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       # taz.de -- Corona-Krankenhaus auf Standby: Notfallzentrum ohne Patienten
       
       > Das Corona-Krankenhaus an der Messe steht seit fast einem Jahr leer.
       > Dennoch berät der Senat über eine Verlängerung der Laufzeit.
       
   IMG Bild: Dilek Kalayci, Gesundheitssenatorin, und Raed Saleh (SPD) besichtigen das Corona-Krankenhaus
       
       Berlin taz | Wofür gibt es eigentlich das Corona-Krankenhaus? Obwohl sich
       die Lage in den Berliner Kliniken weiter zuspitzt, gibt es aktuell keine
       Pläne, das Notfall-Krankenhaus an der Messe in Betrieb zu nehmen, dessen
       knapp 500 Betten noch nie benutzt wurden. Das „Corona-Behandlungszentrum
       Jafféstraße“ (CBZJ) werde erst eröffnet, wenn die Krankenhäuser „keine
       Spielräume mehr haben“, sagte Moritz Quiske, Sprecher von
       Gesundheitssenatorin Dilek Kalayci (SPD), am Dienstag der taz. Die
       [1][Auslastung der Intensivbetten] betrug am Montag 26,3 Prozent, das sind
       308 Patientinnen von insgesamt 768, die mit Covid im Krankenhaus liegen.
       
       Und die Kapazitäten in den Kliniken könnten noch weiter ausgebaut werden,
       sagte Kalayci am Montag im Gesundheitsausschuss. Berlin sei sogar in der
       Lage, PatientInnen aus anderen Bundesländern aufzunehmen. Sie rechne schon
       bald mit Hilferufen aus Brandenburg und Thüringen, wo die Auslastung der
       Krankenhäuser inzwischen bedenklich sei.
       
       Seit Mai 2020 steht das CBZJ, das der Senat für rund 31 Millionen Euro
       errichten ließ, leer. Monatlich kostet es rund 300.000 Euro Betriebskosten.
       In dem Bau in Halle 26 der Messe könnten mittelschwere Covid-Fälle
       behandelt werden (Beatmungsgeräte gibt es laut Quiske auch), damit normale
       Kliniken mehr Kapazität für IntensivpatienInnen hätten.
       
       Laut Kalayci wäre das CBZJ mit 86 Betten „sofort“ einsetzbar, wie sie am
       Montag im Ausschuss sagte. Für mehr Plätze müsse allerdings Personal aus
       anderen Kliniken abgezogen werden. Für den Vollbetrieb wären laut
       Ärztezeitung 1.000 MitarbeiterInnen nötig – woher die angesichts des
       drastischen Mangels an Pflegepersonal kommen sollen, ist völlig unklar.
       
       ## MitarbeiterInnen gesucht
       
       Das Kernteam des CBZJ besteht aus 100 MitarbeiterInnen von Vivantes – der
       landeseigene Klinik-Konzern ist für das CBZJ zuständig. „Außerdem sind
       weitere 160 Mitarbeitende über Abrufverträge an Vivantes gebunden“,
       erklärte eine Vivantes-Sprecherin der taz. Allerdings warten sowohl das
       Kernteam als auch die weiteren MitarbeiterInnen überwiegend nicht zu Hause
       auf ihren Einsatz. Falls die Notfallklinik eröffnet, würden sie an ihren
       bisherigen Einsatzorten [2][in anderen Kliniken] fehlen. Folgerichtig sucht
       das CBZJ seit seinem Bestehen nach freiwilligen Helfern, die Webseite
       www.corona-zentrum-berlin.de besteht vor allem aus Aufrufen an Angehörige
       diverser medizinischer Berufsgruppen, sich als „Corona-HelferIn“ zu
       bewerben.
       
       Vor diesem Hintergrund ist es wenig verwunderlich, dass das CBZJ noch nicht
       zum Einsatz kam – und vielleicht nie kommen wird. Die gesundheitspolitische
       Sprecherin der Grünen-Fraktion im Abgeordnetenhaus, Katherina Pieroth,
       kritisierte daher gegenüber der taz: Es sei zwar richtig, ein solches
       Krankenhaus für den Notfall vorzuhalten, aber man hätte auch die
       Personalfrage konsequent mitdenken müssen. „Was nutzen uns die Betten, wenn
       wir da keine Menschen behandeln können?“
       
       Der gesundheitspolitische Sprecher der Linksfraktion, Wolfgang Albers,
       sagte auf taz-Anfrage, er halt die Messeklinik nach wie vor für eine
       Fehlinvestition. „Zumal Vivantes bereits vor dieser Entscheidung 200
       Reservebetten im ehemaligen Krankenhaus Prenzlauer Berg eingerichtet hatte,
       die jederzeit mit vorhandemem Personal hätten in Betrieb gehen können und
       bisher auch nicht benötigt wurden.“ Er hätte es für besser gehalten, das
       Geld in bestehende Krankenhausstrukturen zu stecken, um diese dauerhaft
       „pandemiefest“ zu machen – etwa durch einfache Umbauten, mit denen man bei
       Bedarf Normalstationen in Infektionsstationen verwandeln könnte.
       
       Kalayci ficht die Kritik nicht an. „ Es ist gut, dass wir dieses
       Reservekrankenhaus haben“, sagt sie. Derzeit berät der Senat über eine
       Verlängerung der Laufzeit für das Behandlungszentrum, die Ende Juni
       ausläuft, wie Quiske der taz am Dienstag bestätigte.
       
       13 Apr 2021
       
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       ## AUTOREN
       
   DIR Susanne Memarnia
       
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