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       # taz.de -- Ausgangssperre wegen Notbremse: Abgeordnete klagen in Karlsruhe
       
       > Mehrere Berliner Abgeordnete von Linkspartei und SPD gehen juristisch
       > gegen die Ausgangssperre vor. Sie gilt bereits Samstagnacht.
       
   IMG Bild: Nix los hier, und das schon ohne Ausgangssperre: Berlin Alexanderplatz
       
       Berlin taz | Mehrere Abgeordnete der rot-rot-grünen Koalition klagen vor
       dem Bundesverfassungsgericht gegen die in der [1][Corona-Notbremse]
       vorgesehene Ausgangssperre. „Wir halten die Ausgangssperre für wenig
       effektiv, unverhältnismäßig und verfassungswidrig“, erklärte Sebastian
       Schlüsselburg, rechtspolitischer Sprecher der Linksfraktion, [2][bei
       Twitter] und schließt sich Fraktionschefin Anne Helm an.
       
       Und auch der SPD-Rechtsexperte Sven Kohlmeier geht gegen die ab Samstag
       geltende Maßnahme juristisch vor. „Als Jurist und Ostler: Ein
       Grundrechtseingriff muss verhältnismäßig sein“, schrieb [3][Kohlmeier
       ebenfalls bei Twitter]. Er sehe den Eingriff als verfassungswidrig an.
       Koordiniert werden die Klagen der drei und voraussichtlich zahlreicher
       anderer von der Gesellschaft für Freiheitsrechte (GFF). Wann die Klagen
       eingereicht werden und wann mit einer Entscheidung zu rechnen ist, war am
       Freitag offen.
       
       Der Bundestag hatte die Notbremse am Mittwoch verabschiedet, der Bundesrat
       hat am Donnerstag zugestimmt. Berlin hatte sich bei der Abstimmung
       enthalten. Der Regierende Bürgermeister Michael Müller (SPD) hatte jedoch
       stets deutlich gemacht, dass er die pauschale Ausgangssperre sehr kritisch
       sieht.
       
       Die ab Samstag geltende Notbremse sieht [4][bundesweit einheitlich
       Grenzwerte] vor, orientiert an der jeweiligen Corona-7-Tage-Inzidenz in
       einem Landkreis. Berlin wird dabei als Ganzes gewertet. Laut dem
       überarbeiteten Infektionsschutzgesetz müssen bei einem Wert über 100 Museen
       und Kultureinrichtungen schließen, Schulen in den Wechselunterricht gehen
       mit halbierten Klassen. Zudem gilt eine generelle Ausgangssperre von 22 bis
       5 Uhr des nächsten Tages.
       
       In dieser Zeit ist es generell verboten, die Wohnung oder das eigene
       Grundstück zu verlassen. Allein spazieren gehen oder joggen ist noch bis 24
       Uhr erlaubt, Ausnahmen gelten etwa für Wege zur Arbeit. Zudem darf sich ab
       einer 100er-Inzidenz im privaten und öffentlichen Raum nur noch ein
       Haushalt mit höchstens einer weiteren Person treffen, wobei Kinder bis 14
       Jahre ausgenommen sind.
       
       In Berlin liegt die 7-Tages-Inzidenz schon länger deutlich über 100.
       Deswegen ist es keine Frage, dass die Notbremse ab dem ersten Tag greift.
       Freitagmittag betrug sie 147,8; auf diesem Level hat sich der Wert in den
       letzten Tagen stabilisiert. Liegt der Inzidenzwert über einen Zeitraum von
       fünf Tagen dauerhaft wieder unter 100, wird gelockert.
       
       ## Geschäften droht die Schließung
       
       Geöffnet haben indes weiter die Außenbereiche von Zoo und Tierpark;
       allerdings nur mit aktuellem Negativtest. Spannend wird es für Geschäfte
       jenseits der Grundversorgung: Sie müssen ab einer Inzidenz von mehr als 150
       schließen. Dabei muss der Wert drei Tage am Stück die Grenze überschreiten.
       Für Schulen wiederum ist 165 aktuell die magische Zahl: Danach ist
       Homeschooling angesagt.
       
       Die Busse und Bahnen der Berliner Verkehrsbetriebe (BVG) werden trotz der
       ab Samstag geltenden Ausgangssperre wie gewohnt fahren. „Wir halten den
       Fahrplan ohne Einschränkungen ein“, sagte eine BVG-Sprecherin am Freitag.
       Denkbar sei allenfalls, dass Traktionen bei Straßenbahnen auf manchen
       Strecken verkürzt würden, also nur Einfach- statt Doppelzüge zum Einsatz
       kommen. Zeitlich bleibe das Angebot bestehen.
       
       Allerdings stellt sich dank des neuen Notbremsegesetzes die Lage nicht mehr
       ganz so dramatisch dar wie bisher: Fortan werden im täglich aktualisierten
       Lagebericht der Gesundheitsverwaltung nur noch die Daten des Robert
       Koch-Instituts (RKI) verwendet und veröffentlicht. Das sei bundesweit so
       festgelegt worden, um eine einheitliche Grundlage für die Notbremse zu
       haben, hieß es.
       
       Der Unterschied: Der Inzidenzwert lag zuletzt im täglichen Lagebericht der
       Gesundheitsverwaltung höher als in der RKI-Statistik. Als Gründe nannte die
       Gesundheitsverwaltung längere Meldewege zu RKI, Nachmeldungen und
       Korrekturen. Am Freitag gab das RKI den wichtigen Schwellenwert für Berlin
       mit lediglich 135 an.
       
       23 Apr 2021
       
       ## LINKS
       
   DIR [1] /Neues-Infektionsschutzgesetz/!5762508
   DIR [2] https://twitter.com/schluesselburg/status/1385469879118180352
   DIR [3] https://twitter.com/KohlmeierSPD/status/1385503414453424130
   DIR [4] /Uebersicht-zur-Corona-Notbremse/!5768253
       
       ## AUTOREN
       
   DIR Bert Schulz
       
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