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       # taz.de -- SIG Sauer lieferte nach Kolumbien: BGH entscheidet zu Pistolendeals
       
       > Karlsruhe verhandelt über die Revision im Fall illegaler Waffenexporte
       > von SIG Sauer. Die Rüstungsfirma will das verdiente Geld behalten.
       
   IMG Bild: MCX556-Gewehr von Sig Sauer
       
       Es geht um einen Gewinn in Höhe von 11,1 Millionen Euro: An diesem
       Donnerstag verhandelt der Bundesgerichtshof (BGH) in Karlsruhe über den
       [1][illegalen Export von Waffen nach Kolumbien] über den Umweg USA. Vor
       zwei Jahren wurden drei ehemalige Manager der Eckernförder Waffenschmiede
       SIG Sauer deswegen vom Landgericht Kiel zu Bewährungs- und Geldstrafen
       verurteilt, der Gewinn aus dem blutigen Deal sollte eingezogen werden.
       Gegen die Einziehung des Gelds ist SIG Sauer vor den BGH gezogen.
       
       Christine Hoffmann von Pax Christi hofft auf ein deutliches Urteil gegen
       SIG Sauer. „Ich bin optimistisch, dass das Gericht das Urteil des Kieler
       Landgerichts und damit auch die Einziehung des gesamten Verkaufserlöses
       bestätigten wird“, so die Sprecherin der Aktion Aufschrei – Stoppt den
       Waffenhandel. „Das ist die Sprache, die die Waffenhersteller verstehen.“
       Die Kampagne, vor exakt zehn Jahren gegründet, hatte mit einer Anzeige den
       Prozess gegen SIG Sauer ins Rollen gebracht.
       
       Recherchen der Kampagne hatten ergeben, dass SIG Sauer zwischen April 2009
       und Juni 2012 mehr als 70.000 Pistolen in die USA exportiert hat, von denen
       mindestens 38.000 nach Kolumbien weitergeliefert wurden, um die dortige
       Nationalpolizei auszurüsten. Das war illegal, wie das Kieler Landesgericht
       im April 2019 feststellte.
       
       SIG Sauer hatte nur eine Ausfuhrgenehmigung für die USA beantragt und dafür
       auch eine Endverbleibserklärung abgegeben. Die Weiterlieferung der Waffen
       nach Kolumbien, damals ein Bürgerkriegsland und heute für eine prekäre
       Menschenrechtssituation mit vielen Massakern bekannt, war illegal.
       
       ## Firma könnte bald wieder vor Gericht
       
       Zwei ehemalige leitende Angestellte von SIG Sauer Deutschland sowie ein
       Manager der US-Tochter wurden im April 2019 zu Freiheitsstrafen auf
       Bewährung sowie Geldstrafen verurteilt. Die Revision gegen dieses Urteil
       wurde mittlerweile fallengelassen, nicht aber die gegen die Einziehung des
       Verkaufserlöses in Höhe von 11,1 Millionen Euro. „Die ist historisch und
       trifft das Unternehmen hart“, so Holger Rothbauer, Jurist der Aktion
       Aufschrei – Stoppt den Waffenhandel.
       
       Die Chancen, dass das Urteil bestand hat, dürften nicht schlecht stehen: Im
       März hat der BGH bereits [2][ein Landgerichtsurteil wegen illegaler
       Gewehrlieferungen der Firma Heckler & Koch nach Mexiko bestätigt], auch die
       Einziehung des Verkaufserlöses.
       
       Gut möglich, dass sich SIG Sauer alsbald wieder vor Gericht verantworten
       muss. Denn im April 2020 hat die Kampagne eine neue Anzeige gestellt. „Uns
       liegen Listen vor, die darauf hinweisen, dass SIG Sauer widerrechtlich
       Waffen nach Kolumbien, Mexiko und Nicaragua geliefert hat“, erklärte
       Anzeigenerstatter Jürgen Grässlin. Nun ermittelt die Staatsanwaltschaft
       Kiel.
       
       Für die drei Manager von SIG Sauer könnte das unangenehme Folgen haben.
       Sollte sich der Anfangsverdacht bestätigen, könnten sie gegen ihre
       Bewährungsauflagen verstoßen haben. Der neuerliche Tatverdacht zeugt, falls
       er sich bestätigt, von einer erheblichen Skrupellosigkeit.
       
       Inzwischen hat SIG Sauer seine Produktion in Deutschland eingestellt und in
       die USA verlagert. „Die Internationalisierung ist ein Schlupfloch, welches
       Rüstungsunternehmen suchen und weshalb wir internationale Regeln brauchen“,
       so Christine Hoffmann. Die Aktion Aufschrei – Stoppt den Waffenhandel
       fordert ein striktes Rüstungsexportkontrollgesetz. Dazu gehört für die
       Kampagne ein Exportverbot von kleinen und leichten Waffen, der Stopp von
       Waffentransfers an kriegsführende und menschenrechtsverletzende Staaten und
       ein Verbandsklagerecht, um Verstöße gegen Ausfuhrgenehmigungen zu
       sanktionieren.
       
       6 May 2021
       
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