# taz.de -- Ölkonzern wird Spionage vorgeworfen: Mit MI6-Agenten gegen Greenpeace
> Der Mineralölkonzern OMV soll Umweltschützer bespitzelt haben. Die
> Vorwürfe kann das Unternehmen nicht glaubwürdig ausräumen.
IMG Bild: Protestaktion von Fridays for Future, Red Rebels und Extinction Rebellion in Wien im März 2021
Wien taz | [1][Greenpeace Österreich und Fridays for Future (FFF)]
Österreich werden im Auftrag der OMV von der spezialisierten
internationalen Security-Firma Welund beobachtet. So viel ist klar. Wie
weit diese Beobachtung geht, bleibt aber geheimnisvoll. Greenpeace hatte
vergangenes Jahr eine Kampagne gegen Offshore-Bohrungen des Ölkonzerns in
Neuseeland organisiert. Die von Greta Thunberg ins Leben gerufene
Klimaplattform FFF sieht die OMV als eine der wichtigsten Treiberinnen des
Klimawandels in Österreich.
Im vergangenen Frühjahr wurde den Büros von Greenpeace und FFF in Wien eine
beunruhigende E-Mail zugespielt. Darin fragt ein OMV-Security-Manager am
24. Februar 2020 zwei Kollegen, ob sie in einen Verteiler aufgenommen
werden wollen, in dem Welund regelmäßig über Umweltaktivisten berichtet.
Welund wird darin als „our target activism intelligence provider“
beschrieben. Es geht also um „gezielte geheimdienstliche Überwachung“.
Ganz anders stellt es die OMV in einem Antwortschreiben dar, das der
Konzern auf eine Anfrage von Greenpeace Österreich abschickte. Darin ist
von normaler Pressebeobachtung die Rede. Jasmin Duregger, Pressesprecherin
für Greenpeace Ost- und Mitteleuropa, fragt sich: „Wenn ich normales
Pressemonitoring mache, warum muss ich eine spezialisierte Firma anheuern,
die von einem MI6-Agenten gegründet wurde?“. MI6, wie jeder
James-Bond-Kenner weiß, ist der britische Auslandsgeheimdienst. Auch die
Auskunft, dass nur die sozialen Medien durchforstet würden, hält Duregger
für „fadenscheinig“.
„Wenn wir Protestaktionen planen, ist das extrem vertraulich“, erklärt die
Sprecherin, „die Information darüber wird mit sehr wenigen Leuten geteilt.
Es ist öffentlich nicht ersichtlich, was unsere Pläne sind, da wir sie über
verschlüsselte Kommunikation vorbereiten“. Bisher habe es keine
Hackerangriffe gegeben, auch Maulwürfe seien keine eingeschleust worden.
Dass sich Welund illegaler Methoden bedient, um die Klimaaktivisten zu
bespitzeln, könne man also nicht beweisen. Deswegen wolle man wissen, was
genau in den Verträgen mit Welund vereinbart ist. Von der OMV wurde auf die
Vertraulichkeit dieser Verträge verwiesen. Welund habe auf diese und auf
Presseanfragen nicht geantwortet.
## Spionagemethoden sind nicht neu
Dass Greenpeace weltweit unter Beobachtung der Ölindustrie steht, ist 2017
in Neuseeland nachgewiesen worden. Dort konnten die lokalen Aktivisten mit
einer Gegenüberwachung nachweisen, dass die Security-Firma Thompson + Clark
über vertrauliche Archive und mittels GPS-Trackers ihre Bewegungen
überwacht hatte. Für eine vergleichbare Recherche habe man in Wien weder
die Ressourcen, noch die Zeit.
[2][Greenpeace] und FFF wandten sich an Bundeskanzler Sebastian Kurz (ÖVP),
Vizekanzler Werner Kogler (Grüne) und Finanzminister Gernot Blümel (ÖVP) um
Unterstützung. Einzig Kogler hat am 7. April mit einem Schreiben an
OMV-Generaldirektor Rainer Seele darauf reagiert: „Da die OMV ein sehr
exponiertes und wichtiges Unternehmen ist, an dem die Republik Österreich
mit 31,5 Prozent beteiligt ist, halte ich eine rasche Behandlung der
Thematik und entsprechende Aufklärung der in den Raum gestellten Vorwürfe
im Sinne der öffentlichen Relevanz, Transparenz und gesellschaftlichen
Vertrauensbildung für wichtig.“ Die Antwort eine Woche später war aber
nichts sagend. Nach einem Bekenntnis zu Klimaschutz und Transparenz wird
beteuert: „Den Vorwurf, dass NGOs oder Privatpersonen ausspioniert würden
oder in der Vergangenheit wurden, weist die OMV entschieden zurück.“ Sie
schließt mit einem Gesprächsangebot an die Betroffenen.
Das ist nicht das, was sie sich gewünscht hatten. Jasmin Duregger: „Man hat
uns einen allgemeinen Termin mit der Pressestelle angeboten.“ Sie wollen
aber von den Verantwortlichen wissen, was in den Verträgen steht.
18 Apr 2021
## LINKS
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DIR [2] /Whisteblower-und-Quellenschutz/!5418534
## AUTOREN
DIR Ralf Leonhard
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