# taz.de -- Prioritäten in der Coronapandemie: Kultur ist ein Menschenrecht
> Ein Experiment in Barcelona zeigt, dass Konzerte selbst in einer Halle
> sicher durchgeführt werden können. Die Politik sollte daran anknüpfen, um
> Kultur zu ermöglichen.
IMG Bild: Ein Konzert als Test für die Zukunft: „Love of Lesbian“ spielten in Barcelona vor 5.000 Fans
Als über die sogenannte [1][Bundesnotbremse] verhandelt wurde, sprach man
über vieles, nur eines nicht: die Kultur. Sie scheint in Zeiten der
Pandemie zu vernachlässigen zu sein. Denn eine Folge des Gesetzes ist, dass
alle Konzepte, sichere Kulturveranstaltungen stattfinden zu lassen, für die
Schublade geschrieben wurden.
Die Museen sind wieder geschlossen, die Theater zu musealen Orten geworden.
Bis 30. Juni, so lange gilt das Gesetz, wird Deutschland eine kulturlose
Zone bleiben, außer die Inzidenzzahl fällt fünf Werktage lang unter die
magische Marke von 100.
Ja, wir dürfen weiter Bücher lesen und Filme schauen, das war’s aber auch
schon. Wenn uns Ministerpräsidenten nun erzählen, [2][sie hätten einen
„Gipfel der Hoffnung“ erklommen,] könnte man zum Schluss kommen: Sie
unterschätzen den Stellenwert der Kultur für eine freie, demokratische und
pluralistische Gesellschaft. Man muss kein Epidemiologe sein, um zu wissen,
dass sich virenbelastete Aerosole unter freiem Himmel schwerlich zu einem
gefährlichen Cocktail akkumulieren. Mit Tests, Maskenpflicht, entzerrtem
Einlass lässt sich das Risiko für Veranstaltungen im Freien stark
minimieren.
Das Land Berlin hatte im Winter das Projekt „Draußenstadt“ geplant, aber
angesichts steigender Inzidenzzahlen nicht initiiert. Nun hoffte man,
loslegen zu können. Da kam die Bremse.
## Teilnahme an Kultur ermöglichen
Ein [3][Experiment in Barcelona zeigt, dass Konzerte selbst in einer Halle
sicher durchgeführt werden können]. Am 27. März besuchten 5.000 Menschen
den Musikpalast Sant Jordi. Tags zuvor waren sie einem Antigen-Test
unterzogen worden, zwei Wochen danach einem PCR-Test.
Das Ergebnis: Es gibt keine Anzeichen dafür, dass es innerhalb der
Veranstaltung zu Ansteckungen kam. Ein Konzert in Innenräumen mit
vorherigem Antigen-Screening ist laut der untersuchenden Ärzte eine sichere
Aktivität. Der Einlass wurde über vier Eingänge über mehrere Stunden
abgewickelt, um Ansammlungen zu vermeiden. Der öffentliche Nahverkehr wurde
so entlastet. Soziale Distanz wurde nicht verlangt, aber das Tragen einer
FFP2-Maske. In den Niederlanden kamen Experimente zu ähnlichen Ergebnissen.
Es wird Zeit, dass die Politik die Entwicklung von Konzepten anstößt, die
uns die Teilnahme an Kultur ermöglichen. Der Schutz von Leben und
Gesundheit geht vor, keine Frage. Aber wir alle haben „das Recht, am
kulturellen Leben der Gemeinschaft frei teilzunehmen, uns an den Künsten zu
erfreuen und am wissenschaftlichen Fortschritt und dessen Errungenschaften
teilzuhaben“. Das ist nicht irgendein Recht. Es ist ein Menschenrecht.
27 Apr 2021
## LINKS
DIR [1] https://www.bundesregierung.de/breg-de/suche/bundesweite-notbremse-1888982
DIR [2] https://www.tagesschau.de/inland/innenpolitik/coronavirus-impfungen-lockerungen-103.html
DIR [3] https://www.rollingstone.de/corona-konzert-barcelona-love-of-lesbian-2251213/
## AUTOREN
DIR Ulrich Gutmair
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