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       # taz.de -- Flüssiggasförderung bedroht: Offensive von Mosambiks Islamisten
       
       > Aufständische erobern im Norden Mosambiks die Stadt Palma. Von dort will
       > der französische Ölkonzern Total Flüssiggas exportieren.
       
   IMG Bild: Geflüchtete in einem Camp in der Provinz Cabo Delgado im Norden von Mosambik Ende Januar
       
       Berlin taz | [1][Der Bürgerkrieg in Mosambik] zwischen Regierung und
       islamistischen Rebellen hat sich spektakulär verschärft. Die Islamisten
       haben die Stadt Palma im äußersten Norden des Landes überrannt –
       logistisches Zentrum der geplanten Flüssiggasproduktion durch den
       französischen Ölmulti Total, von der sich Mosambik einen Sprung aus der
       Armut erhofft.
       
       Am Samstag bestätigten die Behörden, das 75.000 Einwohner zählende Palma
       sei am Vorabend an die Islamisten gefallen. Diese waren am Mittwoch
       eingerückt. Sie „schossen auf die Leute und die Gebäude“, berichteten
       Augenzeugen. Am Freitag berichtete ein evakuierter Total-Mitarbeiter: „Fast
       alles ist zerstört und viele Menschen sind tot.“ Andere sprachen von
       geköpften Leichen in den Straßen.
       
       Tausende von Menschen retteten sich auf das festungsartig gesicherte
       Gelände von Total auf der Afungi-Halbinsel zehn Kilometer außerhalb der
       Stadt. Dort entsteht die Infrastruktur für das 20 Milliarden US-Dollar
       schwere Investitionsprojekt [2][„Mozambique LNG“], das ab 2024 unter dem
       Indischen Ozean vor Mosambiks Küste gigantische Flüssiggasmengen fördern
       soll.
       
       Total hatte Anfang Januar aufgrund der Unsicherheit den Abbruch der
       Arbeiten erklärt. Doch nach Verhandlungen mit Mosambiks Regierung
       verkündete der Konzern am 24. März die Wiederaufnahme. Unter anderem war
       vereinbart worden, das gesamte Gebiet in einem Umkreis von 25 Kilometern,
       also einschließlich der Stadt Palma, zu einer geschützten Sicherheitszone
       zu erklären. Am Tag der Total-Erklärung starteten die Islamisten ihren
       Angriff – direkt nachdem ein Versorgungsschiff in Palma angelegt hatte.
       Bewohner vermuten, dass sie vor allem die frischen Lebensmittel plündern
       wollten.
       
       Am Montag früh saßen rund 10.000 Menschen auf dem LNG-Gelände fest, zumeist
       aus Palma geflohen. Auf Fähren werden sie nun in die Stadt Pemba weiter
       südlich gebracht.
       
       ## Zahlreiche Menschen auf der Flucht
       
       Unzählige Menschen fliehen derweil aus Palma ins Landesinnere, ohne jeden
       Schutz und ohne Versorgung. „Viele fallen übermüdet hin und können nicht
       weiter, besonders Alte und Kinder“, zitiert AFP einen Flüchtling.
       
       Dramatisch war auch das Schicksal von 180 Gästen des Hotels „Amarula Lodge“
       in Palma, wo vor allem ausländische Ingenieure und Sicherheitspersonal
       untergebracht sind. Mosambiks Armee brachte am Freitag abend 80 Hotelgäste
       mit einem Lastwagenkonvoi hinaus, der prompt unter Beschuss geriet. Zehn
       Lastwagen wurden angehalten, ihre Fahrgäste flohen und versteckten sich im
       Regenwald, wo sie von einer südafrikanischen privaten Sicherheitsfirma
       geborgen wurden.
       
       Was mit den anderen Lastwagen und ihren Insassen geschah, ist nicht
       bekannt. 100 weitere Gäste schlichen sich in der Nacht an den Strand von
       Palma, wo Soldaten sie in Booten weg brachten. Als das Hotel leer war,
       zündeten die Rebellen es an.
       
       Die islamistische „Shabaab“-Rebellion im Norden Mosambiks tobt seit 2017
       und hat bis Ende 2020 [3][nach UN-Angaben] 670.000 Menschen in die Flucht
       geschlagen und über 2600 getötet. 2019 verkündete sie ihren Beitritt zum
       globalen „Islamischen Staat“. Während die Rebellen unzählige Gräueltaten an
       der Zivilbevölkerung begangen haben, geht die Armee ebenfalls [4][brutal
       gegen tatsächliche oder vermeintliche Rebellen] vor. Mehrfach gab es
       Berichte über öffentliche Hinrichtungen gefangener Islamisten.
       
       Seit Monaten ist Palma aufgrund der Kämpfe faktisch von der Außenwelt
       abgeschnitten und wird auf dem Seeweg versorgt. Total erwägt, die
       LNG-Zentrale aus Mosambik auf die französische Insel Mayotte zu verlegen,
       die zum Komoren-Archipel unweit der Küste gehört.
       
       29 Mar 2021
       
       ## LINKS
       
   DIR [1] /Mosambik/!t5030637
   DIR [2] https://www.mzlng.total.com/en
   DIR [3] https://reliefweb.int/report/mozambique/mozambique-update-cabo-delgado-situation-4-18-march-2021
   DIR [4] /Kriegsverbrechen-in-Mosambik/!5709913
       
       ## AUTOREN
       
   DIR Dominic Johnson
       
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