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       # taz.de -- Norbert Walter-Borjans zur Union: „Das Kriegsbeil ist nicht begraben“
       
       > SPD-Chef Walter-Borjans glaubt, dass die CDU in Laschet- und Söder-Fans
       > gespalten bleibt. Die Grünen warnt er vor zu viel glatter
       > Professionalität.
       
   IMG Bild: SPD-Vorsitzender Norbert Walter-Borjans
       
       taz: Herr Walter-Borjans, knallen im Willy-Brandt-Haus die Sektkorken,
       jetzt wo [1][Armin Laschet Kanzlerkandidat der Union] wird? 
       
       Norbert Walter-Borjans: (lacht) Wir hätten uns auf jeden Kandidaten
       eingestellt. Beide sind weniger geeignet als Olaf Scholz. Es wäre aber
       grundfalsch, Armin Laschet nicht ernst zu nehmen. Aber ich kenne ihn aus
       NRW, als er dort Oppositionsführer war. Klarer Kurs und Verlässlichkeit
       sind nicht seine Stärke. Deshalb konnte ihn Söder in diesem Hahnenkampf
       auch so unter Druck setzen.
       
       Hat Söder ihn unterschätzt? 
       
       Laschet hat gezeigt, dass er länger als alle anderen stehen bleiben kann.
       Das ist eine Qualität, die sich besonders in Gremien entfaltet. Offenbar
       zur Überraschung von Markus Söder. Die Fähigkeit zum Taktieren in Gremien
       ist aber noch keine gute Politik. Der Ernstfall sind nicht die
       Vorstandssitzungen, der Ernstfall ist vor Ort, hat Johannes Rau zu Recht
       gesagt.
       
       Machen Sie sich Sorgen um die Union als letzte Volkspartei? 
       
       Volksparteien links und rechts der Mitte bleiben wichtig, um die
       zivilgesellschaftlichen Strömungen zusammenzuführen. Die Krise der CDU ist
       jetzt besonders virulent geworden. Mit der Maskenaffäre genauso wie mit der
       erkennbaren Spaltung in Söder- und Laschet-Getreue.
       
       Und der Spaltpilz bleibt. Söder hat seinen Kotau ja damit verbunden,
       besonders den Jungen zu danken, die auf Zukunft aus waren, also auf ihn.
       Damit ist ja klar: Das Kriegsbeil ist nicht begraben. Er hat es nur mühsam
       hinter dem Rücken versteckt. Wenn künftig noch Merz und Maaßen in den
       Bundestag einziehen, wird es kaum besser.
       
       Bislang war die SPD die Drama Queen der deutschen Parteien. Läuft die Union
       der SPD den Rang ab? 
       
       Die SPD ist jedenfalls in ruhigem Fahrwasser mit klarem Kurs in die
       Zukunft. Das tut ihr gut und ist in aller Bescheidenheit auch das Verdienst
       von Saskia Esken und mir.
       
       Aber die SPD hat von der Maskenaffäre und den Tumulten in der Union in
       Umfragen gar nichts. Warum? 
       
       Erfolge der Regierung gelten als Leistung des „Teams Merkel“, selbst wenn
       wir sie wie so oft gegen CDU/CSU und die Kanzlerin durchgesetzt haben. Wenn
       wir aber bei den Konservativen auf Granit beißen und uns mal nicht
       durchsetzen, trifft die Enttäuschung die Regierung insgesamt. Da nutzt der
       SPD der Verweis, dass wir mehr wollten, nicht viel. Das ist unser Dilemma.
       Es liegt nicht an einem Mangel an Geschlossenheit oder Zielstrebigkeit.
       
       Aber warum nutzt der SPD die Krise der Union nichts? 
       
       Die von CDU und CSU Enttäuschten wenden sich eher einer als bürgerlich
       wahrgenommenen Opposition zu. Das gilt für die FDP, aber auch für die
       Grünen. Uns muss besser gelingen, mit der SPD zu verbinden, wie viel wir in
       der Pandemie oft gegen harten Widerstand aus CDU und CSU für Arbeitsplätze,
       Familien und Bildung erreicht haben.
       
       Wir müssen deutlich machen, dass die SPD ins Kanzleramt gehört, wenn wir
       gut durch den ökonomischen und ökologischen Wandel kommen wollen. Der
       Wandel kommt. Ohne starke Sozialdemokratie wird er wenige Gewinner und
       viele Verlierer haben. Die SPD führt den Green Deal mit einem Social Deal
       zusammen. Dafür haben wir den besseren Kandidaten.
       
       Die Grünen [2][nominierten geräuschlos Annalena Baerbock] … 
       
       Ja, das war eine beeindruckende Inszenierung. Aber es ist auch eine Art
       Professionalität, bei der leicht ein Stück Seele verloren gehen kann. Die
       Grünen bemühen sich zurzeit erkennbar um frustrierte Merkel-Wähler. Es wäre
       schade, wenn das zulasten klarer Positionen ginge. Die Grünen als eine
       weitere x-beliebige bürgerliche Partei, das ist keine gute Vorstellung.
       
       21 Apr 2021
       
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