URI: 
       # taz.de -- Stahlwerk-Umbau in Richtung Klimaschutz: Lange Leitungen
       
       > Damit das Bremer Stahlwerk von Arcelor Mittal klimafreundlicher
       > produzieren kann, braucht es jede Menge neuer Infrastruktur für Strom und
       > Wasserstoff.
       
   IMG Bild: Betrieben mit Koks sind die Hochöfen des Bremer Stahlwerks ein riesiger CO2-Emittent
       
       Bremen taz | Der Weg des Stahlwerks von Arcelor Mittal hin zu einer
       klimafreundlicheren Produktion wird immer konkreter. Bei der Sitzung der
       Bremer Klima-Enquetekommission am Freitag stand das Thema [1][zum zweiten
       Mal auf der Agenda]. Welche Schritte beim Stahlwerk anstehen, erklärte
       Enquetemitglied Felix Matthes vom Öko-Institut.
       
       Im Rahmen der Fördermöglichkeiten der [2][„Important Projects of Common
       European Interest“ (IPCEI)] für Wasserstofftechnologien und -systeme habe
       Arcelor Mittal laut Matthes inzwischen einen Antrag eingereicht. In diesem
       gehe es um die Ersetzung einer der mit Koks betriebenen Hochöfen durch eine
       elektrische Schrottschmelze und um „das neue Herzstück des Stahlwerks: die
       Direktreduktionsanlage“. Diese mache aus Eisenerz Eisenschwamm –zunächst
       mit dem Einsatz von Erdgas, der Anteil von grünem Wasserstoff solle stetig
       steigen, erklärte Matthes.
       
       Die Schrottschmelze solle den Hochofen bereits zwischen 2026 und 2028
       ersetzen. So steht es im [3][Zwischenbericht der Enquete] aus dem März.
       
       Aktuell pustet das Stahlwerk jährlich vier bis viereinhalb Millionen Tonnen
       CO2 in die Luft. Wenn man künftig bei der Direktreduktion auf Erdgas setze,
       so Matthes, sei eine CO2-Einsparung von bis zu 30 Prozent möglich. Wann man
       auf 60 Prozent Einsparung komme – das eigentliche Ziel –, werde davon
       abhängen, wie schnell klimaneutraler Wasserstoff verfügbar gemacht werden
       könne.
       
       „Am Ende des Transformationsprozesses wird der zweite Hochofen außer
       Betrieb gehen“, sagte Matthes, auch der eingesetzte Strom solle
       schnellstmöglich grün werden. „Wir müssen also damit umgehen, dass wir
       große Mengen Strom und perspektivisch ganz viel Wasserstoff brauchen, für
       den Übergang auch signifikante Mengen von Erdgas.“
       
       Für Bremen bedeutet das vor allem: Infrastruktur ausbauen. Denn wenn
       Arcelor Mittal am Ende des Prozesses am Bremer Standort weiterhin drei
       Millionen Tonnen Stahl jährlich produzieren will, braucht es dafür vier bis
       fünf Terawattstunden (TWh) klimaneutralen Wasserstoff – also solcher, der
       mit erneuerbaren Energien produziert wird.
       
       Das sei etwa so viel, wie 15.000 Schwerlast-LKWs verbrauchen würden, wenn
       sie jährlich 120.000 Kilometer fahren. Aber es gebe bereits akuteren
       Handlungsbedarf: „Wenn die Direktreduktionsanlage hoffentlich spätestens
       2026 in Betrieb genommen wird, wird diese im ersten Schritt sechs TWh
       Erdgas benötigen.“ Das sind 30 Prozent mehr, als alle bremischen Gebäude im
       Jahr 2017 verbraucht haben, sagt Matthes.
       
       Nicht nur für Gas, sondern auch für Strom brauche es mehr Leitungen. Der
       Bedarf werde um zwei TWh steigen. Fast so viel, wie Haushalte und
       Dienstleistungssektoren in Bremen heute verbrauchen, sagte Matthes. „Und
       das nicht in ferner Zukunft, sondern im Jahr 2026.“
       
       Dazu komme langfristig der Strombedarf für die bremische Herstellung von
       grünem Wasserstoff. Ein Viertel bis ein Fünftel des Bedarfs vom Stahlwerk
       solle damit gedeckt werden. Der Rest müsse aus dem norddeutschen
       Wasserstoffnetz bezogen werden; auch hierfür brauche es weitere
       Infrastruktur. Angesichts der oft langen Planungs- und
       Genehmigungszeiträume solcher Vorhaben fordert Matthes einen „Bremer
       Infrastruktur-Konsens, in dem sich die Parteien darauf verständigen, dass
       diese Projekte nicht unnötig verzögert werden“.
       
       Daneben braucht es für beide Anlagen natürlich auch Geld: eine Milliarde
       Euro bis 2030; insgesamt rund zwei Milliarden. Diese müssten von Bremer
       Akteur*innen auf Bundes- und EU-Ebene gesichert werden.
       
       Die fast 200 Anträge zu den IPCEI-Projekten überstiegen die verfügbaren
       Mittel um ein Vielfaches, sagte am Freitag der Referent Thorsten Herdan vom
       Bundesministerium für Wirtschaft und Energie. Carsten Sieling (SPD),
       Enquetemitglied und stellvertretender Vorsitzender, zeigt sich auf
       Nachfrage der taz aber optimistisch: „Nach den mir vorliegenden
       Informationen ist der IPCEI-Antrag gut vorbereitet und es gibt keinen
       Anlass, an seinem Erfolg zu zweifeln.“
       
       19 Apr 2021
       
       ## LINKS
       
   DIR [1] /Konversion-des-Bremer-Stahlwerks/!5711339
   DIR [2] https://www.bmwi.de/Redaktion/DE/Artikel/Energie/ipcei-wasserstoff.html
   DIR [3] https://www.bremische-buergerschaft.de/presse/Zwischenbericht_Enquetekommission_Bremen.pdf
       
       ## AUTOREN
       
   DIR Alina Götz
       
       ## TAGS
       
   DIR Wasserstoff
   DIR Bremen
   DIR Schwerpunkt Klimawandel
   DIR Infrastruktur
   DIR Stahlwerk
   DIR Enquete-Kommission
   DIR Grüne Bremen
   DIR Vegetarismus
   DIR Verkehr
   DIR Bremen
   DIR Bremen
   DIR Bremen
   DIR Wasserstoff
   DIR Strukturwandel
       
       ## ARTIKEL ZUM THEMA
       
   DIR Klimaschutzstrategie für Bremen: Auf dem Weg
       
       Bremen hat eine Klimaschutzstrategie 2030, die sich sehen lassen kann. Am
       Freitag legte die extra eingesetzte Enquetekommission ihren Bericht vor.
       
   DIR Bremer Klima-Enquete über Ernährung: Lecker und gerecht
       
       Umweltfreundlich essen – wie das geht, darüber hat die Bremer Klima-Enquete
       in ihrer 15.Sitzung diskutiert. Einig war man sich nicht.
       
   DIR Klimaschutz im Verkehr: Kraftstoffe sollen grüner werden
       
       Mit einem neuen Gesetz zur Minderung von Treibhausgasen bleibt Palmöl
       länger im Tank. Stadtwerke produzieren eigenen Wasserstoff.
       
   DIR Klimaschutz und Arbeitsmarkt in Bremen: Handwerker:innen for Future
       
       Um Bremen in Sachen Klimaschutz voranzubringen, braucht es mehr Fachkräfte.
       Besonders im Handwerk wird es immer schwieriger, Auszubildende zu finden.
       
   DIR Klimacamp in der Bremer Innenstadt: Kampfbereit auf dem Sofa
       
       Aktivist*innen haben in der Bremer Innenstadt ein Klimacamp errichtet.
       Der Sprecher der Umweltbehörde gibt sich gesprächsbereit.
       
   DIR Klimaschutz-Enquete in Bremen: Mit Trippel-Schritten nach Paris
       
       Eine Enquetekommission soll für Bremen die Klimaschutzstrategie entwickeln.
       Nun hat sie ihren Zwischenbericht vorgestellt.
       
   DIR Enquetekommission Klimaschutz Bremen: Das Meer kommt näher
       
       Steigt der Meeresspiegel weiter, wird's für Bremerhaven brenzlig. Doch die
       Stadt setzt beim Klimaschutz auf eine junge Technologie.
       
   DIR Konversion des Bremer Stahlwerks: Immer dieser Wasserstoff-Hype
       
       Wenn Bremen seine Klimaziele erreichen will, muss das Stahlwerk deutlich
       CO2 einsparen. Was Arcelor Mittal plant und warum Experten das nicht
       reicht.