokalen Komitees, das für das Klärprojekt einsteht. Harb trifft sich mit
       nationalen Abgeordneten und erzählt ihnen von den Bedürfnissen der Menschen
       in Azraq.
       
       Und trotzdem ist die Kläranlage auch zwei Jahre nach Beginn des Projekts
       noch immer nicht gebaut. Nicht nur wegen der Pandemie, es hakt auch auf der
       nationalen Ebene, erzählt Harb: „Es ist verwunderlich, sie haben an allen
       Treffen teilgenommen und nie Einwände gehabt. Nun kommt eine Frau, die das
       Ministerium für kommunale Angelegenheiten repräsentiert, zu einem Treffen
       und sagt uns, dass sie Kritik am Masterplan für Wassermanagement in Azraq
       haben. Also habe ich sie gefragt: Wo wart ihr, als wir das alles diskutiert
       haben? Jetzt, wo die Geber anfangen wollen, die Anlage zu bauen, habt ihr
       Bedenken?“
       
       Während die jordanische Bürokratie auf sich warten lässt, kämpft die Oase
       weiter mit den Auswirkungen des Wasserproblems. Dabei ist das Wasser Teil
       des sozialen und kulturellen Erbes von Azraq, dessen offene Quellteiche
       und Sümpfe schon immer Menschen anzogen. Ende des 19. Jahrhunderts zum
       Beispiel flüchteten Tschetschenen aus dem Kaukasus vor der russischen
       Verfolgung und siedelten in Südazraq. Sie brachten ihre Wasserbüffel mit
       und betrieben Fischerei. Nach dem Ersten Weltkrieg ließen sich drusische
       Geflüchtete aus Syrien im Norden Azraqs nieder. Sie filterten Salz aus
       angeschwemmtem Wasser. Doch all das geht verloren. Statt mit Salz,
       Landwirtschaft oder Fischfang Geld zu verdienen, arbeiten viele Menschen
       aus Azraq lieber auf der Militärbasis direkt neben dem Reservat.
       
       Der Bedarf an Frischwasser von Mensch und Natur in Azraq ist hoch. Könnte
       auch das Reservat behandeltes Abwasser nutzen? „Ich denke, das ist
       umstritten“, sagt Reservatmanager Haresha, „wir können das diskutieren,
       nachdem wir alle Vor- und Nachteile des aufbereiteten Wassers untersucht
       haben. Also den PH-Wert, Chlorwert, und so weiter.“ Auch ein saisonaler See
       könnte helfen, die Trinkwasserressourcen zu schonen: Im Winter fließt
       Regenwasser aus den Bergen in Saudi-Arabien und Syrien in das Tal in Azraq.
       Es könnte entsalzt werden, wenn in die bislang geschlossene Salzraffinerie
       investiert würde.
       
       Ende dieses Jahres soll zumindest die Kläranlage endlich gebaut werden,
       sagt Borda-Mitarbeiter Talafha. Ein Teil des Wassers kann dann
       wiederverwendet werden. Ein erster Schritt.
       
       12 Apr 2021
       
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