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       # taz.de -- Myanmars Militär setzt Kriegswaffen ein: Mit Granaten gegen Demonstrierende
       
       > Das Militär in Myanmar tötet an einem Tag allein in der Stadt Bago mehr
       > als 80 Demonstrant:innen. Das Land steht vor einem bewaffneten
       > Bürgerkrieg.
       
   IMG Bild: Das Militär in Myanmar geht immer brutaler vor: Barrikade in der Stadt Taze am Mittwoch
       
       Berlin taz | Auch am Sonntag ist in mehreren Städten in Myanmar wieder
       gegen die Machtübernahme des Militärs demonstriert worden. Dabei war kurz
       zuvor bekannt geworden, dass am Freitag allein in der Stadt Bago nach
       Angaben von Myanmars bekannter Menschenrechtsorganisation [1][AAPP]
       mindestens 82 Demonstrant:innen vom Militär getötet wurden.
       
       Die Gesamtzahl der seit dem Putsch vom 1. Februar getöteten
       Demonstrant:innen gibt AAPP inzwischen mit mindestens 701 an (Stand:
       Samstagabend). 3.803 Menschen sind seitdem gefangen genommen worden, von
       denen noch 3.012 in Gefängnissen sitzen. Hinzu kommt eine unbekannte Zahl
       von Verschwundenen.
       
       [2][Berichten] zufolge griffen Freitagmorgen ab 5 Uhr Militär und Polizei
       in Myanmars viertgrößter Stadt 80 Kilometer nördlich der Metropole Yangon
       Sandsackbarrikaden der Demonstrant:innen mit Granaten und sogar
       Artillerie an. In sozialen Medien kursierten Bilder entsprechender
       Geschosshülsen. Es soll schon der dritte Angriff auf die Stadt in der Woche
       gewesen sein. Die UN-Vertretung will den Fall untersuchen.
       
       Weil die Sperre von Internet und Mobilfunk inzwischen recht effektiv ist,
       wurden die Ereignisse in Bago erst Samstagabend bekannt. Laut dem
       Nachrichtenportal Myanmar Now sollen Soldaten Dutzende Leichen mit LKW auf
       das Gelände der Zeyar-Muni-Pagode gebracht haben. Ärzte und Sanitäter, die
       Verletzte bergen und versorgen wollten, wurden daran gehindert. „Einige
       wurden durch starkes Verblutenlassen getötet,“ schrieb AAPP in seinem
       Tagesbericht.
       
       ## Flucht aus Bago
       
       AAPP geht davon aus, dass nach einer Prüfung weiterer Berichte die Zahl der
       Todesopfer in Bago am Freitag noch weiter steigt. Laut der Organisation
       gibt es eine Fluchtbewegung aus der Stadt mit 260.000 Einwohnern in
       Richtung Hinterland.
       
       Vom Militär kontrollierte Staatsmedien gaben am Samstag bekannt, dass 19
       Personen von einem Militärgericht wegen Raubes und Ermordung eines
       Armeeangehörigen zum Tode verurteilt worden seien, davon 17 in Abwesenheit.
       Der Vorfall soll sich am „Tag der Armee“, dem 27. März, in Yangon ereignet
       haben. Details blieben unklar und es gibt viele Zweifel an dem Verfahren.
       
       Am Sonntag wurden neue Proteste aus Yangon, Mandalay, Meiktila und Monywa
       und einigen kleineren Orten gemeldet. Meist versuchen Demonstrant:innen
       einer Konfrontation mit den Regimekräften aus dem Weg zu gehen. Deshalb
       wird oft schon früh am Tag oder erst abends in der Dunkelheit demonstriert.
       
       Inzwischen mehren sich aber auch Berichte über die Bewaffnung von
       Demonstrant:innen mit selbstgebauten Schusswaffen und Jagdgewehren. So
       lauerten Demonstrant:inn aus der Stadt Tamu in Sagaing am Samstag laut
       [3][Myanmar Now] einer Militäreinheit auf, die auf dem Weg in die Stadt
       war. Drei Soldaten starben demnach in dem Hinterhalt, doch soll das Militär
       auch einen Passanten erschossen haben.
       
       Am Sonntag explodierte in Yangon ein Sprengsatz vor einer Filiale der
       Myawaddy-Bank, die dem Militär gehört. Dabei wurde ein Wachmann verletzt.
       Wer hinter dem Anschlag steckt, blieb unklar.
       
       Auch verüben inzwischen bewaffnete Einheiten ethnischer Minderheiten
       Angriffe auf Regimekräfte, um die Protestbewegung zu unterstützen. Mehreren
       Rebellenorganisationen hatten in den letzten Wochen ihrer Unterstützung
       zugesagt.
       
       ## Ethnisches Rebellenbündnis greift an
       
       Im nördlichen Shan-Staat überfiel am Samstag ein [4][Bündnis von drei
       Rebellengruppen] – Myanmar National Democratic Alliance Army (MNDAA),
       Ta’ang National Liberation Army (TNLA)und Arakan Army (AA)) – nahe der
       Stadt Lashio eine Polizeiwache. Sie brannten sie nieder und töteten
       unterschiedlichen [5][Berichten] zufolge zwischen 8 und 14 Polizisten. Nach
       einer Stunde hätten Militärhubschrauber die Angreifer vertrieben und
       mindestens einen von ihnen getötet.
       
       Um einen Mehrfrontenkrieg zu verhindern, hat sich das Militär des
       Stillhaltens anderer Rebellengruppen versichert.
       
       Doch deuten die jüngsten Trends auf einen bewaffenten Bürgerkrieg hin. Das
       Militär rechtfertigte sein Vorgehen stets damit, gegen Unruhestifter
       vorzugehen. Doch waren die hunderttausenden Demonstrant:innen rund
       sechs Wochen lang [6][äußerst friedlich], während immer mehr von ihnen
       durch gezielte Kopfschüsse getötet wurden.
       
       11 Apr 2021
       
       ## LINKS
       
   DIR [1] https://aappb.org/?p=14239
   DIR [2] https://www.myanmar-now.org/en/news/mass-murders-reported-in-bago-as-troops-drag-away-injured-and-dead-destroy-evidence-of-crimes
   DIR [3] https://www.myanmar-now.org/en/news/tamu-locals-ambush-junta-convoy-killing-three-soldiers
   DIR [4] https://www.irrawaddy.com/news/burma/least-14-police-killed-ethnic-armed-groups-attack-outpost-myanmars-shan-state.html
   DIR [5] https://www.myanmar-now.org/en/news/brotherhood-alliance-launches-lethal-attack-on-northern-shan-state-police-station
   DIR [6] /Protestbewegung-in-Myanmar/!5746830
       
       ## AUTOREN
       
   DIR Sven Hansen
       
       ## TAGS
       
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