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       # taz.de -- Wagenknecht, Merkel und Söder: Vom Spalten und Walten
       
       > Merkel geht autoritär vor und alle anderen tun, was sie am besten können.
       > Söder probierts mit Alleingängen und Wagenknecht will weiter spalten.
       
   IMG Bild: Merkel ist eine Wiederwahl wumpe, und damit erreich sie mehr Beliebtheit als die eiernende MPs
       
       taz: Herr Küppersbusch, was war schlecht vergangene Woche? 
       
       Friedrich Küppersbusch: Seltsames Gefühl: Union ohne Kanzlerkandidat.
       
       Und was wird besser in dieser? 
       
       Seltsames Gefühl: Union mit Kanzlerkandidat.
       
       Sie können ausschlafen, die für Montag geplant gewesene Bund-Länder-Runde
       ist abgesagt! Stattdessen will der Bund Kompetenzen an sich ziehen.
       Durchgreifen von oben. Das ist doch genau das, was die Deutschen lieben,
       oder? 
       
       Schön paradox: Merkel ist eine Wiederwahl wumpe, und damit erreicht sie
       mehr Beliebtheit als die eiernden MPs, die nur nach Beliebtheit schielen.
       Das könnte für eine Begrenzung der Amtszeit von KanzlerInnen sprechen. Mit
       den Nebelkonferenzen hat sie das Parlament umgangen, und nachdem das noch
       nicht autoritär genug war, umgeht sie nun die MPKs mit dem Parlament. FDP
       und Quertrinker stänkern dagegen – doch eher wächst noch die Mehrheit, die
       ein bisschen härter rangenommen werden möchte. „Das ist ein Pfund!“, sagte
       Merkel bei „Anne Will“ vor zwei Wochen zu diesen Umfragewerten. Einzig
       Söder nutzt die neue Lust auf Autorität. Sie kommt ihm charakterlich
       entgegen und sieht Merkels Wissenschaftsdenke gerade mal zufällig sehr
       ähnlich. Unterm Strich wächst dem Mehrheitsdeutschen beim Blick in diesen
       Spiegel eine stylische pimple hood. Kleiner Modespaß: Pickelhaube.
       
       Am Mittwoch erscheint [1][Sahra Wagenknechts neues Buch „Die
       Selbstgerechten“], zerpflückt wird es jetzt schon. Parteifreund:innen
       kritisieren, sie stelle sich gegen Fridays for Future und missbillige
       Migration. Wagenknecht sieht ihre Worte aus dem Zusammenhang gerissen. Was
       will sie denn nun? 
       
       Weltklassepointe: Wagenknecht bashed Linksidentitäre als „skurrile
       Minderheiten … mit irgendwelchen Marotten“ – und kaum setzt der erwartbare
       Furor ein, zieht sie ihren iranischen Vater nebst Migrationshintergrund aus
       der Frise und kontert klassisch linksidentitär. Wie man denn bei ihrer
       Herkunft Kritik üben könne? Wagenknechts Virtuosität im Spalten ist so
       fruchtbar – wenn es gegen „die da oben“ losgeht – wie toxisch – wenn sie im
       eigenen Lager wütet. Deshalb gerann ihr die „Sammlungsbewegung“ zur Sekte.
       „Sozialismus, aber national“ ist NPD in sexy Netzstrümpfen, nicht jedes
       Hufeisen bringt Glück. Wer jetzt Wagenknechts Buch empörend findet, muss
       sich erst mal bei Wolfgang Thierse für seinen schwurbulenten Versuch
       entschuldigen, der dasselbe Thema in Richtung Gemeinsamkeit versuchte. Und
       dafür verprügelt wurde.
       
       Italiens Regierungschef Mario Draghi hat den türkischen Präsidenten Erdoğan
       als „Diktator“ bezeichnet. Zuvor hatte es Aufregung gegeben, weil
       EU-Kommissionschefin [2][Ursula von der Leyen beim EU-Türkei-Gipfel in
       Ankara] auf dem Sofa Platz nehmen musste – mit viel Abstand zu den
       anwesenden Männern. Grund genug, Draghi als Held zu feiern? 
       
       Mist. Jetzt hatte ich gerade gelernt, nicht mehr intuitiv Türen
       aufzureißen, rechts zu gehen und kommode Sitzgelegenheit anzubieten, weil
       das je nach wokeness als frauenfeindlich gelesen wurde. Hält der frau für
       zu blöd, alleine ins Auto einzusteigen? Im vorliegenden Fall allerdings
       kann man auch Ratspräsident Charles Michel als vertumbtrottelt zeihen,
       ausgerechnet bei Erdoğan seine „ich hab den Größten“-Arschologie
       durchzuziehen. Etwas alerter hätte er die Herausforderung erkannt. Nicht
       zwingend von der Leyen sein Thrönchen angeboten, doch – wir freuten uns an
       Bildern einer Stehkonferenz.
       
       [3][Der Prinz ist tot,] lang lebe … Moment! Großbritannien betrauert das
       all zu frühe Ableben des 99-jährigen Queen-Gatten Philip. Wer rückt laut
       Protokoll jetzt auf? Und ist es nicht endlich mal Zeit für eine Frau an
       Elisabeths Seite? 
       
       Andere Frage: Kriegt die Queen jetzt eigentlich Witwenrente?
       
       Bayerns Ministerpräsident Markus Söder verspricht Sputnik-V-Impfungen für
       sein Bundesland. In einem Vorvertrag sicherte er sich 2,5 Millionen Dosen.
       Ob die tatsächlich geliefert werden können, ist fraglich. Lohnt es sich
       trotzdem, jetzt noch schnell in den Süden des Landes umzuziehen? 
       
       Gut, dass Söder zwischen seiner Polemik gegen Alleingänge noch Zeit findet
       – für Alleingänge. Ausgerechnet hier ist es reines Showprogramm. Ohne
       Zulassung durch die EMA kann Bayern nicht verbindlich ordern, und wenn die
       kommt, ordert Jens Spahn für den Bund und womöglich am Ende doch auch der
       träge EU-Verbund. Fazit: Söder macht, was er will, und hat nichts dagegen,
       wenn die anderen auch machen, was er will.
       
       Und was machen die Borussen? 
       
       Sieg ohne Tor von Haaland. Eine Vision. Fragen: eaz, pwe
       
       11 Apr 2021
       
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