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       # taz.de -- Die Wahrheit: Obacht, Franke!
       
       > Lebenslänglich Bayer: Es gibt tatsächlich einen bayerischen Stamm namens
       > Franken. Bloß wozu? Um einen Kanzlerkandidaten hervorzubringen?
       
       Er ist kein Bayer. Man kann das gar nicht oft genug sagen. Er ist Franke.
       Mit solchen Leuten hatte ich nie viel zu tun. Ich bin als Altbayer
       aufgewachsen. Mein Vater ist in Tegernsee zur Schule gegangen, meine Mutter
       kommt aus Ingolstadt. Dass es einen bayerischen Stamm namens Franken gibt,
       habe ich im Heimat- und Sachkundeunterricht gelernt. Auch dass es drei
       Regierungsbezirke gibt, die sich Franken nennen. Es war dies, wie es oft
       ist mit Dingen, die einem in der Schule beigebracht werden, weitgehend
       unnützes Wissen. Denn Franken ist in meinem Leben lange nicht vorgekommen.
       Und wenn es mal vorgekommen ist, dann war es mir eigentlich egal.
       
       Als ich begonnen habe, mich für Fußball zu interessieren, war der 1. FC
       Nürnberg noch Rekordmeister. Doch die meisten Titel hatte dieser Verein
       gewonnen, als noch die Merowinger das Sagen hatten im Frankenreich. Später
       habe ich im Geschichtsunterricht gehört, dass das Heilige Römische Reich
       deutscher Nation aus dem Ostfrankenreich hervorgegangen ist. Ossis. Mit so
       etwas hatten wir seinerzeit nichts am Hut. Die lebten in der DDR und
       durften nicht raus.
       
       Als die Ersten aus unserem Jahrgang den Führerschein gemacht haben, machten
       schnell finstere Geschichten von bösen Franken die Runde. Weil die Polizei
       in München nicht genug Leute fand, um für Ruhe und Ordnung zu sorgen,
       werden bis heute Jungbullen aus anderen Regierungsbezirken zum Dienst in
       der Landeshauptstadt verdonnert. Um sich dafür zu rächen, so hieß es
       damals, seien die Franken bei Verkehrskontrollen besonders gnadenlos. Und
       so sahen die, welche ins Röhrchen blasen mussten, die Ursache für den
       alsbaldigen Verlust ihres Führerscheins im finsteren Charakter des Franken
       und keineswegs in der Menge des vor der Fahrt zu sich genommenen Bieres.
       
       Franken blieb den Altbayern fremd. Auf die Idee, die fränkischen
       Landesteile des Freistaats zu besuchen, wäre niemand gekommen. Franken war
       auch kein Transitland. Auf dem Weg zum Gardasee kam man beim besten Willen
       zum Umweg da nicht durch. Außerdem schien es in Franken nur einen einzigen
       Berg zu geben. Den kannten alle in Bayern aus der omnipräsenten
       Rundfunkwerbung eines Möbelhauses, das seine Filiale in Wassertrüdingen am
       Hesselberg hatte. Wenn das Wetter gut ist, kann man von dessen Gipfel aus
       die Alpen sehen, was dann auch schon das Reizvollste ist an dieser 689
       Meter „hohen“ Erhebung.
       
       Nein, es gab wirklich keinen Grund, Franken zu bereisen. Der Wein, den man
       dort kelterte, wird bis heute in ein Behältnis namens Bocksbeutel
       abgefüllt. Das ist ein in Flaschenform gegossener Warnhinweis, der nichts
       anderes bedeuten kann als: Vorsicht, ungenießbar! Und wer Würste isst, die
       sich Zipfel nennen, dem graust es auch sonst vor nichts.
       
       Alles Fränkische, so ist es uns Altbayern beigebracht worden, ist also mit
       Vorsicht zu genießen. Mit IHM sollte man es ebenso halten.
       
       16 Apr 2021
       
       ## AUTOREN
       
   DIR Andreas Rüttenauer
       
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