URI: 
       # taz.de -- Neue Musik aus Berlin: Bis die Pilze wirken
       
       > „Wollny – Parisien – Lefebvre – Lillinger“ fassen im Album „XXXX“ acht
       > Stunden Material aus gemeinsamen Sessions in 45 Minuten zusammen.
       
   IMG Bild: „Wollny – Parisien – Lefebvre – Lillinger“
       
       Bei musikbegeisterten Menschen dürfte schon der Name dieses neu
       zusammengewürfelten Quartetts Vorfreude auslösen: „Wollny – Parisien –
       Lefebvre – Lillinger“. Gemeinsame Sache machen hier [1][Michael Wollny],
       einer der wohl bekanntesten deutschen Jazzpianisten jüngerer Jahre, [2][Tim
       Lefebvre], US-amerikanischer Bassist und Bowie-Kollaborateur (auf
       „Blackstar“), der französische Sopransaxofonist [3][Emile Parisien] und der
       Berliner Drummer [4][Christian Lillinger], den man am ehesten als
       umtriebigen Unruheherd charakterisieren könnte.
       
       Alle wirken in zig verschiedenen Ensembles mit, in dieser Kombination haben
       sie an vier Abenden Ende 2019 im Charlottenburger A-Trane zusammen
       gespielt. Acht Stunden Material sind dabei entstanden, auf dem Album
       „XXXX“ sind 45 Minuten davon zu hören.
       
       Was für rauschhafte Erlebnisse diese Sessions waren, lässt sich daran
       ablesen, dass die Molekularstruktur von Psilocybin – dem Stoff, aus dem
       die Magic-Mushroom-Träume sind – auf dem Cover zu sehen ist. Tatsächlich
       klingt gleich der zweite Track, „Dick Laurent Is Dead“, nach
       Experimentierlust, Ausschweifung und Exzess: überdrehte Synthesizer
       (Wollny) treffen da auf sich eingroovende Gitarrentonfolgen, das
       hypernervös klackernde Schlagzeug Lillingers findet kongenial mit Parisiens
       Saxschleifen zusammen.
       
       Es ist dann auch diese Grenzen- und Atemlosigkeit, die „XXXX“ für den
       Hörenden zu einem großen Abenteuer macht: An „Too Bright in Here“ mit
       seiner Space-Ästhetik hätte anfangs wohl auch Jean-Michel Jarre seine
       Freude, ehe das Stück unversehens in Richtung verjazzten Postrocks abbiegt.
       
       In „The Haul“ nehmen die vier Herren das Tempo dann etwas raus, da beginnen
       die Pilze vielleicht richtig zu wirken, jedenfalls klingen Saxofon und
       Bassgitarre sehr progrockmäßig. Bei „Nörvenich Lounge“ könnten dann
       Minimal-House-Freunde an den Synthesizern Gefallen finden, durch Saxofon
       und Bass kommen auch Jazz- und Rock-Anteile hinzu. „Michael vs. Michael“
       ist dagegen programmatisch, da scheinen sich die verschiedenen Synthies des
       Michael Wollny zu batteln. Alles in allem: Zeug, das gut knallt.
       
       17 Apr 2021
       
       ## LINKS
       
   DIR [1] /Auf-die-improvisatorische-Art/!5242086/
   DIR [2] https://www.youtube.com/watch?v=WP9MlgyZgZc
   DIR [3] https://www.actmusic.com/Kuenstler/Emile-Parisien
   DIR [4] https://vimeo.com/318969734
       
       ## AUTOREN
       
   DIR Jens Uthoff
       
       ## TAGS
       
   DIR taz Plan
   DIR Kolumne Berlinmusik
   DIR Jazz
   DIR elektronische Musik
   DIR taz Plan
   DIR Soundtrack
       
       ## ARTIKEL ZUM THEMA
       
   DIR Elektronische Musik von Sofia Kourtesis: Eine Mischung aus Komik und Tragik
       
       Auf ihrer EP setzt sich Sofia Kourtesis mit ihrer Biografie auseinander.
       Die Stücke auf „Fresia Magdalena“ sind gleichsam melancholisch und tanzbar.
       
   DIR neue experimentelle musik aus berlin: Vielen Dank für die Blumen
       
       Noise-Oper mit Synthies: „A Bunch of Flowers“, das zweite Album des Duos
       Lavender Hex, ist anarchisch und voll lustiger, queerer Sprachsamples.
       
   DIR Musiktipps der Woche: Schlingen und Schuppen
       
       Ronny Graupe tritt mit Lucia Cadotsch bei seiner Jazz-Reihe „Into the Shed“
       auf. „Kontraklang“ zeigt einen Film über den Avantgarde-Musiker Teiji Ito.