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       # taz.de -- Kinder- und Jugendbuch im Frühjahr: Vorsicht, Wasserschwein!
       
       > Zirkusbären, Riesenschnecken oder Wasserschweine werden gerne
       > unterschätzt. Dabei bieten sie überraschende Geschichten für junge
       > Leser:innen.
       
   IMG Bild: Aus Alfredo Soderguit, „Die Wasserschweine im Hühnerhof“
       
       Wilde Wasserschweine leben in verschiedenen Ländern Südamerikas und auch in
       der Provinz Rocha in Uruguay. Von dort stammt der Illustrator, Autor und
       Filmemacher Alfredo Soderguit. In seinem Bilderbuch „Die Wasserschweine im
       Hühnerhof“ dringen solche haarigen, großen Nagetiere, auch Carpinchos
       genannt, eines Tages in das Gehege der Hennen ein. Die reagieren abwehrend.
       Sie fürchten, um ihren geregelten Alltag.
       
       Doch es ist Jagdsaison und die Wasserschweine sind auf der Flucht. Also
       stellen die Hühner klare Regeln auf: die Eindringlinge werden geduldet,
       müssen aber im Wasser bleiben, keine Widerrede und kein Kontakt.
       
       In schlichten schwarz-weiß gehaltenen, nur sparsam kolorierten Zeichnungen
       erzählt Alfredo Soderguit von dieser kuriosen Begegnung in der
       südamerikanischen Provinz. Während in der Ferne die Pick-ups parken und die
       Jäger ihre Zelte aufgeschlagen, kommt es zwischen den Hühnern und wilden
       Wasserschweinen überraschend zur Annäherung – aus Fremden werden Freunde.
       
       Besonnen reagieren die anfangs so plump wirkenden Nagetiere im brenzligen
       Moment äußerst souverän. Ihre empathische Persönlichkeit überzeugt
       schließlich nicht nur die Gastgeber. Soderguit gelingt es im gekonnten
       Wechselspiel von Illustration und lakonischem Text, mit subtiler Komik eine
       tiefgründige Geschichte über das Zusammenleben zu erzählen.
       
       ## Wilde Bärentour
       
       Ebenso wird der braune Zirkusbär in Reiner Zimniks Kinderbuchklassiker „Der
       Bär auf dem Motorrad“ von seinem Publikum, vor allem von den Kindern,
       sichtlich unterschätzt. Er mag es zwar ruhig und gemütlich, doch dumm ist
       er nicht.
       
       Um zu beweisen, dass er nicht nur im Kreis in der Manege fahren kann, düst
       der Bär nach der Vorstellung auf dem roten Motorrad aus dem Zirkuszelt in
       die Stadt. Dort auf den Straßen ist die Aufregung sofort riesig und es
       beginnt eine wilde Verfolgungsjagd.
       
       Das grafisch aus einem Guss gestaltete Bilderbuch von Reiner Zimnik
       erschien erstmals 1963. In einer erfrischend klaren Sprache schildert der
       Autor die Bärentour und findet für das Abenteuer aufregende Bilder in
       verlockenden Farben. Nun ist „Der Bär auf dem Motorrad“ wieder in einer
       Neuauflage erhältlich. Als Kinderbuchautor besonders bekannt wurde der
       Münchner Maler und Illustrator mit seiner Geschichte von „Bills
       Ballonfahrt“, 1972.
       
       Heute [1][mögen Zirkusbesuche im Alltag von Kindern selten geworden sein].
       Auch die mit Witz skizzierte Gesellschaft der 1960er Jahre ist heute eine
       andere geworden. Doch die Rebellion des eigensinnigen Bärs bewegt. Er wirkt
       gutmütig, niedlich ist er nicht. Das letzte Wort in der sympathischen
       Geschichte gehört ihm.
       
       Zur Wehr setzten sich auch die Schulkinder in „Henriette rockt die Halle“.
       In dem von Stefanie Jeschke reich illustrierten Erstlesebuch hat die
       Autorin Britta Nonnast interessantes Personal versammelt. Lehrer Eddy
       stottert ein wenig. Schulhündin Henriette begleitet ihn morgens zum
       Unterricht und Toni, der Riesenschneck, kommt auch mit. Heute ist Sporttag,
       aber sie sind schon spät dran.
       
       In der Turnhalle warten nicht nur Zarina, Selma, Jamaal, Onno und der Rest
       der Klasse, sondern auch Frau Klappeisen im Turnoutfit. Die ungemütliche
       Rektorin findet, dass eigentlich weder Tiere noch stotternde Lehrer in eine
       Schule passen. In der Turnhalle verdirbt sie dann allen schnell den Spaß
       und reklamiert, der Hund habe keine Hallenturnschuhe!
       
       Henriette würde die nervige Rektorin gerne mal in eine Hundeschule für
       bissige Hunde schicken. Als dann auch noch Frau Klappeisens Perlenkette
       verschwindet, verdächtigt sie zuerst Henriette, dann die Kinder. Doch wo
       steckt überhaupt Toni, der Riesenschneck? Jetzt wird es in „Henriette rockt
       die Halle“ noch einmal richtig spannend.
       
       ## Üppig blühende Oase
       
       Faszinierend real wirken dagegen die großformatigen Zeichnungen in Sonja
       Danowskis Bilderbuch „Im Garten mit Flori“. Dieser Garten, eine üppig
       blühende Oase, gehört Linns Großvater. Als er mit gebrochenem Fuß ins
       Krankenhaus muss, bittet er das Mädchen, die Pflanzen in seiner Abwesenheit
       zu versorgen.
       
       Mit Aquarell und Gouache zeichnet die Berliner Illustratorin detailreiche
       Szenen, deren Farbenpracht sie mit einem Sepiaschleier überzieht. Das
       verleiht den so realistisch anmutenden Zeichnungen gleichzeitig etwas
       märchenhaftes. Zusätzlich verstärkt wird dieser Eindruck noch durch die mit
       Rüschen und Pompons besetzte Kleidung des Kindes und seiner Mutter, die an
       Harlekinkostüme erinnern. Zwischen all den aufregenden Dingen in deren
       Wohnung findet sich sogar ein Zirkuszelt.
       
       Mit Flori, dem kleinen Hund im Fahrradkorb, radelt Linn also alleine in den
       Garten. Im Gewächshaus gießt sie sorgfältig das Gemüse, auch Lupinen,
       Dahlien und Funkien. Währenddessen buddelt Flori unbeaufsichtigt einen
       Tunnel.
       
       In der Nacht fällt starker Regen. Am nächsten Tag erwartet Linn eine böse
       Überraschung im Garten. Unzählige Weinbergschnecken sind nachts in das
       Gewächshaus eingedrungen und haben Großvaters Pflanzen kahlgefressen.
       
       [2][Wie konnte das bloß geschehen?] Nun lassen die Blüten ihre Köpfe
       hängen. „Opa ist sicher total enttäuscht von uns, Flori“, vermutet Linn.
       Unterstützt von ihrer Freundin Emi versucht sie, den Schaden erst mal mit
       einigen guten Einfällen zu begrenzen. Einfühlsam vermittelt Sonja Danowski
       in ihren Illustrationen die Gefühle des kleinen Mädchens zwischen
       Verzweiflung und Zuversicht.
       
       9 Apr 2021
       
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