# taz.de -- Macht und Verantwortung: Nicht alle Frauen sind immer Opfer
> Diskriminierung ist ein Fakt – doch schauen wir diese Woche mal auf
> Frauen, die Macht und Geld haben: Marlene Engelhorn und Shermin Langhoff.
IMG Bild: Will 90 Prozent ihres Vermögens spenden: Marlene Engelhorn bei ihrem Interview im ORF
Weil das eine feministische Wirtschaftskolumne ist, geht es hier meistens
um ökonomische Dinge, bei denen Frauen schlecht wegkommen. Hier wird sich
oft beschwert, völlig zu Recht, weil Frauen immer noch Diskriminierung
erleben, besonders, wenn es um Macht und Geld geht.
Dabei sind natürlich nicht alle Frauen ohne Macht und Geld, arme Opfer,
ihrem Schicksal ausgeliefert. Schauen wir diese Woche also auf Frauen,
denen es an beidem nicht mangelt. Weil Feminismus deutlich mehr ist, als
Frauen in die Opferrolle zu drängen – was mir immer noch Leute erzählen,
aber das sind auch oft die, die „der Identitätspolitik“ kritisch
gegenüberstehen.
In Österreich hat gerade Marlene Engelhorn von sich reden gemacht. Die
28-Jährige wird von ihrer Großmutter, Witwe eines Gesellschafters eines
Pharmaunternehmens, einmal viele Millionen erben. Und trotzdem [1][sagte
Marlene Engelhorn im Interview mit der Zeitung Der Standard], dass „in
Österreich Vermögen und damit Macht und Lebenschancen wahnsinnig ungerecht
verteilt sind.“
Sie hat angekündigt, 90 Prozent ihres Vermögens spenden zu wollen. Und
kämpft mit den „Millionaires for Humanity“ dafür, [2][dass hohe Vermögen
und Einkommen stärker besteuert werden], weil sie einen „Beitrag für den
Wiederaufbau“ nach der Pandemie leisten möchten. Auf freiwilliges
Engagement hoffen, wenn es darum geht, dass Menschen ihr Geld abgeben, hat
eben selten funktioniert.
## Klima der Angst
Eine andere Frage, wenn wir über Macht und Geld sprechen, ist die, wie
Macht ausgeübt wird, vor allem in Hierarchien. Während Marlene Engelhorn
das positive Beispiel der Woche war, war Shermin Langhoff, Intendantin des
Maxim Gorki Theaters in Berlin, das negative.
[3][Der Spiegel hat 15 Mitarbeiter:innen gesprochen, die Langhoff
Machtmissbrauch vorwerfen]. Sie erschaffe ein „Klima der Angst“, brülle
regelmäßig Menschen an und werde auch körperlich übergriffig. [4][Die
Theaterkritikerin Barbara Behrendt sagte Deutschlandfunk Kultur,] der Fall
zeige, „dass Machtmissbrauch und körperliche Grenzüberschreitungen eben
nichts sind, was nur Männer begehen“.
Beide Fälle zeigen, dass Feminismus auch in Bezug auf Ökonomie nur Sinn
ergibt, wenn er sich nicht auf Geschlecht beschränkt, sondern weitere
Dimensionen von Diskriminierung und Unterdrückung mitdenkt.
Wenn Frauen, die zu Macht und Geld gekommen sind, verantwortungsvoll
handeln: Wenn sie andere Frauen fördern, aber sich nicht auf die
Geschlechtsdimension beschränken oder diese sogar vorschieben, um sich mit
anderen Dingen nicht auseinandersetzen zu müssen. Dingen, bei denen sie
vielleicht die sind, die ihr Verhalten ändern sollten. Und wenn Strukturen
so umgebaut werden, dass reiche Frauen Geld abgeben müssen und Macht
verteilt wird, weil das Machtmissbrauch unwahrscheinlicher macht. Denn nur
überall ein paar Frauen mehr wird an vielen Verhältnissen noch lange nichts
ändern.
3 May 2021
## LINKS
DIR [1] https://www.derstandard.de/story/2000126244498/marlene-engelhorn-die-ihr-millionenerbe-teilen-will
DIR [2] /Millionaerinnen-fuer-die-Gemeinschaft/!5694757
DIR [3] https://www.spiegel.de/kultur/shermin-langhoff-mitarbeiter-werfen-gorki-intendantin-klima-der-angst-vor-a-c8766257-0002-0001-0000-000177330705
DIR [4] https://www.deutschlandfunkkultur.de/vorwuerfe-des-machtmissbrauchs-am-maxim-gorki-theater-nicht.1013.de.html?dram%3Aarticle_id=496505
## AUTOREN
DIR Susan Djahangard
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