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       # taz.de -- Basketballliga der Frauen: Nur eine lokale Größe
       
       > Die Basketballerinnen aus Keltern werden kaum beachtet deutscher Meister.
       > Eine „Agenda 2030“ soll die schlechten Bedingungen in der Liga
       > verbessern.
       
   IMG Bild: Auf dem Weg zur Meisterschaft: Taylor Mingo von Keltern in der Finalserie am Ball
       
       Als Krystal Vaughn mit einer Schere in der Hand auf den Tisch unter dem
       Korb kletterte, dürften sich die Zuschauer des Sporttotal-Livestreams am
       Sonntagabend verwundert die Augen gerieben haben. Die US-amerikanische
       Center-Spielerin vom [1][frischgebackenen deutschen
       Frauen-Basketballmeister Keltern] wollte nach dem entscheidenden dritten
       Sieg der Playoff-Finalserie ihres Teams gegen Osnabrück (95:56) den Titel
       so feiern, wie sie es aus ihrer Zeit aus dem US-College-Basketball kennt.
       „Cutting down the nets“ heißt dort die Tradition, bei der die
       Titelträger:innen das Korbnetz abschneiden und es sich als Souvenir
       sichern.
       
       Nur verfolgen in den USA dieses Ritual regelmäßig mehr als drei Millionen
       Zuschauer:innen. Bei den drei Finalspielen der deutschen
       Frauen-Basketball-Bundesliga DBBL schauten zusammengenommen nicht mal 5.000
       zu. Warum?
       
       Ein Grund: die fehlende Öffentlichkeitsarbeit der Liga. Es werden keine
       Pressemitteilungen verschickt, soziale Medien nur sporadisch bespielt – und
       selbst auf der Startseite der DBBL-Homepage fand sich am Mittwoch kein
       Hinweis auf das erste Finalspiel am Abend. Das Ergebnis: Die Liga wird
       höchstens in Lokalmedien oder auf Portalen wie Sportfrauen.net
       thematisiert. „Da müssen wir uns, glaube ich, noch ein Stück weit besser
       aufstellen und ein besseres Angebot machen“, gesteht Philipp Reuner, seit
       September letzten Jahres Geschäftsführer der DBBL. „Das ist ein
       langfristiger Prozess.“
       
       Das Problem: Es fehlen sowohl personelle als auch finanzielle Ressourcen.
       Erst seit Anfang März wird Reuner im Hagener Ligabüro von einer weiteren
       hauptamtlichen Mitarbeiterin unterstützt. Eine:n Pressesprecher:in
       gibt es nicht. Und auch wenn seit dieser Saison ein japanischer
       Autohersteller Namensgeber der Liga ist, viel mehr als den Spielbetrieb zu
       organisieren ist offenbar nicht drin.
       
       ## Zehn Jahre ohne EM-Teilnahme
       
       Der DBBL und ihrer Öffentlichkeitsarbeit die alleinige Schuld an der
       unbefriedigenden Situation zu geben, greift allerdings zu kurz – [2][zumal
       auch Frauen-Bundesligen in anderen Sportarten unter fehlender
       Aufmerksamkeit und meist männlich dominierten Sportredaktionen leiden]. Im
       Vergleich zu Volleyball oder Handball scheint die DBBL aber geradezu
       unterzugehen. Die fehlenden Erfolge sind ein weiterer Grund. Die
       Frauen-Nationalmannschaft konnte sich seit zehn Jahren nicht mehr für eine
       EM qualifizieren, in der internationalen Euroleague ist kein deutscher
       Verein vertreten.
       
       Außer für Meister und Pokalsieger Keltern, dem RB Leipzig des
       Frauen-Basketballs, sind große Sprünge für Mannschaften wie Wasserburg,
       Herne, Marburg oder Halle angesichts fast nur lokaler Kleinsponsoren
       unmöglich. Die Konsequenz: Basketball-Abteilungsleiterinnen wie Paula
       Zaschka vom finanziell angeschlagenen bayerischen TSV Wasserburg müssen
       Spielbetrieb, Nachwuchsarbeit, Marketing und Öffentlichkeitsarbeit fast in
       Eigenregie verrichten.
       
       Für die besten deutschen Spielerinnen ist diese fehlende Professionalität
       unattraktiv. Hinzu kommen die prekären Arbeitsbedingungen:
       Spielerinnen-Gehälter liegen oft nicht mal im vierstelligen Bereich, viele
       Verträge enden mit dem letzten Spieltag. Im Sommer droht dann schon mal die
       Arbeitslosigkeit.
       
       Die „Agenda 2030“, eine seit vergangenem Oktober bestehende Kooperation
       zwischen der Liga und dem Deutschen Basketball-Bund, soll den
       Frauen-Basketball aus seinem Schattendasein befreien – und ihn unter
       anderem zur erfolgreichsten Teamsportart machen. „Wir müssen jetzt
       anfangen, um die Damen-Bundesliga in zehn Jahren wieder hoffähig zu
       machen“, sagt DBB-Vize-Präsident Armin Andres, dessen Verband den
       Frauen-Basketball selbst lange vernachlässigt hat. Wenn es Liga und Verband
       ernst meinen mit der Agenda, könnten bei den DBBL-Spielen zukünftig
       vielleicht auch mal mehr als 2.000 Fans zuschauen.
       
       26 Apr 2021
       
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