URI: 
       # taz.de -- Berliner Ausstellung zu Körpern: Kunst im Schwarm
       
       > Gedruckte Ausstellung: die Gruppenschau „zwischen körpern“ der Kleinen
       > Humboldt Galerie erscheint in Buchform. Im K. Verlag und als e-book.
       
   IMG Bild: Carolina Caycedo, „Más allá del control [Beyond Control]“, 2013–jetzt, Performance für „Pasado Tiempo Futuro. Arte en Colombia en el siglo XXI“, MAMM, 2019
       
       Schwärme. Schwärme in unterschiedlichen Ausführungen. Schwärme, wie man sie
       aus dem Tierreich kennt oder aus Kinderbüchern wie „Swimmy“. Schwärme, die
       aus Einzelnen einen kollektiven Körper bilden, auch wenn dieser nur ein
       scheinbarer oder ein temporärer ist, der an Größe gewinnt und sich gegen
       Repressionen wehren kann, gegen die ein einzelnes Wesen nicht ankommt.
       
       Fangen wir bei einer Art Schwarm von [1][Ester Fleckner] an, der die
       Ausstellung-als-Buch „[2][zwischen körpern“] eröffnet, die das Team der
       Kleinen Humboldt Galerie entwickelte, als klar wurde, dass eine physische
       Ausstellung im Tieranatomischen Theater nicht mehr infrage kam. Den ersten
       Schwarm bildet also Fleckners dichtes Konglomerat aus in Holz eingeritzter
       und anschließend auf Papier gedruckter Striche auf Papier. Auf der Serie
       „Argumenter for begær [Arguments for Desire]“ (2013–2015) überkreuzen sich
       die Strichellinien, bilden abstrahierte Sternformationen, bilden Kreise um
       sich, finden sich in Gruppen zusammen.
       
       Fleckner bezieht sich auf queere Thematiken wie Begehren, ohne dabei auf
       Figuration zurückzugreifen, eine willkommene Abwechslung zum Go-To der
       Queer Art. In ihrem Werk kommen wechselnde Konstellationen zum Tragen,
       Beziehungsgeflechte, die mal durch Abstände geprägt sind und mal als dichte
       Aggregationen erscheinen. Zwischen den Markierungen: Klüfte, Kollisionen,
       Kontakte.
       
       Ein personenbezogener Schwarm taucht dann aber doch auch auf, und zwar in
       Form einer digitalen Figur, die die Erzählerin in [3][Marco Buetikofer &
       Lotte Meret Effinger] experimentellem Videospiel “Datafiction“ (2019) mal
       eben ganz trocken in ein Cyber-Dreieck einführt: “He had a crush on me, I
       had a crush on Lara Croft“. Ein ganz banaler Schwarm asymmetrisch
       angeordneter schwarzer und weißer Rechtecke – eingeschlossen in einem
       Quadrat – ist schließlich auf dem der Publikation beiliegenden Flyer zu
       finden, der auch [4][online] verfügbar ist. Der QR-Code weißt den Weg zu
       solchen Videoarbeiten wie „Datafiction“, die noch bis Ende der Laufzeit im
       Netz einsehbar sind.
       
       ## Choreographien der Macht
       
       Schwarm kommt hier aber auch als Begriff aus der Luftwaffe oder des
       Policings in den Sinn: ausschwärmen, einkesseln, durchsuchen. Im Interview
       beschreibt [5][Dr. Michaela Dudley] die Umstände, die 1969 zum Aufstand
       gegen die Polizei vor dem Stonewall Inn in New York führten, allen voran
       Aktivist:innen of Color wie Marsha P. Johnson. Den eigenen Körper, der
       schon längst Gewalt ausgesetzt ist, der staatlichen Gewalt noch einmal
       bewusst auszusetzen, um sich ihr entgegenzusetzen, das ist das große Erbe
       solcher Kämpfer:innen.
       
       Gruppen in Bewegung und ihre „Choregraphien der Macht“, wie es im Buch
       heißt, kommen auch in [6][Carlina Caycedos] Performances zum Ausdruck, für
       die die Künstlerin Menschenansammlungen inszeniert. Eine Dokumentation der
       Performance „[7][Más allá del control [Beyond Control]“ (2013–jetzt)]
       zeigt, wie sich eine Gruppe Zuschauer:innen dicht in eine Raumecke
       drängt und Erzählungen zu Dammprojekten lauscht, die in den Amerikas die
       Bewegungen von Flussläufen einschränken.
       
       Zum Dreieck werden, gegen Wände stoßen – es spielt sich etwas
       Verbindungschaffendes ab zwischen den menschlichen Körpern und den „bodies
       of water“, die hier augenblicklich über die Ufer treten werden.
       
       18 Apr 2021
       
       ## LINKS
       
   DIR [1] http://esterfleckner.net/
   DIR [2] https://www.kleinehumboldtgalerie.de/zwischenkoerpern/
   DIR [3] https://www.kleinehumboldtgalerie.de/meret/
   DIR [4] https://www.kleinehumboldtgalerie.de/wp-content/uploads/2021/03/Faltblatt_2021_zwischenkoerpern.pdf
   DIR [5] https://www.instagram.com/dr.michaela.dudley/
   DIR [6] http://carolinacaycedo.com/beyond-control-2013
   DIR [7] https://www.kleinehumboldtgalerie.de/caycedo/
       
       ## AUTOREN
       
   DIR Noemi Molitor
       
       ## TAGS
       
   DIR Kunst Berlin
   DIR taz Plan
   DIR Körper in der Kunst
   DIR Performance
   DIR Queer
   DIR taz Plan
   DIR taz Plan
   DIR taz Plan
       
       ## ARTIKEL ZUM THEMA
       
   DIR Asiatisches Film- und Videokunstfestival: Asian cinema, queer gedubbed
       
       Experimentelle Filme + Shorts galore: Der Projektraum NON Berlin richtet
       das Festival „NONFLIX“ aus, das parallel in Ho Chi Minh City und Hanoi
       läuft.
       
   DIR 30 Jahre Interflugs an der UdK: „Keine Uni ohne uns“
       
       Uni-Streiks, Freie Klassen, Videozeitung: Mit „feral: methods“ ist ein
       Archiv studentischer Bewegung an der UdK entstanden – im Netz und in der
       nGbK.
       
   DIR Buch über Integrationskurse: Integriert euch doch selber
       
       Das Kunst- und Rechercheprojekt „Man schenkt keinen Hund“ zeigt wie sehr
       Lehrmaterialien Ideen von „Leitkultur“ und „Deutschsein“ transportieren.