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       # taz.de -- Verlängerung der Tramlinie M10: Querschnitt durch den Görli
       
       > Ab 2028 soll die Tram M10 zum Hermannplatz fahren – und dabei unter
       > anderem den Görlitzer Park durchqueren. Das sorgt jetzt schon für
       > Aufregung.
       
   IMG Bild: Hier könnte in ein paar Jahren auch eine Tramhaltestelle verzeichnet sein
       
       Am Dienstag wird Verkehrssenatorin Regine Günther (Grüne) ein lange
       erwartetes Verkehrsprojekt dem Senat zur Beschlussfassung vorlegen: die
       Verlängerung der Tramlinie M10 von der Warschauer Brücke zum Neuköllner
       Hermannplatz, voraussichtlich bis zum Jahr 2028. Dabei sorgt die von der
       Verkehrsverwaltung gewählte Trassenführung, die den Görlitzer Park
       durchschneidet, jetzt schon für Aufregung und Ärger, zumindest im Netz.
       
       „Gibt wenig Grünflächen in Kreuzberg“, [1][schreibt ein Twitter-Nutzer],
       „eine davon ist der Görlitzer Park. Da soll jetzt auch noch eine Tram
       durchfahren, mehr Luft zum Atmen nehmen. Glaub, es hackt?“ Auch eine andere
       Userin findet, es sei „Wahnsinn, einen Park zu durchschneiden und damit
       Unruhe in eine der letzten großen Grünflächen in Kreuzberg zu bringen“. Der
       ÖPNV müsse „auf Hauptverkehrsstraßen geführt werden“, nicht durch
       Wohnbezirke oder Parks. „Alleine die Bauarbeiten werden die Grünfläche
       extrem belasten durch Lärm.“
       
       Dagegen teilt die Initiative Autofreier Wrangelkiez mit, sie diskutiere
       diese Frage noch intern. „Natürlich sind wir pro Tram“, schreiben die
       AktivistInnen auf Twitter. „Lediglich die Linienführung ist kontrovers.“
       
       Genauso kontrovers betrachtet der von AnwohnerInnen gewählte Parkrat eine
       Görli-Durchschneidung, es gibt sowohl KritikerInnen als auch
       BefürworterInnen. Allerdings verweist Sprecher Florian Fleischmann auf eine
       geltende Beschlussfassung vom November 2018, in der der Parkrat eine Tram
       im Park ablehnt: „Für Kinder, Erwachsene sowie die Tiere, die diesen Park
       besuchen (oder auch dort leben), wäre die Tram eine Lärmbelästigung und
       Störung“, heißt es darin.
       
       ## Schon heute viel Verkehr
       
       Fleischmann selbst hat weniger Probleme mit dem Projekt: „Auf der Querung
       zwischen Falckenstein- und Glogauer Straße findet schon heute viel Verkehr
       statt, dort kreuzen rund täglich 1.500 FahrradfahrerInnen den Park.“ Viel
       hänge in jedem Fall von der konkreten Ausgestaltung der Tramstrecke ab, da
       lohne es sich, erst einmal die Pläne abzuwarten.
       
       Schon 2018 hatten [2][Veranstaltungen im Rahmen eines „Bürgerdialogs“] zu
       der im Koalitionsvertrag festgelegten M10-Verlängerung stattgefunden. Der
       jetzt vorliegende Trassenverlauf basiert auf einer Untersuchung durch die
       VerkehrsConsult Dresden-Berlin GmbH und ist dabei der naheliegendste
       überhaupt: Wie mit dem Lineal gezogen verläuft die zukünftige Strecke von
       der Warschauer Brücke bis zur Sonnenallee, den Görlitzer Park kreuzt sie
       zwischen Kinderbauernhof und Sportplatz. So steht es in Günthers
       Beschlussvorlage, die der taz vorliegt. Am Hermannplatz knickt die Linie
       dann kurz ab, die Endhaltestelle befindet sich auf der Urbanstraße.
       
       Von einer „besseren Netzverknüpfung“ und einer „deutlich besseren
       Anbindung“ des östlichen Kreuzbergs und nördlichen Neuköllns ist in
       Günthers Vorlage die Rede. Die Kennzahl zum Nutzen-Kosten-Verhältnis ist
       bei der 62 Millionen Euro teuren Variante, mit deren Planung nun die BVG
       beauftragt wird, ausgesprochen hoch: Mit 2,87 liegt sie weit über dem Wert
       1, ab dem schon von einem volkswirtschaftlichen Nutzen ausgegangen wird.
       
       Von der grünen Basis kommt ebenfalls Kritik – aber nicht an dem Projekt als
       solchem, sondern daran, dass die Verkehrsverwaltung so lange gebraucht hat,
       sich für eine Trassenführung zu entscheiden und die Planfeststellung
       anzuschieben. „Warum erst jetzt?“, fragt der Vorsitzende der
       Landesarbeitsgemeinschaft (LAG) Mobilität, Matthias Dittmer, in einer Mail,
       die der taz vorliegt. Ihm zufolge hing die M10-Vorlage „seit etwa
       eineinhalb Jahren in der Verwaltung fest“.
       
       ## Zwei Jahre zu spät
       
       Tatsächlich hatte der ÖPNV-Bedarfsplan als Bestandteil des Nahverkehrsplans
       Berlin 2019–2023 die Verlängerung der M10 zum Hermannplatz als
       „vordringlichen Bedarf“ mit avisiertem Inbetriebnahmetermin 2026/27
       vorgesehen, so steht es auch noch einmal in Günthers Vorlage an den Senat.
       Nun ist davon auszugehen, dass frühestens 2028 wieder Straßenbahnen auf der
       Sonnenallee rollen. Auch sonst geht es beim Tramausbau deutlich langsamer
       voran, als zu Beginn der Legislaturperiode beschlossen worden war.
       
       Dittmer mutmaßt, dass es die Angst vor einer Kontroverse über die
       Görli-Durchschneidung gewesen sein könnte, die Günther habe zögern lassen.
       „Nun werden wir diese Debatte mit allem Für und Wider direkt im Wahlkampf
       diskutieren müssen“, schreibt er. Das sei die schlechteste Variante für
       einen vielleicht heftigen Diskurs.
       
       12 Apr 2021
       
       ## LINKS
       
   DIR [1] https://twitter.com/mohebshaf/status/1381593712430579712?s=20
   DIR [2] /Planungen-fuer-Partytram-M-10-in-Berlin/!5489239
       
       ## AUTOREN
       
   DIR Claudius Prößer
       
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