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       # taz.de -- Streit um die Energiewende: Holzkraftwerk befeuert Erderhitzung
       
       > Klimaktivisten trommeln gegen ein in Bau befindliches Holzheizkraftwerk
       > in Cuxhaven. Dabei gilt das Verbrennen von Holz als klimaneutral.
       
   IMG Bild: Auch Holz, das im Wald verrottet, setzt CO2 frei: zerfallender Baumstamm
       
       Hamburg taz | Klimaschützer versuchen, den Bau eines Holzheizkraftwerks in
       Cuxhaven auf den letzten Metern zu verhindern. Dabei wird das Kraftwerk
       selbst als Klimaschutzprojekt nach dem Erneuerbare-Energien-Gesetz (EEG) 20
       Jahre lang gefördert. Aus Sicht von „[1][Fridays for Future“ (FFF)] und
       „Parents for Future“ (P4F) Cuxhaven ist das Vorhaben aber komplett
       verfehlt: „Klimaschädlicher lässt sich Energie nicht erzeugen!“, schreiben
       sie in einer Pressemitteilung.
       
       Mit dem Bau des [2][Holzheizkraftwerks auf dem Cuxhavener Hafengelände] ist
       im Februar offiziell begonnen worden. Mit 49,9 Megawatt – das entspricht
       etwa 14 Windkraftanlagen an Land – wird es eher klein ausfallen. Die
       Nennleistung ist so gewählt, dass das Kraftwerk in einem „vereinfachten
       Verfahren nach dem Bundes-Immissionsschutzgesetz (BImSchG)“ genehmigt
       werden konnte. Ab 50 Megawatt hätte die Öffentlichkeit beteiligt werden
       müssen – ein Umstand, der die Klimaschützer besonders ärgert.
       
       Das Kraftwerk soll in erster Linie Strom liefern, aber auch einen
       wesentlich kleineren Anteil Fernwärme für ein in Cuxhaven noch zu
       errichtendes Netz. 2.500 Drei-Personen-Haushalte könnten nach Auskunft der
       Planer rechnerisch damit versorgt werden. Und der Clou: Gegenüber der
       Verbrennung von Kohle, Erdöl der Gas würden jährlich 20.000 Tonnen
       Kohlendioxid (CO2) gespart.
       
       Doch diese Rechnung wollen die Cuxhavener Klimaschützer so nicht gelten
       lassen. „Für das Ziel, die Erderwärmung auf maximal 1,5 Grad zu begrenzen,
       sind die nächsten Jahre entscheidend“, argumentieren sie. Holz zu
       verbrennen, setze sofort CO2 frei; bis neu gepflanzte Bäume die gleiche
       Menge des Treibhausgases aufnehmen könnten, vergingen viele Jahrzehnte.
       „Diese Zeit haben wir nicht mehr, um die Erderwärmung und die Folgen auf
       ein beherrschbares Niveau zu begrenzen“, warnen sie.
       
       ## Umweltorganisationen sehen „Raubbau am Wald“
       
       Dazu komme, dass beim Verbrennen von Holz pro Energieeinheit mehr
       Kohlendioxid freigesetzt werde als bei fossilen Brennstoffen. Und der
       Energieverbrauch beim Herbeischaffen des Holzes werde ebenfalls ignoriert.
       Im November haben sich viele namhafte Umweltorganisationen – vom BUND bis
       zu Robin Wood – [3][gegen das Verbrennen von Holz] ausgesprochen. Das sei
       „Raubbau am Wald“.
       
       Frank Berghorn von der Betreiberfirma Holzheizkraftwerke Cuxhaven, der die
       Anlage geplant hat, findet die Kritik unangebracht. „Wir arbeiten nach den
       gesetzlichen Regelungen“, sagt er. Die Anlage sei entsprechend der
       Förderrichtlinien des Bundes konzipiert. Der Geldgeber Fontavis, eine
       Schweizer Vermögensverwaltungsgesellschaft, weist darauf hin, dass sich das
       Projekt bei einer EEG-Auktion für Biomasse, bei der die günstigsten
       Projekte Förderzusagen erhalten, durchgesetzt habe.
       
       Die Anlage, sagt Berghorn, werde mit Restholz arbeiten, das entweder bei
       der Produktion anfalle oder gleich im Wald liegen bliebe. „Wenn Sie das
       Holz im Wald verrotten lassen, setzt es auch CO2 frei“, sagt der Ingenieur.
       
       FFF und P4F kritisieren, dass das Kraftwerk zu 85 Prozent Strom und nur zu
       15 Prozent Fernwärme liefern soll. Angesichts des Stromüberschusses an der
       Küste durch den vielen Windstrom sei das Unsinn. Doch auch, dass das
       Kraftwerk sich an der Stromerzeugung orientiere, liege am Förderdesign,
       sagt Berghorn. „Wenn man das anders wollte, müsste man die gesetzlichen
       Grundlagen ändern“, sagt er.
       
       Den Ingenieur ärgert, dass seinem Projekt die Nachhaltigkeit abgesprochen
       wird. Er habe selbst Windkraft- und Solaranlagen projektiert und könne
       Vorträge über Nachhaltigkeitsprobleme bei diesen Projekten halten.
       Besonders irritiert ihn, dass aber auch Wind- und Solarparks im Landkreis
       auf Widerstand stießen. So wurde das regionale Raumordnungsprogramm nach
       Klagen von Windparkbetreibern und einem Anlieger gekippt und in Ihlienworth
       wehrten sich Anwohner gegen einen großen Solarpark, der nun auf Eis liegt.
       
       ## Projekt war lange bekannt
       
       Auf den Vorwurf, die Anlage so geplant zu haben, dass eine
       Öffentlichkeitsbeteiligung nicht nötig war, geht Berghorn nicht ein. Er
       verwahrt sich aber gegen den von FFF erhobenen Vorwurf, das Projekt sei
       erst seit Kurzem bekannt. Die Planung laufe seit sechs Jahren. Stadt und
       Kreis seien beteiligt gewesen. Die Cuxhavener Grünen haben sich im Frühjahr
       2019 mit dem Projekt befasst. Da stand das Bauschild schon einige Zeit. Die
       [4][Grünen planen nun für den 4. Mai eine Videokonferenz] zu dem Thema.
       
       Berghorn und die Klimaaktivisten werfen sich gegenseitig vor, nicht
       gesprächsbereit zu sein. Dabei verstehe er etwas von öffentlicher
       Kommunikation, sagt Berghorn, schließlich sei er Fraktionsvorsitzender der
       CDU im Kreistag und mache seit Jahrzehnten Politik.
       
       „Wir hoffen darauf, dass es den Cuxhavener Stadtratsfraktionen gelingt,
       eine Entscheidung über den Weiterbau des Kraftwerkes in ihre Befugnis zu
       bringen“, sagt Christopher Jesse von FFF. Das Kraftwerk übe unmittelbaren
       Einfluss auf die Zukunft der Cuxhaverinnen und Cuxhavener aus. Deshalb
       müssten diese auch beteiligt werden
       
       29 Apr 2021
       
       ## LINKS
       
   DIR [1] /Fridays-for-Future/!5754945
   DIR [2] https://www.google.com/url?sa=t&rct=j&q=&esrc=s&source=web&cd=&cad=rja&uact=8&ved=2ahUKEwik6LWI6qDwAhXHgf0HHQhDDwwQFjADegQIBRAD&url=https%3A%2F%2Fwww.ee-news.ch%2Fde%2Farticle%2F45506%2Ffontavis-renewable-infrastructure-fund-europe-investiert-in-49-9-mw-holzheizkraftwerk-in-cuxhaven&usg=AOvVaw0OgZERQ-rBTTqby0miwf7D
   DIR [3] /Brandbrief-der-Umweltorganisationen/!5754572
   DIR [4] https://www.cux-gruene.de/81_Veranstaltungsausgabe_ausfuehrlich.php?IDtermin=107
       
       ## AUTOREN
       
   DIR Gernot Knödler
       
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