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       # taz.de -- Nach dem Datenleck bei Facebook: Abgesaugt
       
       > Datenlecks wie jüngst bei Facebook werden zunehmen. Bedrohlich wird die
       > Sache durch die schiere Masse preisgegebener Informationen.
       
   IMG Bild: Uneinsehbar: Facebook-Server in Prineville im US-Bundesstaat Oregon
       
       Die Zahlen sind überwältigend. Ein weltweites Adressbuch mit einer halben
       Milliarde Einträgen. Das sind mehr Menschen als in der EU leben. Das ist
       der Umfang des gerade erst öffentlich zugänglich gemachten Datenlecks von
       [1][Facebook]. Damit ist es aber immer noch nicht das Größte je Dagewesene,
       weder beim Unternehmen selbst noch in der traurigen Hitliste des
       Sicherheitsversagens internationaler Digitalkonzerne. Mehr als Zehntausend
       Datenlecks zählen Sicherheitsspezialist*innen in den vergangenen 15
       Jahren mit Betroffenen in den USA.
       
       Je weiter die Digitalisierung von Wirtschaft, Konsum und sozialen
       Aktivitäten voranschreitet, umso gewaltiger klaffen die Lücken. Die größte
       bisher bekannte illegale Datensammlung, eine Zusammenstellung aus offenbar
       verschiedenen Quellen von Dropbox bis Linkedin, betraf mehr als zwei
       Milliarden Accounts und wurde 2019 öffentlich.
       
       Von 2019 stammt auch der Inhalt des neuesten Facebooklecks. Die davon
       betroffenen Nutzer*innen wurden über die Verletzung ihrer Privatsphäre
       nie informiert. Das entspricht einer gängigen Praxis: Digitalkonzerne
       vermeiden regelmäßig nicht nur die individuelle Warnung, sondern oft
       überhaupt das Eingeständnis eines Bruchs der Sicherheitsvorkehrungen. Yahoo
       zum Beispiel gingen wiederholt Daten „verloren“, schätzungsweise im
       Gesamtumfang von anderthalb Milliarden Datensätzen. Es dauerte bisweilen
       Jahre, bevor diese Skandale öffentlich wurden.
       
       Nun sind die meisten Daten zunächst relativ harmlos. Ein paar Phishing-SMS
       sind leicht erkannt. Und eine minimale digitale Alphabetisierung reicht bei
       den meisten Menschen aus, um zu wissen, dass man besser nicht auf
       unverlangt zugesandte Links aus unbekannter Quelle klickt. Bedrohlich wird
       die Situation aber durch die schiere Menge und Vielfalt der verfügbaren und
       in schon mittelmäßig fähigen Händen beliebig kombinier- und verknüpfbaren
       Daten.
       
       ## Völlig intransparent
       
       Das demonstrierte beispielhaft netzpolitik.org durch [2][Anrufe bei
       Bundestagsabgeordneten, deren private Telefonnummern in dem Facebookleck]
       mit ihren Klarnamen verbunden sind. Es fällt nicht schwer sich auszumalen,
       welche Kombinationen mit anderen Datenbanken möglich sind – solchen, die
       Kreditkartendaten enthalten; oder die Accounts auf Partnersuchportalen
       ihren pseudonymen Charakter nehmen und dergleichen. Was, wenn die
       Datensätze privateste Details politischer Aktivist*innen enthalten,
       Antifaschist*innen, Angehörige sexueller Minderheiten oder diskriminierter
       Ethnien ihren Gegner*innen ausliefern?
       
       Das Problem sind dabei gar nicht kriminelle Hacker*innen, zumindest sind
       sie nicht das Entscheidende. Zumal solch große Lecks eher selten durch
       technischen Sachverstand finsterer Mächte entstehen, sondern durch banalste
       Fehler: offene Server, Nachlässigkeiten, menschliches Versagen. Das Problem
       ist der ewige Bedarf legaler wie illegaler Akteur*innen an permanent
       aktuellen Daten. Dass die zentral gesammelt, oft genug nur ungenügend
       geschützt, gespeichert und verarbeitet werden, ist eine unwiderstehliche
       Einladung, sie neben der ohnehin schon zwielichtigen Geschäftspraxis der
       Digitalkonzerne noch anderen Nutzungen zuzuführen.
       
       Nach Jahrzehnten digitaler Entwicklung gibt es noch immer keine wirksame
       Aufsicht über die [3][geschäftsmäßige Massenverarbeitung von Daten]. Völlig
       intransparent für Öffentlichkeit und dem Zugriff politischer Kontrolle
       entzogen, dabei aber ganz offensichtlich viel zu leicht zugänglich für eine
       nicht geringe Anzahl an Interessent*innen liegen die digitalen Echos
       unserer Existenzen auf Servern rund um die Welt, in der Hand noch in
       kleinsten technischen Details ihrer Operationen außerordentlich
       verschlossener Konzerne.
       
       Deren Macht und Profit hängt unmittelbar von der bewussten Missachtung der
       heiligen Dreifaltigkeit des Datenschutzes ab: dezentral, verschlüsselt,
       Open Source.
       
       Statt aus den Fehlern der etablierten Plattformen zu lernen, gilt allein
       deren Geschäftsmodell, und damit die möglichst umfassende Profilerstellung
       der Nutzer*innen weiterhin vielen Start-ups als Vorbild. Mit den
       bekannten Folgen. Die gerade noch weltweit gehypte Audiochat-App Clubhouse
       hatte schon nach wenigen Monaten ihr erstes großes Leck von mehr als einer
       Millionen Datensätzen. Die sind zwar selbst wiederum relativ harmlos,
       warten aber nur auf die Kombination mit Informationen aus anderen
       Datenbanken vom Schwarzmarkt der Persönlichkeitsprofile.
       
       13 Apr 2021
       
       ## LINKS
       
   DIR [1] /Populisten-Hochburg-Facebook/!5719912
   DIR [2] https://netzpolitik.org/2021/facebook-datenleck-wir-haben-die-bundestags-abgeordneten-angerufen-deren-handynummern-jetzt-oeffentlich-sind/
   DIR [3] /Biometrische-Datenerfassung-im-Zoo/!5759072
       
       ## AUTOREN
       
   DIR Daniél Kretschmar
       
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