URI: 
       # taz.de -- Diskussion um Hamburger Denkmal: Ruine soll Volkseigentum werden
       
       > Trotz diverser Ultimaten hat sich die Eigentümerin um eine Stabilisierung
       > der Schilleroper gedrückt. Zur Not müsse enteignet werden, sagt die
       > Linke.
       
   IMG Bild: Was nicht denkmalgeschütz ist, wird schon abgerissen: Schilleroper im April
       
       Hamburg taz | Das [1][Drama um die Schilleroper] auf St. Pauli nähert sich
       einem neuen Höhepunkt. Weil die Eigentümerin deutlich gemacht hat, dass sie
       den einmaligen historischen Zirkusbau am liebsten abreißen würde und sich
       den Sanierungsaufforderungen der Stadt beharrlich widersetzt hat, schlägt
       die Linke jetzt ein letztes Mittel vor: Der Senat soll die Eigentümerin
       enteignen. Einen dahin gehenden Antrag bringt die Fraktion am heutigen
       Mittwoch in die Bürgerschaft ein.
       
       Die Schilleroper ist einer von ganz wenigen noch erhaltenen festen
       Zirkusbauten aus dem 19. Jahrhundert in Europa. Der Rundbau aus
       Stahlträgern steht seit 2012 unter Denkmalschutz. 2013 entschied das
       Hamburgische Oberverwaltungsgericht, dass er nicht abgerissen werden darf.
       Doch statt das Gebäude zu sanieren, deckte es die [2][Schilleroper Objekt
       GmbH] notdürftig mit Planen ab und schmiedete Pläne für Neubauten an diesem
       attraktiven Standort gleich beim Neuen Pferdemarkt.
       
       Mehrfach versuchten der Senat und der Bezirk Mitte, die Eigentümerin dazu
       zu bringen, das Gebäude wenigstens gegen einen weiteren Verfall zu sichern.
       Das Gezerre endete im Juni mit einem Vergleich. Demnach ist „die Sicherung
       der Konstruktion der Schilleroper durch die Eigentümerin bis zum 31.
       Dezember 2020 auszuführen“. Auch darin war wieder eine „letzte“ Frist bis
       Ende März enthalten.
       
       Inzwischen ist die Eigentümerin aktiv geworden. Sie hat begonnen, die nicht
       denkmalgeschützten [3][Randgebäude der Schilleroper abzureißen], deren
       Wände sich schon bedenklich neigten. Die „[4][Schiller-Oper-Initiative]“,
       die sich für das Gebäude einsetzt, witterte einen „Abriss durch die
       Hintertür“.
       
       Ähnliche Befürchtungen hegt die Linke in der Bürgerschaft. Nach den neuen
       Baumaßnahmen in den vergangenen Wochen bestehe nun Einsturzgefahr. „Wenn
       die Eigentümerin ihrer Pflicht zum Erhalt des Denkmals nicht nachkommt,
       muss die Stadt das öffentliche Interesse nun endlich durchsetzen – notfalls
       auch mit einer Enteignung“, sagt der Abgeordnete Norbert Hackbusch. Statt
       sich weiterhin auf der Nase herumtanzen zu lassen, müsse die Stadt
       durchgreifen.
       
       ## Eigentum verpflichtet
       
       Viele geschichtsträchtige Orte seien für neue, oft sehr gleichförmige
       Gebäude geopfert worden, bedauert die Linke. „Die Schilleroper ist markant
       und ein Stück Hamburger Geschichte.“ Laut dem Hamburgischen
       Denkmalschutzgesetz ist die Enteignung „zur Erhaltung eines gefährdeten
       Denkmals“ zulässig. Diese Vorschrift beruht wiederum auf dem
       verfassungsrechtlichen Gebot „[5][Eigentum verpflichtet“ des
       Grundgesetzes].
       
       Als Vorbild nennt die Linke das Schloss Reinhardsbrunn in Thüringen, dessen
       Eigentümer vor kurzem von einer links geführten Landesregierung enteignet
       wurde. Die Hamburger Linke bittet den Senat, bis Ende Juni zu prüfen, ob
       die Schilleroper enteignet werden kann.
       
       Ob es dazu kommt, ist auch deshalb offen, weil sich die Eigentümerin aus
       Sicht des Senats zuletzt etwas kooperativer gezeigt hat. „Die
       Eigentümerschaft zeigt derzeit Bereitschaft und Willen, gemäß
       denkmalrechtlicher und baurechtlicher Genehmigung, selbst zur Stützung der
       denkmalgeschützten Stahlkonstruktion tätig zu werden“, teilte die
       Kulturbehörde mit.
       
       Dabei offenbart die Behörde ein gewisses Misstrauen: Die Abbrucharbeiten
       der nicht denkmalgeschützten Anbauten müssen von einem durch das
       Denkmalschutzamt bestimmten Sachverständigen begleitet werden. Außerdem
       baut die Behörde vor für den Fall, dass die Investorin wieder mauert.
       „Parallel bereitet die Stadt Hamburg grundsätzlich weiterhin die
       Ersatzvornahme vor“, heißt es von der Behörde.
       
       4 May 2021
       
       ## LINKS
       
   DIR [1] /Denkmalschutz-versus-Investoreninteresse/!5730430
   DIR [2] https://www.schilleroper.com/impressum/
   DIR [3] /Teilabriss-der-Schilleroper-beschlossen/!5757260
   DIR [4] https://schilleroper-ini.blogspot.com/
   DIR [5] https://www.gesetze-im-internet.de/gg/art_14.html
       
       ## AUTOREN
       
   DIR Gernot Knödler
       
       ## TAGS
       
   DIR Stadtentwicklung Hamburg
   DIR Denkmalschutz
   DIR Investoren
   DIR Enteignung
   DIR Eigentum
   DIR St. Pauli
   DIR Denkmalschutz
   DIR Hamburg
   DIR Denkmalschutz
   DIR Stadtplanung
   DIR Denkmalschutz
       
       ## ARTIKEL ZUM THEMA
       
   DIR Schilleroper auf St. Pauli: Der längere Atem
       
       Die Hamburger Schilleroper steht als fester Zirkusbau unter Denkmalschutz.
       Doch die Eigentümerin möchte lieber abreißen lassen.
       
   DIR Hamburg lässt Schilleroper verfallen: Warten, bis es zu spät ist
       
       Seit Jahren rostet die denkmalgeschützte Schilleroper in Hamburg vor sich
       hin. Dass die Stadt sie tatsächlich retten will, wird immer
       unglaubwürdiger.
       
   DIR Denkmalschutz-Streitfall Schilleroper: Bald nur noch ein Gerippe
       
       Die Schilleroper auf St. Pauli wird bis auf ihr denkmalgeschütztes
       Stahlskelett abgerissen. Darunter soll ein Platz entstehen, daneben
       Wohnhäuser.
       
   DIR Denkmalschutz versus Investoreninteresse: Frist für die Schilleroper läuft ab
       
       Bis Monatsende müsste die Eigentümerin den Bauantrag für die Sicherung des
       ehemaligen Zirkusbaus einreichen. Doch danach sieht es nicht aus.
       
   DIR Historischer Zirkusbau verrottet: Noch ein harter Winter
       
       Die Sicherung der Schilleroper auf St.Pauli verzögert sich weiter. Ob das
       alte ehemalige Zirkus-Gebäude das aushält, ist fraglich.
       
   DIR Anna Joss über Denkmalschutz: Eine Lanze für den Brutalismus
       
       Anna Joss ist die neue Chefin des Hamburger Denkmalschutzamts. Sie wünscht
       sich, dass mehr brutalistische Bauten erhalten werden.