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       # taz.de -- Experte zu Hans-Georg Maaßen und CDU: „Ein Brückenschlag zur AfD“
       
       > Hans-Georg Maaßen könnte für die CDU in Thüringen kandidieren. Der
       > Soziologe Axel Salheiser erklärt, warum das zeigt, wie gespalten die
       > Partei ist.
       
   IMG Bild: Will in den Bundestag: Hans-Georg Maaßen bei einer Veranstaltung der Werteunion in Berlin 2019
       
       taz: Herr Salheiser, vergangene Woche wurde bekannt, dass der ehemalige
       Chef des Bundesverfassungsschutzes, Hans-Georg Maaßen, für die CDU in
       Südthüringen [1][als Bundestagskandidat antreten könnte]. Eine finale
       Entscheidung ist noch nicht gefallen. Sollte er antreten – wie hoch
       schätzen Sie seine Chancen ein? 
       
       Axel Salheiser: Ungeachtet der Kontroverse und des innerparteilichen
       Streitthemas würde ich ihm, wenn er kandidiert, keine schlechten Chancen
       einräumen. Bei der letzten Bundestagswahl hatten die CDU und die AfD in
       diesem Wahlkreis zusammen eine deutliche absolute Mehrheit.
       
       Die CDU hatte das Direktmandat mit Herrn Hauptmann geholt, [2][der nun
       aufgrund des Korruptionsskandals zurücktreten musste]. Es gibt eine starke
       Wählerbasis für rechtsaußen – Maaßen steht für diesen rechtskonservativen
       Kurs. Insbesondere in diesem Wahlkreis hat die CDU eine solche Ausrichtung.
       
       Wenn man jemanden wie Herr Maaßen aufstellt, könnte es der CDU vermutlich
       gelingen, einen Teil der an die AfD verlorenen Stimmen wiederzugewinnen.
       Aber das ist nicht nur ein Signal nach ganz oben, sondern vor allem auch an
       die Landespolitik.
       
       Was ist das für eine Region im Süden Thüringens, der Wahlkreis Suhl,
       Schmalkalden-Meiningen, Hildburghausen, Sonneberg? 
       
       Die Südthüringer Kreise fallen im Vergleich mit anderen Regionen des
       Freistaats nicht durch auffällig erhöhte Rechtsextremismuswerte oder eine
       verstärkte ethnozentrische Orientierung auf, die auf eine besondere
       Affinität zur AfD hinweist.
       
       Aber: Diese Einstellungen sind generell weit verbreitet, auch dort.
       Gleichzeitig gab es in der Region während der sogenannten Flüchtlingskrise
       2015/16 sehr erfolgreiche Mobilisierungen für rassistische Demonstrationen.
       Es gibt das Wählerpotential am rechten Rand, auch die AfD hat gute
       Ergebnisse – die hat sie anderswo aber auch.
       
       Thüringen steckt spätestens seit 2020 in einer Regierungskrise. Wie geht es
       nach den kommenden Land- und Bundestagswahlen im September weiter? 
       
       Die letzten Umfragen haben gezeigt, dass es unter der Grundbedingung, dass
       es in der Regierungskoalition keine Zusammenarbeit zwischen CDU und
       Linkspartei geben soll, immer schwieriger wird, eine stabile
       Regierungskoalition zu bilden. [Die CDU hat per Unvereinbarkeitsbeschluss
       ausgeschlossen, mit der Linkspartei zu kooperieren; d. R.] Jenseits einer
       Einbindung der AfD wäre das aber höchstwahrscheinlich der einzige gangbare
       Weg.
       
       In dieses Dilemma geraten die demokratischen Parteien jetzt: Die AfD ist zu
       einem derartigen Instabilitätsfaktor geworden, dass die anderen Parteien
       sich bewegen müssen. Letzten Endes liegt der Spielball im Feld der CDU.
       Eine Bewegung in Richtung Linkspartei wird jedoch für die
       Wähler:innenbasis schwer vermittelbar.
       
       Maaßen ist Mitglied der Werteunion, des rechten Flügels der CDU, bedient
       sich immer wieder rechter Narrative und bezieht sich öffentlich auf
       Verschwörungsideologien. Bewegt sich eine CDU, die ihn aufstellt, also
       Richtung AfD? 
       
       Maaßen agiert als Symbolfigur einer gewissen Systemkritik, er vertritt eine
       sehr fragwürdige Form des Konservatismus. Im Prinzip ist das ein Signal der
       Annäherung, des Brückenschlags mit der AfD. Wir können so aber nicht über
       die gesamte CDU sprechen. Noch nicht einmal in diesem Wahlkreis war man
       sich einig, aus Suhl gab es Kritik an dem Vorstoß, Maaßen aufzustellen,
       ebenso wie vom Thüringer CDU-Vorsitzenden Christian Hirte und dem
       Ost-Beauftragten Marco Wanderwitz.
       
       Ich denke, dass die lokale CDU damit ein Signal setzen wollte: Für einen
       konservativen Kurs in Richtung Werteunion, eine Profilschärfe. Und ich
       denke, dass die lokalen CDUler sich davon versprechen, damit auch
       Wählerstimmen abzugreifen, die zur AfD abgewandert sind. Sie wussten
       womöglich, dass sie damit nicht durchkommen werden, aber sie wollten dieses
       Signal senden.
       
       Bricht damit die von der Landesregierung postulierte Brandmauer gegen die
       AfD? 
       
       Es ist ein offenes Geheimnis, dass die Parteispitze auf Landesebene zwar
       den Abgrenzungskurs fährt, aber Teile der CDU auf der regionalen und
       lokalen Ebene einer Zusammenarbeit mit der AfD nicht abgeneigt zu sein
       scheinen. Der Stabilitätspakt mit der Linkspartei in Thüringen [der de
       facto zusichert, dass die CDU die rot-rot-grüne Landesregierung toleriert;
       d. R.] wird an der Basis vermutlich nicht positiv aufgenommen, sondern
       bestenfalls als notwendiges Übel gesehen.
       
       Die gewünschte Nominierung von Herrn Maaßen ist ein ganz deutliches und
       besorgniserregendes Zeichen, dass eine klare Abgrenzung gegenüber der AfD
       und ihren Positionen nicht gewünscht ist.
       
       13 Apr 2021
       
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