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       # taz.de -- Bundesjagdgesetz droht zu scheitern: Keine Mehrheit für Wald vor Wild
       
       > Klimakrise und Waldsterben erfordern eine Novelle des 44 Jahre alten
       > Bundesjagdgesetzes. Doch SPD und Union werden sich nicht einig.
       
   IMG Bild: Muss denn immer gleich geschossen werden? Konfiszierte Waffen eines Jägers in Baden-Württemberg
       
       Berlin taz | Die Bundestagsfraktionen von Union und SPD zoffen weiter wegen
       eines neuen Jagdgesetzes. Am Donnerstag Abend ist die Novelle von
       Bundesforstministerin Julia Klöckner (CDU) zum zweiten Mal von der
       Tagesordnung des Parlaments genommen worden. Hatte beim letzten Mal die SPD
       Änderungen gewünscht, gibt es nun Streit innerhalb der Union. Bei CDU und
       CSU prallen die Interessen von Waldbesitzer:innen und Jäger:innen
       aufeinander.
       
       [1][Umstritten ist vor allem die Idee „Wald vor Wild“], der Klöckners
       Entwurf Rechnung trägt. Angesichts von milliardenschweren
       Wiederaufforstungsprogrammen für die unter Dürren leidenden Wäldern sieht
       die Novelle vor, dass die Abschusspläne der Jäger künftig auf Basis
       sogenannter „Verbiss-Gutachten“ erstellt werden.
       
       Das heißt, etwa ein Förster begutachtet die Schäden an Bäumen, die durch
       Rehe, Hirsche und Co. verursacht wurden; auf Basis dessen würde ermittelt,
       wieviele Tiere die Jäger:innen erlegen müssen. Dies würden, hoffen vor
       allem die Waldbesitzer:innen, deutlich mehr sein als bisher und den
       Tierbestand in den Wäldern senken.
       
       Zweiter Streitpunkt der Gesetzesnovelle ist die Frage, ob „Waldverjüngung“
       jeglicher Art ohne Schutzmaßnahmen wie Zäune überhaupt noch möglich sein
       soll. Das heißt, neu gepflanzte Setzlinge dürften dann nicht hungrigen
       Rehen oder Hirschen zum Opfer fallen. Schon in der vergangenen
       Legislaturperiode hatte die Bundesregierung den uralten Konflikt zwischen
       Waldbesitzern und Jägern nicht auflösen können, die Novelle des
       Bundesjagdgesetzes scheiterte. Das droht sich nun zu wiederholen, denn
       regelkonform kann die Reform nur noch im Bundesrat verabschiedet werden,
       wenn der Bundestag sie in der Woche nach Ostern verabschiedet, weil sich
       das Ende der Legislaturperiode nähert.
       
       ## SPD fordert Einigung in der Unions-Fraktion
       
       Der deutsche Jagdverband (DJV) drängt deshalb auf eine „kleine Lösung“. Das
       Thema „Waldschutz“ müsse aus der Novelle herausgenommen [2][und weiterhin
       in den Landesgesetzen geregelt werden]. Bundesweit gäbe es dann nur neue
       Vorschriften für eine einheitliche Ausbildung von Jäger:innen, für
       Schießübungsnachweise und für die umstrittene Bleimunition und ihren
       Ersatz.
       
       Waldverjüngung ohne Schutzzäune sei „wirklichkeitsfremd“, begründet
       DJV-Sprecher Torsten Reinwald die Position der Jäger, „wir können doch kein
       Schild an den Wald hängen – ‚wegen Umbau geschlossen‘.“ Jahrzehntelang
       hätten die Forstverwaltungen Stellen abgebaut und die Forste so angelegt,
       dass sie möglichst günstig und effizient maschinell bewirtschaftet werden
       konnten. Sollen Wälder jetzt umgebaut werden und Buche, Ahorn, Walnuss und
       Douglasie eine Chance bekommen, müssten ihre Setzlinge eben geschützt
       werden.
       
       Für die SPD-Fraktion im Bundestag ist eine „kleine Lösung“ aber keine
       Option. „Wir haben hier einen ausgewogenen Gesetzentwurf“, sagt die
       Wald-Expertin der SPD, Isabel Mackensen. Um klimastabile Mischwälder zu
       etablieren „ist es erforderlich, die Rehwildbestände auf ein
       waldverträgliches Maß anzupassen, um die Schadflächen wieder zu bewalden
       und den Waldumbau zu ermöglichen“, so Mackensen. Sie forderte die
       Unionsfraktion auf, sich auf den vorliegenden Entwurf zu einigen.
       
       ## „Keine klare Schutzvorgabe für Nebenbaumarten“
       
       Harald Ebner, waldpolitischer Sprecher von Bündnis 90/Die Grünen im
       Bundestag, hält den Entwurf an sich allerdings schon jetzt für
       überarbeitungsreif. „Wenn Ministerin Klöckner und die Union es ernst mit
       dem Waldumbau meinen, müssen sie jetzt im Bundesjagdgesetz für wirksame
       Regelungen zur Naturverjüngung und gegen übermäßigen Wildverbiss sorgen“,
       sagt Ebner.
       
       „Bislang fehlen im Gesetzentwurf eine klare Schutzvorgabe auch für
       Nebenbaumarten, damit die gewünschten Laubbaumarten auch hochkommen
       können“. Die Vorgaben zum Verjüngungsschutz dürften nicht weiter verwässert
       und der Gemeinnutzen klimastabiler Waldökosysteme mit hoher
       Baumartenvielfalt müssten klar in den Vordergrund gestellt werden, so
       Ebner.
       
       26 Mar 2021
       
       ## LINKS
       
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