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       # taz.de -- Streamingtipps für Berlin: Im Zeichen der Ziegel
       
       > Backstein ist nicht gleich Backstein: Dokus von Volker Koepp und Harun
       > Farocki zeigen Ziegelsteine als alte Kulturtechnik und Grund zum
       > Arbeitskampf.
       
   IMG Bild: Szene aus „Märkische Ziegel“ (Regie: Volker Koepp, Dokumentarfilm, 34 Min., DDR, 1989)
       
       Als ich vor einigen Jahren einmal den Dokumentarfilmregisseur Volker Koepp
       zu einem Interview traf, kam das Gespräch irgendwie auf Backsteine. Mit
       seinem damals aktuellen Film hatte das überhaupt nichts zu tun – wir
       stellten einfach ein gemeinsames Interesse an dieser jahrhundertealten
       Kulturtechnik des Formen und Brennens von Ziegeln fest. Koepp erzählte mir,
       dass er eine ganze Sammlung an Backsteinen besäße – leider habe ich sie
       nicht zu sehen bekommen. Denn merke: Backstein ist nicht gleich Backstein!
       Es gibt unzählige verschiedene Maße für verschiedene Verwendungszwecke und
       ebenso viele Möglichkeiten, sie in sogenannten Verbänden zu mauern.
       
       Unsere Region ist ja vollständig von Ziegelbauten geprägt: von den Kirchen
       und Klöstern des Mittelalters bis zu großen Industriebauten und dem
       Wohnungsbau (etwa in der damaligen Stalinallee) im 20. Jahrhundert. In
       Brandenburg gab es nahe Zehdenick reiche Tonvorkommen, so entstand dort
       Ende des 19. Jahrhunderts eine Industrie für jenen Baustoff, mit dem das
       moderne Berlin de facto errichtet wurde.
       
       Koepp hat mit „Märkische Ziegel“ (1989) einen Dokumentarfilm für die DEFA
       über das Thema gedreht, in dem es allerdings nicht so sehr um Geschichte
       und Tradition geht, sondern eher um die Arbeitsbedingungen und die
       Hoffnungen und Wünsche der Arbeiterinnen und Arbeiter in der Zeit kurz vor
       der Wende, die der Regisseur in seiner unaufdringlich sympathisierenden
       Weise mit der Kamera einfängt. Das fanden die DDR-Zensoren damals nicht
       besonders lustig und legten den Film erst mal auf Eis („Märkische Ziegel“
       ist als Teil der „Märkischen Trilogie“ von Volker Koepp als DVD erhältlich,
       erschienen bei [1][Salzgeber], Stream der gesamten Trilogie über
       [2][Salzgeber Club])
       
       ## Ziegel international
       
       International ausgeweitet hat der Berliner Dokumentarist Harun Farocki das
       Thema Ziegel in seinem Film „Zum Vergleich“ (2009), in dem er einen
       unkommentierten Blick auf verschiedene Ziegelproduktionsstätten in aller
       Welt quer durch die Kulturen wirft: von der Handarbeit bis zur
       computergesteuerten Produktion.
       
       Auf [3][Arsenal 3], der Streamingseite des Arsenal Kinos, ist Farockis Film
       diesen Monat gemeinsam mit „Chircales“ zu sehen, einem Dokumentarfilm von
       Marta Rodríguez und Jorge Silvas, die 1971 am Beispiel einer Familie, die
       im kolumbianischen Bogotá für extrem wenig Entlohnung Ziegel fertigt, die
       Ausbeutung und Entrechtung von Lohnarbeiter*innen anprangerten.
       
       ## Alles aus im Fertighaus
       
       Auch Buster Keaton baut: allerdings ohne Backsteine (bis auf den –
       allerdings gemalt wirkenden – Schornstein), sondern mit Holz nach dem
       Baukastenprinzip. In „One Week“ („Flitterwochen im Fertighaus“, 1920)
       wollen Buster und seine frisch Angetraute ein Fertighaus zusammenbauen –
       doch leider hat ein enttäuschter Rivale die Nummerierung der verschiedenen
       Einzelteile geändert. Das Haus hat schließlich das Aussehen eines
       kubistischen Gemäldes – und ist in etwa genauso funktional. Ein Wirbelsturm
       und eine Eisenbahn spielen auch mit und entfalten vorhersehbare Wirkungen.
       Ein sehr lustiger Warnfilm für alle angehenden Bauherren und –damen (Stream
       bei [4][youtube]).
       
       8 Apr 2021
       
       ## LINKS
       
   DIR [1] http://www.salzgeber.de/
   DIR [2] https://vimeo.com/search?q=m%C3%A4rkische+Trilogie
   DIR [3] http://www.arsenal-3-berlin.de
   DIR [4] http://www.youtube.com/watch?v=5Q0FMxZBmO4
       
       ## AUTOREN
       
   DIR Lars Penning
       
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